Schaunstein–Karlshaus – Zámeček

Es steht mal wieder eine Runde im Böhmischen an. Mit knackigem Hoch und Runter, mit schönen Aussichten, mit einem verlassenen Ort und einer kultigen Kneipe. Also mir nach:

DSCN1543 Das wäre schon mal eine Aussicht.

Zunächst mal was zur Wanderkarte: hier empfehle ich ausnahmsweise mal eine offizielle Karte der tschechischen Nationalparkverwaltung im Maßstab 1:25000. Selbige ist eine Art Zwitter: innerhalb der Kernzone des Nationalparks enthält sie nur die (wenigen) offiziell erlaubten Wege. Außerhalb derselben aber ist fast jeder noch so kleine Pfad drauf. Und da wir uns hier nur außerhalb der Kernzone bewegen, aber den einen oder anderen Pfad benutzen, sei diese Karte heute mal erste Wahl. Sie enthält aber nur die tschechischen Ortsbezeichnungen, weshalb ich die immer schön in Klammern setze.

Also, Start ist in Hohenleipa (Vysoká Lípa). Gleich am Ortseingang ist ein großer Parkplatz, auf dem manchmal, manchmal aber auch nicht, eine geringe Gebühr verlangt wird. Vom Parkplatz aus gehen wir den gelb markierten Weg, erst ein Stück übers Feld, dann in den Wald.

DSCN1525 Hier geht es los.

Im Walde angekommen empfängt uns gleich einer kleiner Rastplatz mit einer Erklärtafel. Jetzt halten wir uns links, der roten Markierung nach.

DSCN1527 Links gehen.

Diese Markierung führt uns in wenigen Minuten an den Fuß des Schaunstein (Šaunštejn). Im Mittelalter stand da oben drauf eine Burg, von der aber nur noch sehr kümmerliche Reste übrig sind. Dafür macht der Aufstieg über Leitern und Stege aber richtig Spaß. Und oben hat man dann eine wirklich schöne Aussicht.

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Aber Obacht: wie ich am eigenen Leib erfahren musste, werden die Holzleitern und erst recht die Eisenbleche, die oben die Felsspalten überbrücken, bei Regen ziemlich glatt und rutschig. Hoch war schon keine Freude und runter dann eine kleine Zitterpartie. Also bei Regen nicht unbedingt angehen. Und ansonsten: ober den Rundblick genießen.

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Nun gut, wir steigen also wieder ab und halten uns rechts, weiter der roten Markierung nach. Es geht jetzt recht knackig aufwärts, über allerlei Stufen, die auch schon mal bessere Tage gesehen haben. Unter einigem Schnaufen oben angekommen, zeigt uns gleich ein Schild nach links zum Kleinen Prebischtor (Malá Pravčická Brána). Dieses ist tatsächlich eine Miniausgabe seines berühmten großen Bruders. Und seit zwei Jahren führt hier auch eine Leiter nach oben zu einer kleinen Aussichtsplattform. Vorher musste man das Tor über den blanken Fels besteigen, was auf die Dauer weder dem Sandstein noch den Knochen der Wanderer gut tat.

DSCN1547DSCN1548 Kleines Prebischtor.

Gut, wir folgen weiter der roten Markierung. An einer großen Kreuzung führt die geradeaus leicht ansteigend in den Wald, weiter hinterher. Wir gehen jetzt auf einem sehr schönen Weg zunächst über den Sattel, später auf halber Höhe an der Flanke des Rauschenbergs (Vetrovec). Und dann heißt es: Augen auf. Zur rechten zweigt ein schmaler Pfad ab, an dieser Stelle lichtet sich auch der Wald ein wenig. Selbigen Pfad sollten wir nicht verpassen. Er führt zunächst eben, am Ende dann im Abstieg an eine Wegekreuzung, an der ein grün markierter Wanderweg hinzukommt. Welchen wir aber nur überqueren und uns leicht links auf einen unmarkierten Waldweg begeben. Selbiger heißt “Der lange Leitenweg”. Keine Ahnung, ob es dafür eine tschechische Bezeichnung gibt. Und weil das Ganze hier etwas Orientierungssinn erfordert, noch einmal en Detail auf der Karte:

Map03 Quelle: Open Street Map

Dem Leitenweg, dem langen, folgen wir jetzt in zahlreichen Windungen immer am Fuße des Donnerberges (Bouřňák) entlang. Bis wir zur linken eine Quelle sehen, die in einem Häuschen eingefasst ist.

DSCN1554 Hier aufmerken.

Direkt an der Quelle beginnt ein unscheinbarer Pfad, der uns im Zickzack bis direkt an die Felswand bringt. Und was erspähen wir dort? Uralte Stufen in einer künstlich erweiterten Felsspalte. Nix wie hoch.

DSCN1556 Da lang.

Die Stufen führten einst zum Karlshaus, einer Jagdhütte der Fürsten von Clary-Aldringen. Aber: das Karlshaus hat nachweislich schon um 1830 nicht mehr existiert, und in entsprechendem Zustand ist dann auch die Treppe. Aber keine Bange, sie ist dennoch leicht zu gehen. Nach einem kurzen ebenen Wegstück folgen dann weitere Stufen, die deutlich besser erhalten sind.

DSCN1557 Und hier weiter.

Schließlich stehen wir auf einem kleinen Plateau. Aussichten gibt hier fast keine mehr, alles ist zugewachsen. Und an das Karlshaus erinnern trübe Reste der Fundamente und ein paar Ziegel. Dafür finden wir aber einen Grabstein, mit kaum noch leserlicher Inschrift:

Hieronymus
Grafen Clary und Aldringen
Leutnant im eigenen Panzer-Regiment
Gefallen am 28. Juli 1941
bei Sokolowka in der Urkraine
im 24. Lebensjahre
RIP

Interessant ist die Geschichte dieses symbolischen Grabsteins: nach 1945 wurde er, als Symbol für deutsche Fürsten und Wehrmachtsoffiziere verdammt, vom Plateau heruntergestoßen. In einer nicht weit entfernten Boofe überdauerte er aber die Jahrzehnte. Und ist vor rund zwei Jahren von Unbekannten wieder an seinem ursprünglichen Platz aufgestellt worden.

DSCN1558 Ziegel und Grabstein.

Wir steigen also wieder ab und gehen weiter links, immer noch auf dem Langen Leitenweg, der nun den Berg komplett umrundet. Er geht dann bei einer großen Futterkrippe nahtlos in den Donnergrund über, der fast komplett mit Holzbohlen ausgelegt ist und zackig in die Tiefe führt.

DSCN1562 Donnergrund.

Kurz bevor wir jetzt den Ort Rainwiese (Mezni Louka) erreichen, beginnt zur Rechten ein Lehrpfad, der verdammt neu aussah. Getestet haben wir ihn nicht.

DSCN1564 Neuer Lehrpfad.

Und während wir bisher so ziemlich allein im Wald waren, ändert sich das in Rainwiese schlagartig. Denn hier führt die mehr als beliebte Runde Klammen-Prebischtor vorbei. Also einiger Auflauf. Und auf dem Spielplatz ein Beitrag zum Thema: wir basteln uns ein Prebischtor. Putzig.

DSCN1565 Hmmm…

Wir folgen der Ausschilderung zu den “Klammen” und gehen mit vielen Mitwanderern nach unten in den Soorgrund (Vysoky Most). Im Tal angekommen, biegt der Weg zu den Klammen rechts ab, wir aber gehen weiter geradeaus (blaue Markierung) und sind prompt wieder allein. Noch ein paar Meter im Tal, dann ein paar Treppen rechts hoch, und wir befinden uns auf einer schmalen Straße. Die führt uns zum Zámeček, einem ehemaligen fürstlichen Jagdschloss.

DSCN1568 Zámeček

Heute ist es ein Gasthaus, in dem die Zeit stehen geblieben ist. Wer also einen Sinn für bröckelnden Putz, abblätternde Farbe und Sprelacrart-Tische hat, der kommt voll auf seine Kosten. Und wer einfach nur bodenständige, einfache böhmische Küche zu unverschämt günstigen Preisen sucht, der wird ebenfalls fündig. Übrigens, ehe Bedenken kommen: die Lokusse sind zwar auch uralt, aber blitzsauber.

DSCN1569DSCN1571 Nostalgie.

DSCN1570 Im Hof: Wappen von Clary-Aldringen.

Die gastliche Stätte verlassen wir also wohl gestärkt und gehen weiter der blauen Markierung nach. Nach rechts können wir jetzt noch zur Aussicht auf dem Vogelstein (Ptaci Kamen) abbiegen, aber die ist auch recht zugewachsen, viel sieht man nicht.

Dafür sind wir gleich zurück in Hohenleipa. Aber noch ehe wir in den Ort hineinlaufen, biegen wir scharf links ab, zunächst auf Asphalt, später auf einem Feldweg. Der führt uns an einigen Häusern vorbei und (gefühlt immer nach oben orientieren) auf den Schlossberg (Na zámečků). Und hier hat man noch mal richtig gute Aussichten.

DSCN1578DSCN1582 Schlossberg

Außerdem stehen hier oben ein schon arg verrostetes Kruzifix und die Reste eines Kellers, der wohl mal zur Burg gehört.

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Schließlich steigen wir wieder vom Berg ab und landen im Ort, wo unsere Runde komplett wäre.

Fazit: gut 16 Kilometer, 900 Höhenmeter, durch das viele Hoch und Runter konditionell durchaus nicht ohne. Dafür sehr einsam, außer am Schaunstein und in Rainwiese nicht ein einziger Mitwanderer.

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