Sagenweg–Rabenauer Grund

Sagenweg-8Der Rabenauer Grund ist immer einen Ausflug wert. Und eben nicht nur über den bekannten und auch viel besuchten Hauptwanderweg entlang der Weißeritz. An den Hängen verstecken sich, ich trage Eulen nach Athen, jede Menge wirklich tolle und kaum überlaufene – wenn nicht gar einsame – Wege. Einer davon ist der Sagenweg. Er ist durchgängig markiert und immer mal wieder gibt es eine kleine Erklärbär-Tafel. Die meiste Zeit geht es schön pfadig zu, über Stock, Stein und alte Stufen. Dazu kommen noch ein paar Aussichten und auch eine ganze Anzahl an Bänkchen für die Rast. Und an seinem Ende noch eine Posse, wie sie wohl nur deutsche Behörden in engem Zusammenwirken veranstalten können. Also, schaun wir mal.

Ich will den Wegeverlauf hier gar nicht im Detail beschreiben. Denn wie gesagt: die Ausschilderung ist vorbildlich, und auch in allen Karten ist er eingezeichnet. Man kann natürlich in beide Richtungen laufen, wir sind an der Rabenauer Mühle gestartet. Dort die Weißeritz auf der Brücke überqueren und noch ein paar Meter an der Straße langlaufen. Sogleich geht es links in den Wald, und schon mal schön knackig aufwärts.

Im weiteren Verlauf dann immer wieder Aussichten, Rastplätze und ganz viel Natur. Es folgen ein paar Lichtbilder:

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Besonders gefallen hat mir die folgende Kombination: erst kommt eine Aussicht namens Vogelstellige. Ich übersetze: eine Stelle zum Vögeln. Und der folgt dann passenderweise das Brautbett und der Predigtstuhl. Wobei: aus moralischer Sicht wäre die umgekehrte Reihenfolge wohl angebrachter.

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Vogelstellige, Brautbett und Predigtstuhl

Und jetzt kommt der Haken, der eigentlich keiner ist. Denn am Predigtstuhl beginnt der hochattraktive Abstieg über den Paul-Laue-Steig. Mit der folgenden Arthur-Lohse-Brücke über die Weißeritz. Beide sind auch im Verlauf des Sagenweges immer wieder ausgeschrieben.

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Doch schon am Beginn des Steiges verheißt ein Zettel wenig Gutes. Lesen:

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Ich ergänze:

  1. Diese gerade mal 20 Jahre alte Brücke ist nicht, wie hier geschrieben, seit mehr als vier Jahren gesperrt. Nein, sie ist schlicht und ergreifend nicht mehr da. Eigentümer Sachsenforst hat sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgerissen. Weg und verschwunden.
  2. Vor mehr als einem Jahr wurde dem Sächsischen Landtag eine Petition mit etwa 4000 Unterschriften zum Wiederaufbau der Brücke übergeben. Bis heute ohne Antwort. Das Hornberger Schießen.
  3. Beim Sachsenforst hat man seine Liebe zur gemeinen Sumpfschnerpelschnepfe entdeckt und verweigert einen Wiederaufbau mit Verweis auf “naturschutzrechtliche Aspekte”. Merke: die Brücke, als sie noch vorhanden war, hat die Natur bis zur Mondlandschaft ruiniert. Oder: wenn ich keinen Bock habe, so finde ich garantiert ein Kräutlein oder einen Wurm als Ausrede.

Gott sei es gepriesen lässt sich aber Volkes Wille oder der gemeine Wanderer nicht so einfach ins Bockshorn jagen. Ich hatte nämlich zunächst befürchtet, der Paul-Laue-Steig wäre wegen vier Jahren Sperrung mittlerweile kräftig zugewachsen. Ich lag komplett daneben. Alles ist frei, und der Weg wird augenscheinlich gern genutzt. Eine Folge uralter, schiefer und steiler, aber immer fester, Stufen erfreut das Herz und die Fußsohlen.

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Und jetzt zur Auflösung der Frage, wie man trotz abgerissener Brücke über den Fluss kommt. Die ist so einfach, dass sie geradezu ins Auge springt. Wenige Meter neben der nicht mehr vorhandenen Brücke gibt es nämlich noch eine solche. Über die dampft normalerweise die Weißeritztalbahn.

Erklärstück eins:

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Rechts neben der Birke geht die ursprüngliche Wegführung lang. Die endet am Flussufer ohne Brücke. Links der Birke die schon deutlich ausgetretene und von Volkes Wille geschaffene neue Wegführung. Die Eisenbahnbrücke ist schon im Blick.

Erklärstück zwei:

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Für den kleinen Reichsbedenkenträger: auf der Eisenbahnbrücke gibt es einen baulich abgetrennten und mit Geländer versehenen Fußweg. Man kann sie selbst bei Zugverkehr gefahrlos überqueren. Allerdings nicht mit Kinderwagen oder Rollator. Aber damit scheitert man ja schon an den Treppen auf dem Paul-Laue-Steig. Einzige Gefahr: jemand wirft im Vorbeifahren gerade ein Klavier aus dem Zug.

Erklärstück drei:

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Für den großen Reichsbedenkenträger: jawohl, man muss hier einmal die Gleise überqueren. So ganz ohne Schranke. Allerdings: selbst am Wochenende verkehren hier maximal drei Zugpaare, also sechs Züge. Die sind mit knappen 30 Stundenkilometern unterwegs. Und kündigen sich schon von weitem durch Schnaufen und Tuten an. An anderen Stellen quert der Wanderweg übrigens auch die Gleise. Und dort haben Schilder wie das oben bisher gereicht.

Hinter der Eisenbahnbrücke führt dann ein nur wenige Meter langer Pfad direkt zurück auf den Hauptwanderweg. Dort beginnt übrigens auch der ebenso knackige wie attraktive Weg über die Himmelsleiter. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Am Hauptwanderweg zeigt sogar noch ein Wegweiser zur verschwundenen Brücke. Oha.

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Hier nochmal die alte und die neue Wegführung. Rot die abgerissene Brücke, blau der Weg über die Eisenbahnbrücke.

Bruecke

Fazit in drei Teilen:

  1. Der Sachsenforst ist ein komplett staatlicher Betrieb. Und die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft ist in kommunalem Besitz (also auch staatlich) und überlebt nur Dank kräftiger Zuschüsse. Ein simples Machtwort würde hier genügen, um beide an einen Tisch zu nötigen und die Eisenbahnbrücke auch offiziell freizugeben.
  2. Noch besser wäre natürlich ein Neubau der Arthur-Lohse-Brücke. Und kommt mir nicht mit dem Naturschutz! Hier gab es seit 1939 eine (immer mal wieder veränderte) Brücke, ohne das die Natur zugrunde gegangen wäre. Aber wie sprach schon meine Oma in ihrer Weisheit: “Es ist schon mal einer erschossen worden, der keine Ausrede hatte.” Diese Gefahr besteht beim Sachsenforst nicht.
  3. Ich kann nur jeden bitten, diesen Weg zu gehen, wenn er sich im Rabenauer Grund herumtreibt. Damit er nicht doch noch eines Tages zuwächst. Denn dafür ist er einfach zu schön.

Späßchen am Ende:

Auf dem Hauptwanderweg sind wieder ein paar neue Schilder hinzugekommen, welche ich gleich meiner Sammlung einverleibt habe:

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Na Gott sei Dank waren da im Schilderbudget der Landestalsperrenverwaltung noch ein paar Euronen übrig. Denn vor den berüchtigten Springfluten der Weißeritz mit jährlich einigen Dutzend Opfern kann man gar nicht genug warnen. Oder, wieder mit den Worten meiner Oma: “Für jeden Scheiß ist Geld da, aber…”

Meine Oma war eine kluge Frau.

PS: Der Sagenweg ist zwischen der Rabenauer Mühle und der Brücke etwa zwei Kilometer lang, ein paar Meter Abstecher zu den Aussichten kommen dazu. Mit Turnschuhen sollte man ihn nicht gehen und auch ein Mindestmaß an Kondition mitbringen.

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