Und gleich noch ein Tourentipp ins Böhmische. Die Silberwand ist genau genommen ein Teil des Großen Winterbergs, zumindest geht sie in diesen über. Man erreicht sie am besten von Herrnskretschen (Hřensko). Ein stiller Pfad, ein paar wunderbare Aussichten, ein uralter Stollen und wieder mal eine geballte Ladung Natur erwarten den Wandersmann.
Zunächst wie immer die Frage: wie hinkommen. Nun, da gibt es diesmal gleich einen Sack voll Möglichkeiten. Weshalb ich es einem jedem selbst überlasse. Hier mal eine kleine Skizze:
Rot ist dabei der eigentliche Pfad an der Silberwand entlang. An der Kreuzung bei “1” ist der links verlaufende Weg deutlich breiter (Dank einer dicken Forstmaschine, die auch hier gewütet hat) und verführt so zum Verlaufen, man würde dann aber die Grenze überschreiten und sich auf der Straße zum Großen Winterberg wiederfinden. Bei “2” befindet sich der Silberwandstollen, den man vom Pfad aus leicht übersieht. Und den Abzweig bei “3” übersieht man sehr schnell, der Pfad windet sich aber (jetzt bei mir grün skizziert) noch weiter und landet dann etwas später auf dem Gabrielensteig.
Aufgemerkt, zum ersten: das ist wirklich ein Pfad, schmal, manchmal ausgesetzt, stoppelig, mit viel hoch und runter. Also nicht mit Turnschuhen da lang gehen und bitte auch ein Mindestmaß an Trittsicherheit und Kondition mitbringen.
Aufgemerkt, zum zweiten: der Pfad ist als Kletterzugang ausgeschildert, was aber in der Böhmischen Schweiz so seine Tücken hat. Denn hier dürfen diese Kletterzugänge nur von Mitgliedern einer Kletterorganisation benutzt werden, die sich im Zweifelsfall auch ausweisen müssen. (Das passt nun nicht die Bohne in europäisches Recht, aber es hat eben noch nie einer dagegen geklagt.)
Was ist zu tun? Entweder drauf pfeifen und ein Bußgeld riskieren, oder noch schnell Mitglied im Sächsischen Bergsteigerbund werden – dessen Ausweise werden anerkannt. Oder aber den Mut zur Lücke finden. Denn in der Böhmischen Nationalparkverordnung heißt es:
Artikel 6
KLETTERSPORT
1….. Klettersport kann auf dem Gebiet des NP nur durch Mitglieder des Český horolezecký svaz (ČHS – Tschechischer Bergsteigerbund), Mitgliedsorganisationen der U.I.A.A.1) und Adepten des Klettersports (Aspiranten), falls sie an einer Übung unter Leitung eines Kletterinstruktors teilnehmen, ausgeübt werden. Ein Instruktor kann eine Übung mit höchstens sieben Teilnehmern durchführen.
Also: einer in der Gruppe ist tatsächlich Mitglied im Kletterverein und er hat auch ein Alibi-Kletterseil im Rucksack. Bei einer Kontrolle spielt er dann den “Instruktor” und alle anderen die “Aspiranten”.
So, nun aber genug der Spitzfindigkeiten, die man sich hier mitten in Europa einfallen lassen muss, um einfach in den Wald zu gehen.
Ich beginne mal bei “1”. Der Pfad geht hier recht unspektakulär in den Wald, um dann scharf nach rechts abzubiegen. Und hier heißt es gleich, die steile Felswand, die sich zur Linken auftut, scharf ins Auge fassen. Von eh schon schmalen Pfad zweigt ein noch schmalerer solcher ab, der uns zum “Silberwandstollen führt.
Mundloch des Stollens – Preisfrage: was ist gegenüber dem Mundloch?
Der Stollen soll im 16. Jahrhundert von Italienern auf der Suche nach Gold und Silber angelegt worden sein. Ob sie etwas gefunden haben? Wohl eher nicht. Wer jetzt eine Taschenlampe dabei hat, ist klar im Vorteil. Ich war natürlich wie ein Frisör unterwegs und hatte keine dabei, so dass ich schon nach zehn Metern geschwächelt habe und umgekehrt bin. Insgesamt soll es 35 Meter, im Kriechgang, in den Fels gehen.
Ob es hier auch Stollentrolle gibt? Wer je in Zamonien war, der weiß, was ich meine.
Ab jetzt geht es eigentlich immer nur noch geradeaus den Pfad entlang. Sollten sie ein Freund von Felsüberhängen und bizarren Verwitterungen im Sandstein sein, dann dürfte dieser Weg orgastische Gefühle bei ihnen auslösen. Denn an beiden mangelt es wirklich nicht.
Und auch der Aussichten gibt es einige. Vor allem, wenn wir das Massiv des Prebischtores schon vor uns sehen (das Tor selbst ist verdeckt), können wir das emsige Gewimmel auf den dortigen kostenpflichtigen Aussichten von hier beobachten.
Schließlich bietet es sich an, entweder zum Gabrielensteig (der hier eigentlich noch “Langer Grund” heißt) abzusteigen (ab jetzt sind wir garantiert nicht mehr allein), oder zum alten Fremdenweg aufzusteigen (was schon wieder eine Ordnungswidrigkeit wäre, bei der uns auch kein Kletterausweis mehr hilft.)
Alles in allem eine etwas versteckte, ruhige und sehr naturnahe Tour, bei der man ja zum Ende hin das unausweichliche Prebischtor noch mit besichtigen kann. Denn trotz der Massen dort: beeindruckend ist die Felsbrücke allemal.
Der Weg ist wirklich sehr schön, aber das grüne Stück hatten wir auch benutzt und ich würde es nicht empfehlen. Zumindest vor zwei Jahren war das so. Wir hatten uns von erkennbaren Pfad auf die andere Seite des Langen Grundes locken lassen, der Grund selbst war durch Eisreste auch nicht sehr einladend, aber der Pfad endete alsbald in einer Mischung von Verhau und Urwald, was das Vorwärtskommen sehr erschwerte. Der Abstieg in der Letzten Kurve vor dem Tor war dann auch ziemlich steil. Dafür kann ich empfehlen – ach nein, kann ich natürlich nicht empfehlen – aber es wäre kürzer und schöner, statt auf der Straße in Rhensko, einfach in Schmilka zu starten. Den Grenzweg im unteren Teil einmal nach schräg rechts verlassend einer erkennbaren Pfadspur durch den Laubwald zu folgen, die mehr oder weniger direkt zur Silberwand führt 😉
Als Hinweis für alle, die den Beitrag jetzt erst oder wieder lesen: Vom 1. März bis zum 31.07.2016 ist das Gebiet der Silberwand und Auerhahnwand (also hinter Silberwand der Pfad Richtung Prebischtor) als Vogelschutzzone für brütende Vogel und Jungvögel ausgewiesen und darf damit auch von Klettern nicht betreten werden.
Also wer diese sehr schöne Tour zu gehen beabsichtigt, verschiebt es auf die Zeit danach.
Und wer direkt von der Winterbergseite kommen sollte (was natürlich niemand macht), sieht auch diese Hinweise nicht und hat vielleicht dann Probleme.