Wegegedanken: Glatter-Stein-Weg und Begangsteig

Immer nur auf die Nationalparkverwaltung schimpfen? Muss nicht sein, denn es gibt durchaus Ecken, wo die Verwaltung so ziemlich alles richtig gemacht hat, was man richtig machen kann. Beispielsweise bei diesen beiden Wegen im Gebiet Hohnstein-Brand. Beide Wege gehören in die Kategorie “Großes Kino”, und man darf sie legal begehen, ohne das sie gleichzeitig turnschuhtauglich ausgebaut wären. Also wollen wir und jetzt mal auf eine wirklich wunderbare Runde begeben, bei der wir noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen bekommen müssen.

Aussicht Neuwerkkanzel

Traumhafte Aussicht am Glatten-Stein-Weg

1. Die Packungsbeilage

Beide Wege sind als Kletterzugänge gekennzeichnet, und als solche sollte man sie auch behandeln. Also: wer in Sandalen oder Turnschuhen unterwegs ist, wem es schnell mal blümerant wird oder wer nicht so trittsicher ist, der spare sich diese Tour. Am Begangsteig gibt es ein paar ausgesetzte Stellen, auf dem Glatten-Stein-Weg bedarf es an einer Stelle eines beherzten Schrittes über einen (Mini) Abgrund. An die Kondition dagegen stellen beide Wege nur geringe Anforderungen, es gibt nur wenige Höhenunterschiede. Trotzdem: es sind keine Spazierwege, und wenn ich dort mal eine Schulklasse erwische, gibt es kollektiv eins hinter die Löffel!

2. Wie hinkommen?

Beide Wege sind natürlich auf der Böhmkarte “Hohnstein-Brand” drauf. Also am besten von Hohnstein aus in Richtung Brandbaude laufen. Dabei aber die breite und viel begangene Brandstraße meiden, sondern dem “Halbenweg” (grüner Strich) folgen. Das ist an sich schon ein sehr netter Weg, er führt auch an der “Gautschgrotte” vorbei, die man auf jeden Fall besuchen sollte. Bei der Wanderung dann immer mal wieder den rechten Wegesrand im Auge behalten, in einer Kurve sehen wir eine abgesenkte Absperrung, dahinter einen Pfad und das schwarze Dreieck als Zeichen für einen Kletterzugang. Hier beginnt der Begangsteig.

DSCN8053 Hier gehts rein

3. Auf dem Begangsteig

Der Pfad windet sich jetzt in zahlreichen Kurven eigentlich immer an der Felskante lang. An einigen Stellen auch recht nahe an dieser, was aber herrliche Blicke nach unten ins Polenztal ermöglicht. Immer mal wieder zweigen markierte Kletterzugänge ab. Benutzt man die – ist mir auch schon passiert – dann landet man ziemlich schnell wieder auf dem Halbenweg. Also im Zweifelsfall: immer an der Kante bleiben. Landschaftlich ist das eine Wucht. Und an einer Stelle hat die NPV sogar dem Wanderer ein kleines Schmäckerchen eingebaut: führte der Weg einstmals noch außen um ein Riff herum, so ist er jetzt vor diesem Riff als Durchgang durch einen engen Felsspalt markiert. Wie gesagt: die ganze Zeit mit einem schwarzen Dreieck.

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Landschaft, die begeistert

DSCN8070 Blick ins Polenztal

Schließlich endet der Begangsteig auf dem Neuweg. Hier kann man kurz vorher noch falsch abbiegen, was mir schon zwei Mal passiert ist. Dann kommt man auf dem Neuweg einfach ein paar Meter weiter unten raus, nicht weiter schlimm. Es geht diesen gut ausgebauten Wanderweg zumindest aufwärts, und schon an der nächsten Kreuzung treffen wir wieder auf den grünen Strich als Markierung, der uns jetzt zur Brandstraße führt. Diese gehen wir aber nur ein paar wenige Meter nach rechts, und schlagen uns dann gleich wieder rechts in die Büsche.

4. Der Glatte-Stein-Weg

Auch dieser Abzweig ist gut zu erkennen.

DSCN8103 Hier abbiegen

Gleich nach dem Abzweig teilt sich der Weg noch einmal, rechts ginge es ins “Eisenbahnerloch”, aber das ist gesperrt, und heute wollen wir doch nicht schon wieder gegen alle Konventionen verstoßen. Also eher leicht links gehalten und dem Pfad gefolgt. Auch der ist mit dem schwarzen Dreieck gekennzeichnet. Immer mal wieder können wir dabei uralte Treppenstufen bewundern. Und an einer Stelle führen diese Treppen zunächst nach unten, und dann fehlt ein Steg, der hier einst einen kleinen (wirklich kleinen) Abgrund überwunden hat. Hier ist also ein beherzter Schritt gefragt, dann geht es auf der anderen Seite gleich wieder über Stufen hoch.

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“Eleganz” sieht anders aus: der Autor bei eben jenem beherzten Schritt

Schließlich stehen wir ganz vorn an der “Neuwegkanzel” und können den gigantischen Ausblick genießen.

DSCN8097 Was für ein Blick

Auf gleichem Weg geht es zurück (oh je, schon wieder ein beherzter Schritt). Weiter könnten wir dann zur Brandbaude gehen und dort einkehren.

5. Und wieso gilt hier “Alles richtig gemacht”?

Weil ich mir so einen Umgang mit kleinen Wegen und Pfaden auch an vielen anderen Stellen im Sandstein wünschen würde.

  1. Man hat beide Wege nicht gesperrt, obwohl sie bei ganz bürokratischer Betrachtung eigentlich nicht “gebraucht” werden. Der Zugang zu den Kletterfelsen am Wegesrand zumindest geht auch anders, und die Brandaussicht erreicht man eh auf viel bequemeren Wegen.
  2. Man hat sie aber auch nicht sinnlos mit Geländern und Treppen ausgebaut, so dass sie ihren urigen Charakter bewahrt haben.
  3. Als “Kletterzugang” markiert, fällt auch die unsägliche “Wegesicherungspflicht” weg. Wer hier langgeht, der weiß, dass er auch mal zu Schaden kommen könnte, und er hat dann keinerlei Ansprüche an die NPV. Und das ist gut so.
  4. Kurzum: man hat die Wege einfach in Ruhe gelassen. Keine Sperrung, kein sinnloser Ausbau, keine bürokratische Wegesicherung. Find ich Klasse.

Solch durchaus entspannter Umgang mit alten Wegen scheint in der Hohnsteiner Gegend verbreitet zu sein. Ganz in der Nähe gibt es durch die “Speisekammer/Dastellöcher” noch einen – recht anspruchsvollen – Aufstieg auf das Brandmassiv. Andernorts dagegen herrscht nach wie vor eine Mentalität des “am liebsten alles Sperrens” vor. Und das bei einer eigentlich heterogenen Behörde. Aber mal sehen, vielleicht tut sich da ja was.

3730cookie-checkWegegedanken: Glatter-Stein-Weg und Begangsteig

7 Gedanken zu „Wegegedanken: Glatter-Stein-Weg und Begangsteig

  1. WOW! Beeindruckende Bilder in Kombination mit einem erstklassigen Artikel! Sieht man leider selten im Outdoor Bereich – doch der Schreibstil weckt das Bedürfnis den klassischen Anzugs fürs Büro gegen Rucksack und Wanderschuhe zu tauschen! Sehr gut gelungen, Danke dafür!

  2. Hallo,

    möchte in diesem Jahr gerne den Begangsteig ausprobieren und habe mir dafür deine Wanderung ausgesucht, kannst du mir sagen wie viele km dies ungefähr sind?
    Da ich meine auf den Fotos deinen Sohn zu erkennen, kann es ja wohl zu schaffen sein oder?

    Vielen Dank und liebe Grüße
    Barbara

        1. Man sollte den Begangsteig wirklich nicht zu zeitig nach rechts abbiegen, denn dann löst er sich in Richtung Neuweg irgendwie auf. Es ist an der markanten “Kreuzung” dem Kletterzugangszeichen und den 3-4 Sandsteinstufen nach links oben zu folgen. Der Pfad entfaltet sich dann wieder zu einem relativ breiten Weg der wundervoll geschwungen hoch über dem Neuweg entlang führt bis er auf ihn trifft.

  3. Guten Tag!

    Wir sind am vergangenen Montag Ihrer Empfehlung folgend den Begangsteig gegangen. Eine traumhafte Tour, abseits von allem Trubel, der z.B. auf der Brandstraße herrschte, als wir zum Ausgangspunkt Parkplatz Hohnstein zurückliefen.
    Unser Problem: ca. auf halben Weg kamen wir an ein Schild vorbei (schwarzes Kreuz auf weißem Grund), das uns bekundete: “Weg gesperrt”. Wir haben das Schild ignoriert, was hätten wir aber tun sollen? Im Internet lese ich in keinem Kommentar zum Begangsteig, dass dieser nicht durchgängig zu begehen ist.
    Vielleicht haben Sie eine Antwort für mich, vorab vielen Dank!

    Freundliche Grüße

    M. Papperitz
    01728 Bannewitz

  4. Leider sind am Begangsteig an einigen wichtigen Orientierungspunkten die Wegmarkierungen (Kletterzustieg schwarzes Dreieck auf weißem Grund) wieder entfernt worden. Teilweise auf ziemlich brutale Weise mit tiefen Verletzungen an den Bäumen. Nach Anfrage wurde dies weder vom Sächsischen Bergsteigerbund noch von der Nationalparkverwaltung veranlasst. Würde ich gern mal von dem “Abkratzer” die Beweggründe erfahren. Wenn keine Markierungen vorhanden sind, wäre dieser Weg dann eigentlich illegal. Vielleicht gibt´s da mal einen Kommentar dazu.

    Grüße an alle Wander- und Kletterfreunde

    Charly Wendt
    01665 Wildberg

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