Kreuz und quer um Hinterhermsdorf

Region: Hintere Sächsische Schweiz
Dauer: rund sieben Stunden
Entfernung: 17,5 Kilometer
Höhenmeter: (Hoch und Runter): rund 1100 Meter
Schwierigkeit: Viel Auf und Ab, manchmal recht steil. Wechsel von Pfaden und bequemen Waldwegen. Ein paar Treppen. Tote Bäume zu übersteigen.
Bemerkungen: Wanderbus 241 ab Bad Schandau. Riesiger Parkplatz an der Buchenparkhalle. Einkehr ebenso an der Buchenparkhalle, kleiner Imbiss an der Bootsstation.

Zunächst zwei Prämissen vorweg: zum einen ist hier der Weg tatsächlich das Ziel. Mann kann die Tour auch deutlich abkürzen, dann geht es auch nicht so oft hoch und runter. Ein kurzer Blick auf den Track am Ende des Textes möge hier für für Aufklärung sorgen.
Zum zweiten sind wir hier (fast) kreuzbrav unterwegs gewesen. Und das in der Kernzone, welche Schande. Die beiden verbotenen Höhepunkte am Weg, die Kirnitzschklamm an der Schönlinder Brücke und den Weg durch das Jansloch, haben wir nur kurz auf ein paar Metern besichtigt. Es sah so aus, als ob hier der Borkenkäfer ganze Arbeit in Sachen Unpassierbarkeit geleistet hätte. Für einen längeren Hindernislauf fehlte die Zeit, und das elende Insekt bekommt noch eine Auszeichnung als “Mitarbeiter des Jahres” bei der NPV.

So, nun aber los, denn Höhepunkte und kleine Geschichten gibt es auch so noch mehr als genug am Wegesrand.

Wer mit dem Bus kommt, der steigt an der Haltestelle “Hinterhermsdorf – Hoffnung” aus. Automobilisten fahren gleich bis zum riesigen Parkplatz an der Buchenparkhalle und sparen somit einen Kilometer zu Fuß.

Wir kamen mit dem Bus, bogen rechts in den Dorfbachweg ein und duften so noch in den Genuss eines stilvoll verzierten Vorgartens kommen.

  Eine Latschenkiefer

Der weitere Weg zur Buchenparkhalle ist dann prima ausgeschildert. Hier treffen wir dann die Autofahrer wieder, außerdem ein Wirtshaus (dazu ganz am Schluss) und einen öffentlichen Lokus. Da der Frühstückskaffee schon insistierend nach seinem Recht verlangte, ein kurzer Blick hinein. Und, ich muss es wirklich extra erwähnen: die Notdurft ist hier kostenlos, und obendrein ist es blitzsauber. Das ist nun wirklich selten geworden.

 Hier scheißen sie gut und günstig.

Wir folgen, solchermaßen erleichtert, jetzt dem blauen Strich in Richtung der Kahnfahrt. Es geht mehr oder weniger sanft abwärts, auch mal über ein paar Treppen. Schon hier sieht man gut, wie der Elendskäfer den Wald gelichtet hat. Der Weg selbst ist aber vorbildlich freigeschnitten.

 Käferwald

Zur Linken kommen wir an der Dachshöhle vorbei. Eine fast nicht mehr lesbare Inschrift und ein enger Spalt. Wer weder einen dicken Kessel noch Platzangst hat, der kann sich reinzwängen. Nach etwa zwei Metern weitet sich das Ganze wieder zu einer kleinen Höhle. Wer draußen bleibt, hat auch nicht wirklich etwas verpasst.

So erreichen wir dann die Anlegestelle der Kahnfahrt an der Oberen Schleuse. Das erste, was wir davon sehen, ist der berühmt-berüchtigte Klobunker. Selten hat ein Bauwerk so wenig in die Landschaft gepasst wie dieses. Seit dem letzten Besuch hat sich aber etwas verändert: das bollernde Stromaggregat, welches sonst neben dem Bunker stand, ist auf dessen Dach gewandert. Und es war still, denn der ganze Lokus blieb geschlossen. Sollte Al Bundy hier gewesen sein? Nun, wem es jetzt pressiert, der hat ja noch endlos Wald zur Verfügung.

Viel, viel schöner dagegen ist die Rindenhütte, das Imbiss- und Kassenhäuschen an der Bootsstation. Warum haben unsere Ahnen so was hingekriegt?

Wer möchte, kann sich jetzt einschiffen. (Diesen Kalauer konnte ich mir wegen der geschlossenen Toilette einfach nicht verkneifen.) In diesem Jahr geht das aber nur noch bis Ende Oktober. Erwachsene zahlen für die einfache Fahrt neun Euro. Ich für mein Teil gehe lieber zu Fuß, zumal jetzt ein wirklich sehr schönes Stück Weg folgt. (Markierung weiter der blaue Strich) Eher ein Pfad als ein Premiumweg, etwas oberhalb der Kirnitzsch, mit schönen Blicken auf den Fluss und auf die Felsen. Was will man mehr.

Wir erreichen die untere Bootsstation samt der Staumauer. Es lohnt sich, da mal kurz runter zu steigen, am Fels gibt es allerlei historische Inschriften zu sehen.

Weiter dem blauen Strich nach. Die beiden Aufstiege zum Hermannseck (leicht und schwer) lassen wir dabei rechts liegen. Auf dem immer noch wunderschönen Weg liegt jetzt der eine oder andere Käferbaum quer, es ist aber alles völlig problemlos zu meistern.

 Problemlos drunter und drüber

Zur Linken fällt dann eine Schlucht auf, die von dichtem Bruchholz gefüllt ist. Hier geht es in die Klamm zur früheren Schönlinder Brücke runter. Nach 1945 hat man die aber geschleift, so dass man heute zum Weiterwandern (etwa in Richtung der Balzhütte in Böhmen) durch den Fluss waten müsste. Aber auch ohne nasse Füße ist die Klamm da unten ein optisches Gedicht. Nicht alle der Bäume, die da im Weg liegen, sind ein Opfer des Käfers geworden. Viele hat die Verwaltung auch abgesägt und bewusst da rein geworfen, um “Falschwanderer” abzuhalten. Behördlich heißt das dann “Verhau einer Destination, die nicht zum offiziellen Wegenetz gehört”. Ihr mich…. Aber heute, wie schon anfangs erwähnt, fehlte die Zeit für einen Hindernislauf.

 Hier ginge es runter

Was auch für den zweiten Abzweig gilt, den wir sogleich erreichen. Während der markierte Weg einen scharfen Knick nach links macht, ginge es geradeaus ins Jansloch. Hier soll sich einst der Wilddieb “Jans”, bürgerlich Carl-Gottlieb Diettrich, versteckt haben. Leider sind wir auch hier nach rund 100 Metern auf dichtes Totholzmikado gestoßen, sodass wir uns doch für den offiziellen Weg entschieden haben. Zumal der auch sehr schön ist.

 Geradeaus: Jansloch

Einwurf: für beide Wege ist es mir nicht Bange. Sie sind tief im regionalen Gedächtnis verankert, so dass sie mit Sicherheit so nach und nach in privater Initiative wieder freigeräumt werden. Der Weg zur Schönlinder Brücke samt deren Wiedererrichtung steht sogar auf der Liste grenzüberschreitender Wege, deren Öffnung von diversen Akteuren beiderseits der Grenze gefordert wird. Mehr dazu HIER.

Zurück zum offiziellen Weg, der jetzt durch die Wolfsschlucht führt. Ein schöner Abstieg mit ein paar Treppen und vor allem mit Durchquerung der Neuen Bärenhöhle. (Die eigentliche Bärenhöhle befindet sich nahe des Janslochs). Hier muss man mal kurz die Rübe einziehen.

Wir kommen im Tal direkt an der Kirnitzsch raus und gehen nach rechts. Das Flusstal ist hier richtig schön. Allerdings gibt mir die Menge an Totholz, die im und über dem Wasser liegt, arg zu denken. Wenn es nämlich mal wieder ein ordentliches Hochwasser gibt, dann verdichtet sich das zunächst zu einer Art Damm. Der dann irgendwann bricht und eine Flutwelle samt zerstörerischer mitgeschwemmter Stämme ins Tal lässt. Vor einigen Jahren ist das schon mal passiert, es gab beträchtliche Schäden an Gebäuden im unteren Flusslauf. Die Verwaltung hatte damals Besserung gelobt. War wohl nix.

Schließlich geht rechts dieser Weg ab, der gut erkennbar und sogar mit einer Stützmauer befestigt ist: die Rotkehle.

 Rotkehle

Achtung und Obacht: für etwa 300 Meter begehen wir jetzt eine Missetat, dieweil dieser Weg hier auch als “verboten” gilt. Aber schon an der nächsten Pfadkreuzung haben wir die Kernzone verlassen und bewegen uns somit wieder auf den Pfaden der Tugend.

Allerdings liegen hier nicht mehr nur ein paar, sondern Dutzende tote Bäume kreuz und quer. Das ist alles machbar, aber recht anstrengend. Na, da haben wir uns dann eine Rast eben redlich verdient.

An Abzweigungen gehen wir zweimal links, einmal rechts und dann wieder links. Und landen auf dem Contessensteinweg. Welcher wiederum in einen markierten Weg (roter Strich), die Höllstraße mündet. Die wir nur ein paar Meter nach rechts gehen und dann, jetzt links, dem Wegweiser zum Könisplatz folgen.

Es geht durch die Schweinslöcher und den Tunnel Holl. Stetig aufwärts, sehr pfadig und sehr schön.

Wobei wir ein wenig (oder ein wenig mehr) ins Schnaufen kommen und uns freuen, wenn wir am Königsplatz angelangt sind. Hier gibt es eine tolle Aussicht, eine Erklärtafel (König August und so…) sowie eine kleine Schutzhütte. Das unvermeidliche Panoramabild von der Aussicht steht am Anfang dieses Textes.

Und vielleicht wollen wir auch einmal einen Blick hinter die Schutzhütte werfen. Dort finden wir alte Treppen, die einst zu einem Aussichtsturm führten. Der hat aber schon anno 1902 wegen Wurmstichigkeit seinen Geist aufgegeben.

Satt gesehen? Dann folgen wir diesem Wegweiser:

Jetzt will ich mal etwas ausholen und zur Abwechslung ein lobendes Wort verlieren. Denn der ausgewiesene “Anschlussweg” gehörte auch viele Jahre zur Kategorie “Du darfst nicht!”. Er war mit einem Sperrgeländer verbaut. Und dann, quasi über Nacht, war das Geländer weg und ein Wegweiser da. Geht doch!

Der Weg ist größtenteils ein Pfad und stellenweise recht steil. Macht aber richtig Spaß.

Unten angekommen stoßen wir auf die breite Zollstraße, die wir aber nur überqueren und unsere Tour auf dem Finsterwäldchenweg fortsetzen.

 Finster ist…

Immer geradeaus, an einer Gabelung links. Und schon sind war am Abstieg über die Hühnerkropftreppe. Wieso hier das Hausgeflügel an einer vergrößerten Schilddrüse leidet, weiß ich nicht. Es geht über viele alte Stufen, manchmal steil und auch ein wenig schmierig, abwärts.

 Broiler mit Struma

Und siehe da, wir stehen wieder am Ufer der Kirnitzsch. Es geht nach rechts flussabwärts weiter. Vorbei an der Marienquelle bis zum Abzweig der Lindigtstraße.

Auf der finden wir zunächst den Rudorfstein, der an die Errichtung der Straße – eigentlich ein befestigter Forstweg – erinnert. Recht bequem, aber mit ständiger Steigung und in mehreren Serpentinen, geht es jetzt weiter.

Oben angekommen stehen wir vor dem Hintereingang der Waldhusche. Hier betreibt man, bei freiem Eintritt, an mannigfaltigen Stationen “Waldpädagogik”, die sich zuallererst an Kinder richtet.

 Waldhusche

Sogleich empfängt uns am Wegesrand ein Konstrukt, dessen Sinn mir im Dunkeln blieb. Was will uns der Künstler damit sagen? Ich glaube: nichts. Aber ich könnte tausende Deutungen nennen, wenn ich nur welche wüsste.

  Ahh…ja.

Wir sind jetzt einmal ziellos durchgelaufen. Danach gab es Licht und Schatten zu verbuchen. Ich fange mal mit dem Licht an:
Viele der Stationen sind wirklich mit Fantasie und sehr hübsch gestaltet. Als Beispiel sei hier eine Säge genannt, die man mit einem Tretrad in Gang setzen kann. Da kommen die Kleinen ganz freiwillig ins Schwitzen.

 Es sägt.

Oder auch eine Übungsstiege. Ein paar Eisen im Fels, bestens gesichert und so leicht zu erklimmen, dass unsereiner kaum die Pfoten aus der Tasche nimmt. Ist ja aber auch nicht für unsereiner gedacht, und das schaffen eben auch schon die ganz Kleinen, und sind nachher stolz wie Bolle.

 Und es stiegt.

Die wohlverdiente Belohnung gibt es dann oben an einem wieder sehr schön gestalteten Rastplatz. Dort kann man auch ein Mädchen sehen, welches vermittels eines Brennglases eine Schnecke grillen will. Oder hab ich da was falsch verstanden?

Und damit zum Schatten: einige der Stationen sind hoffnungslos mit Text überfrachtet. Das liest schon kein Erwachsener, die junge Zielgruppe erst recht nicht.

Eine Buchstabenwüste

Aber noch übler: es gebricht wohl am Unterhalt der Anlage. Einige der markierten Rundwege sind mit Flatterband abgesperrt. Einige der Stationen ebenfalls. Das trifft leider auch auf die namensgebende Husche zu (den Nachbau einer historischen Rutsche für Baumstämme). Die ist in einem erbärmlichen Zustand, da huscht so schnell nichts mehr.

 Ausgehuscht

Hier ist die Nationalparkverwaltung wohl in dieselbe Falle getappt, wie hunderte Kommunen vorher auch: für den Neubau so einer Anlage lässt sich recht einfach das eine oder andere Fördermittelchen abgreifen. Für Erhalt und Pflege gibt es dann nichts mehr. Vergammelte Erlebnis-, Lehr- oder Trimm-Dich-Pfade künden im ganzen Land von dieser Misere.

Genug geunkt, ich kann einen Besuch der Waldhusche mit Kindern dennoch nur empfehlen. Und wenn wir jetzt noch, auf gut beschildertem Weg, die Hackkuppe umrunden, finden wir uns an der Buchenparkhalle wieder. Zuvor sehen wir noch den Nachbau eines Meilers und einen Spucknapf für Orks.

Zu guter Letzt will ich eine Einkehr im Wirtshaus an der Buchenparkhalle wärmstens empfehlen. Es herrscht Selbstbedienung, es geht flott und freundlich zu. Es gibt nicht nur das Übliche, sondern auch Leckerlis wie Plinsen oder Pilzsuppe. Und obendrein sind die Preise höchst zivil. Was man heute ja extra erwähnen sollte. Aber Achtung: nur das Bare ist hier das Wahre, Karten werden nicht akzeptiert.

Fazit: Gute 17 Kilometer, sieben Stunden. Viel hoch und gleich wieder runter und gleich wieder hoch. Viele kleine Höhepunkte am Wegesrand. Und vor allem: sehr ruhig im Wald. Selbst an den Bootstationen und am Königsplatz (den man ja auch viel leichter erreichen kann) gab es nur wenige Mitwanderer. Was an einem verlängerten Sommerwochenende vielleicht auch anders sein könnte.

Zum Nachwandern:

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Ein Gedanke zu „Kreuz und quer um Hinterhermsdorf

  1. ich lese die texte sehr gerne! “das Bahre ist hier das Wahre”. Den Wortwitz hab ich aber nicht verstanden. Aber die Bahre bekommt man für Bares 🙂

    Wichtiger ist aber eine andere Frage: bei komoot wollen sie irgendwie Bares haben, um den gpx-Track zu bekommen. Es wäre schön, wenn es ein direkten Link zum Download der Datei gäbe. Für alle, die sich dem Komoot doch verweigern möchten.

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