Da war der Wurm drin. Hatte doch der Wetterbericht strahlende Sonne für den ganzen Tag gemeldet. Auch für diese Ecke, in der sich das Lausitzer Bergland und das Böhmische Mittelgebirge treffen. Brühe war es: genau um die Mittagszeit, als wir die beiden Höhepunkte Tannenberg und die Ruine Tollenstein besuchten, zog sich der Himmel zu und die berühmte böhmische Suppe zog auf. Ja, es tröppelte sogar ein wenig. Nur um kurz danach, wir hatten die beiden Highlights schon passiert, wieder der strahlenden Sonne Platz zu machen. Da soll man sich nicht ärgern. Aber eine Erklärung für dieses Wetterphänomen habe ich noch, weiter unten im Text. Jetzt aber erst mal: auf dieser kurzen, aber recht knackigen Runde sehen wir: den wohl schönsten Kreuzweg im Böhmischen, einen Berg samt Aussichtsturm und eine richtig schöne Burgruine. Es geht dabei immer mal wieder ordentlich hoch und runter. Also los:
Start ist in Sankt Georgenthal (Jiřetín pod Jedlovou). Rund um Marktplatz und Kirche gibt es hier eine ganze Menge kostenlose Parkplätze. Die Kirche darf man, ehe es losgeht, gern mal von innen und außen besichtigen, sie ist in einem hervorragenden Zustand.
Dreifaltigkeitskirche von 1612
Hier beginnt denn auch die Markierung grüner Strich, die uns, ein paar Meter durch das Dorf bergan, bis zum Beginn des Kreuzberges (Křížová hora) führt. Die elf Stelen stammen von 1764, die Kapelle auf dem Gipfel von 1886. Und da solche Kalvarienberge nicht zum schnöden Flanieren, sondern zwecks aktiver Hinwendung zu Gott angelegt wurden, geht es jetzt knackig an den einzelnen Stationen vorbei bergauf. Man soll schließlich auch körperliche Mühe bei der inneren Einkehr verspüren. Im Einzelnen sehen wir:
Elf Stelen mit Szenen des Kreuzweges
Und hier begann denn auch der Ärger, der für unser späteres missliches Wetter verantwortlich war: hatten wir doch gemutmaßt, dass es sich bei der Figur oben auf jenem Relief:
…ganz klar um einen böhmischen Heiligen handeln müsste. Schließlich hat er den Bierhumpen noch in der Hand. Das war Blasphemie Nummer eins. Blasphemie Nummer zwei bestand aus dem lauten Erzählen eines Katholikenwitzes. Und Nummer drei schließlich in der Feststellung, dass die Jungfrau Maria…
…irgendwie ziemlich einfältig dreinschaut. Das war wohl zu viel, und die späteren Regenschauer noch einen ziemlich milde Strafe für solcherlei Lästerei.
Oben auf dem Gipfel dann noch eine große und eine kleine Kapelle.
Und auf jeden Fall ein lohender Blick zurück.
Aber bitte daran denken: keine frechen Sprüche, ihr werdet sonst mit Regen und böhmischer Suppe gestraft!
Die Markierung grüner Strich führt uns jetzt über ein weites Feld, immer noch sanft ansteigend. Unser nächstes Ziel haben wir dabei schon im Blick: den Tannenberg (Jedlová). Selbiger ist immerhin 774 Meter hoch, wir können uns also darauf einstellen, noch einiges an Metern schnaufen zu müssen.
Zumindest gibt es hier schon mal prächtige Aussichten weit ins Land hinein.
Nach einigem an Aufstieg, der bisher eher moderat verlaufen ist, trifft dann an einem Rastplatz ein roter Strich auf unseren Weg. Der ginge entweder nach rechts (sieht entspannt aus, ist aber falsch), oder geradeaus (sieht elend steil aus und ist leider richtig). Also aufwärts, parallel zu einer Skipiste, und unter einigem Geschnaufe.
Es gilt die alte Weisheit: immer mal wieder stehen bleiben und den Blick zurück bewundern, sowie bei dieser Gelegenheit Atem schöpfen.
Nach dem Ende des steilen Stückes geht der Weg nach rechts weiter und umrundet jetzt den Berg auf halber Höhe. Man sieht hier schon deutlich an der eher krüppeligen Vegetation, dass man eine gewisse Höhe erreicht hat.
Schließlich mündet – scharf nach links -auch dieser Weg in eine schmale aber asphaltierte Straße.
Die bringt uns, nochmal ordentlich steil, die letzten Meter hoch zum Gipfel. Dort erwarten uns: ein Aussichtsturm, ein Wirtshaus, ein Schillerdenkmal und sogar ein Klettergarten.
Der Aufstieg auf den Turm lohnt sich, selbst dann, wenn es sich, wie bei uns, rundum gründlich zugezogen hat. Der Eintritt kostet 20 Kronen, bezahlt wird im Wirtshaus.
Falls Sie allerdings beim TÜV arbeiten, dann meiden Sie den Turm. Denn die letzten Meter der Treppe dürften Sie dann zu Schreikrämpfen verleiten. “Sehr rostig” ist eine eher geschmeichelte Beschreibung.
Na, uns hat die Treppe noch getragen. Und wir machen uns an den Abstieg, jetzt immer der asphaltierten Straße nach. An einer Kreuzung biegt die Straße dann leicht rechts mit der Markierung grüner Strich ab, wir aber bleiben, leicht links, dem roten Strich treu. Der bringt uns jetzt, sehr entspannt und durch einen Buchenwald, weiter ins Tal.
Unser nächstes Ziel haben wir schon vor Augen: die Burgruine Tollenstein (Tolštejn). Die Burg wurde, damals noch als “Dohlenstein” 1337 zum ersten Mal erwähnt. Immerhin bis 1607 tummelten sich hier die Rittersleut, danach durfte sie, wie es sich gehört, zu einer schönen Ruine verfallen.
Der Aufstieg, immer noch roter Strich, geht “hinten rum” und ist weit weniger steil, als es der Anblick des Felsens vermuten ließe. Obendrein lockt uns schon am Felsfuß die Aussicht auf eine weitere Bergbaude.
Schon auf dem Weg zur Baude können wir jede Menge Überreste der einstigen Festung bewundern. Und hier gilt auch mal wieder: eine Burg ist erst dann richtig schön, wenn sie eine Ruine ist.
An der Bergbaude angekommen, hindert ein Drehkreuz am weiteren Aufstieg. Für 20 Kronen gibt es am Tresen den passenden Chip. Obendrein empfängt die Baude mit einem Schuhputz-Konstrukt und einem Schild, welches über 70jährigen den Eintritt verwehrt.
Die 20 Kronen Eintritt lohnen sich genau wie eine Einkehr. Ich empfehle ausdrücklich die Leberknödelsuppe – der einliegende Leberknödel war größer als ein Tennisball! Nach dem Drehkreuz geht es nochmal ein paar Treppen hoch…
… und auf mehrere Aussichtsplattformen. Von hier sehen wir weit ins Tal und auch auf den Tannenberg, wo wir gerade herkommen.
Wir steigen wieder ab und folgen am Felsfuß weiter dem roten Strich. Ein letzter Blick zurück…
…und wir passieren mehrere schmucke Umgebindehäuser, die wohl heute als Datschen dienen.
In der winzigen Ortschaft Innozenzidorf (Lesné) biegt unser Weg dann scharf links ab und ist ab jetzt mit einem gelben Strich markiert. Hier ist man schnell vorbei gelaufen.
Es geht über weites Feld, hier hat man nochmal einen herrlichen Rundblick. Sozusagen im Superpanorama:
Schließlich erreichen wir wieder Sankt Georgenthal. Vorbei an einem stolzen Hahn…
…und einem grimmigen Wachhund…
…kommen wir wieder direkt zum Marktplatz mit der Kirche. Die Runde ist zu Ende.
Fazit: knappe 12 Kilometer, allerdings mit recht ansehnlichen Auf- und Abstiegen. Drei wirkliche Höhepunkte, die auf jeden Fall zum großen Kino zählen. Am zweitweise miesen Wetter waren wir selbst schuld, keine Frage. Bei klarer Sicht muss der Ausblick vom Tannenberg der Hammer sein. Na, vielleicht ja demnächst mal wieder.
Zum Nachwandern:
Ich zitiere, “Wer mich kennt, weiß ich bin dürr, wie ein Aal”, dazu die Frage. Hast Du wirklich körperliche Mühe bei der inneren Einkehr zu tennisballgroßen Leberknödeln? Na gut, sonst ist es ja eher eine Knoblauchsuppe. Ich will aber nicht weiter wegen der schon erfahrenen Strafe lästern und danke Dir für Deine schönen Tourberichte. Übrigens, Deine Links aus lauter Langeweile im März waren auch nicht schlecht. Jedenfalls fühle ich mich regelrecht genötigt, die Werbung anzuklicken, damit dein Abenbrot etwas dicker ausfällt. Peter