Eine etwas längere, aber recht gemütliche Tour im Böhmischen. Wir sehen: viele Aussichten, putzige Gebäude im Wald und zum Ende hin noch ein traumhaft romantisches Tal.
Da das Ganze eine Streckenwanderung ist, bleibt das Auto mal stehen und wir pirschen uns mit den Öffentlichen ran. Zwischen Sachsen und Böhmen kann man dabei sehr gut das Elbe-Labe-Ticket benutzen. Kostet 16,50 Euro für einen Tag und beinhaltet alle hier benutzten Verkehrsmittel. Noch günstiger wird es, wenn ein paar mehr Leute mitwandern. Dann gibt es dieses Ticket auch als Kleingruppenkarte für fünf Personen zum Preis von 33 Euro.
Also zunächst mit der S-Bahn bis Bad Schandau, dort in den Regionalzug nach Tetschen (Děčín) umsteigen, am Hauptbahnhof aussteigen. Direkt vor dem Bahnhof gibt es einige Bushaltestellen, wir suchen Buslinie “1” Richtung Nemocnice (Krankenhaus). Einfach bis zur Endhaltestelle mitfahren. Vor uns sehen wir jetzt schon einen kleinen Park, in dem sich ein größerer Hügel erhebt. Das ist der Quaderberg, und den müssen wir jetzt hoch.
Schon im Park sehen wir das Wegezeichen Roter Strich, welches uns auf der gesamten Tour begleiten wird. Also zunächst immer nach oben, im Zickzack an den Resten einer einst mondänen Parkanlage vorbei.
Der Weg ist mit uralten Pflaster ausgelegt, und endet schließlich an einer ersten Aussicht, die uns über ganz Tetschen blicken lässt.
Weiter geht es, der Weg ist jetzt ein richtiger Waldweg, aber immer noch ausgesprochen bequem. An der nächsten Aussicht steht dann ein putziger Pavillon herum, die Elbwarte. Welche aber auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat, der Putz bröckelt gewaltig. Und auch die Schutzhütte daneben sieht nicht mehr so aus, als könne sie wirklich Schutz bieten.
Der Weg, weiterhin vorbildlich mit dem Roten Punkt markiert, verlässt sodann kurz den Wald und führt an einigen Gebäuden und einer Kläranlage vorbei – keine Bange, man riecht nichts.
Gleich danach geht es über eine kleine Brücke wieder in den Wald und schließlich auf eine Wiese, auf der doch tatsächlich ein paar altersschwache Sportgeräte herumstehen. Ein Waldsportplatz?
Auf der anderen Seite des Sportplatzes wird der Weg zum Pfad und windet sich noch einmal im Zickzack und recht steil den Berg hinauf. Oben angekommen noch ein paar Meter, und wir stehen am Friedhof von Loosdorf (Ludvíkovice). Der hat ein paar Besonderheiten. Normalerweise sieht man auf den alten Friedhöfen der kleinen böhmischen Dörfer nämlich fast ausschließlich romantisch-verfallene Gräber mit deutschen Namen. Hier dagegen: neue und hervorragend gepflegte Grabstätten mit tschechischen Namen.
Die alten deutschen Grabsteine dagegen hat man zu einer Art modernem Kunstwerk zusammengefügt und mit einer gedenkenden Tafel in zwei Sprachen versehen.
Vor dem Friedhof steht auch noch ein Kriegerdenkmal aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Von dem hatte man nach 1945 – wie fast überall im Böhmischen – die Tafeln mit den Namen der Gefallenen entfernt. Nur: dieses Denkmal trägt eine neue Tafel. Auf der wird, wieder zweisprachig, den Opfern beider Weltkriege gedacht. Und auf der Rückseite ist eine symbolische Darstellung “Schwerter zu Pflugscharen” zu sehen.
Ich freue mich immer wieder, wenn ich in den letzten Jahren erlebt habe, dass die Historie der Region von ihren tschechischen Bewohnern wiederentdeckt und teilweise eben auch modern interpretiert wird.
Zurück vom Gottesacker gehen wir noch ein Stück auf dem jetzt wieder sehr gemütlichen Waldweg und machen dann nach links einen Abstecher zu einer weiteren Aussicht. Die bietet uns wieder mal wunderbare Blicke zu beiden Seiten ins Elbtal.
Was jetzt folgt, ist der eher langweilige Teil der Wanderung. Der Weg hat jetzt den Beinahmen “Allee”, und er macht ihm alle Ehre: schnurgerade geht es durch den Wald.
Ins Grübeln kommt man lediglich beim Anblick merkwürdiger Steine, die in regelmäßigen Abständen am Wegesrand stehen. Die Allee diente einst als Verbindung zwischen einem heute nicht mehr existenten Jagdschloß und dem nächstem Aussichtspunkt, dem “Belvedere”. Aber wozu dabei diese Steine gedient haben können? Ich weiß es schlichtweg nicht.
Eine der merkwürdigen Klamotten
Schließlich hat aber auch die Allee mal ein Ende, wir treten auf freies Feld hinaus und vor uns liegt das Dörfchen Elbleiten (Labská Stráň). Wenn wir nach rechts schauen, sehen wir vor uns die Erhebung des Großen Winterbergs mit den Silberwänden. Und wer ganz genau späht, der kann sogar das rot gedeckte Dach des Restaurants “Falkennest” am Prebischtor entdecken.
Großer Winterberg mit den Silberwänden
Noch ein Stück geradeaus, an einem Parkplatz vorbei, und wir stehen an der nächsten Aussicht: dem Belvedere. Diese Aussichtsterrasse wurde schon 1711 angelegt und gilt somit als die älteste im Elbsandstein.
Eine kleine Bühne kündet zudem davon, dass hier einst Theateraufführungen für die Fürstenfamilie Clary-Aldringen stattfanden. Heute gibt es die nicht mehr, dafür aber ein Wirtshaus, und das ist doch auch mal was. Da man hier mit dem Auto rankommt, ist aber immer mit Andrang zu rechnen.
Geht man von der Aussicht weiter nach rechts, dann kommt man zunächst zu weiteren – ungesicherten – Aussichten und sodann zu einigen Höhlen, die unter Speläologen einige Popularität genießen. Allerdings kann man die nur mit entsprechender Ausrüstung befahren. Und darf es eigentlich auch nur mit spezieller Genehmigung.
Also verlassen wir die Aussicht und folgen wieder dem Roten Strich, diesmal in den Ort hinein. Das Wegezeichen führt uns einmal durchs Dorf und auf der anderen Seite zurück in den Wald.
Der jetzt folgende Abstieg läuft unter der Rubrik “unerfreulich”. Schon vor zwei Jahren hatten hier schwere Forstmaschinen den Weg völlig zerfahren und obendrein alles Holz liegen lassen, welches nicht gleich zu verwerten war. Bis heute hat sich an diesem Zustand leider nichts geändert.
Unten angekommen, befinden wir uns in der Schlucht der Dürrkamnitz (Suchá Kamenice). So dürr, wie ihr Name sagt, war das Flüsschen aber nicht, es plätscherte gar fröhlich. Aber ich hab es auch schon ganz ausgetrocknet erlebt.
Jetzt lohnt es sich, zunächst für einen kleinen Abstecher nach rechts zu gehen. Wir trauen unseren Augen nicht: gleich mehrere, hervorragend befestigte Boofen mit Feuerstellen, die auch reichlich genutzt werden. Was also ein paar Kilometer weiter auf deutscher Seite regelmäßig zum Ärger mit den Naturschützern führt, scheint hier völlig normal zu sein.
Wir staunen also und kehren um. Jetzt laufen wir einfach die Schlucht bis zu ihrem Ende durch. Herrlich wilde Natur, sattes Grün, bizarre Felsen und knorrige Bäume. Einfach toll.
Am Wegesrand finden wir: zwei Felsinschriften, die anlässlich erfolgreicher Flößereien angebracht wurden, eine steinerne Bank im Fels und einen Bunker aus der Schober-Linie.
Schließlich sind wir am Ende der Schlucht angekommen und erreichen die Straße und die ersten Häuser von Herrnskretzschen (Hřensko). Nur noch mal geschwind die Bachmündung in Augenschein nehmen und zu diesem Zweck neben der Straßenbrücke runter steigen. Hier entspringt eine sehr ergiebige und obendrein stark eisenhaltige Quelle. Der ganze umgebende Fels ist schon entsprechend gefärbt. Sieht richtig gut aus.
Zu guter Letzt laufen wir auf dem Bürgersteig bis in die Ortsmitte von Herrnskretzschen. Hier fährt eine Fähre ins gegenüberliegende Schöna, wo wir die S-Bahn erreichen und den Rückweg antreten können.
Fazit: rund 22 Kilometer, die aber wirklich entspannt zu laufen sind. Auf- und Abstiege zusammen etwa 1000 Höhenmeter. Gern wieder.
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Ich finde eure immer so genaue Wegbeschreibung echt gut. Auch, dass ihr alles mit Bildern fest hält – da könnte man einfach anhand eures Artikels losgehen. Toll!
Als Krönung gibt es noch unmittelbar am Talende an der Elbe noch zahlreiche künstliche Griffe am Elbsandsteinfels zu bestaunen.
Auch geklettert daran wurde eifrig, das Auto kann ja auch nur 200 m entfernt stehen. Perverser geht es nicht!!!
S. Päßler
BSV Climbing Crocodiles e.V.
USC Leipzig
DAV Leipzig
Wo sollen denn diese künstlichen Griffe sein? Am Hang Richtung Belvedere, wo sich auch zahlreiche Höheln befinden? Diese Gegend wird ja schon seit Jahren von komerziellen Anbietern gern verkauft. Oder am Ende der Dürrkamnitz, rechts oben? Da gibt es ein paar ziemlich perfekt ausgebaute Boofen. Von künstlichen Tritten ist mir aber nicht bekannt.
auf der nördlichen, also Hrensko zugewandten Seite, unmittelbar am Talausgang, die Straße ist zu hören…
Es sind richtige handelsübliche Kunstgriffe am Sandsteinfels
Die künstliche Kletterwand in der Talseite des Torero am Eingang des Dürrkamnitzgrundes ist ja nun schon über 20 Jahre alt und allgemein bekannt.
Die Wand ist übrigens durch Steinbrucharbeiten so glatt und hatte mit einer natürlichen Felswand ohnehin nichts mehr zu tun.
OK, jetzt erinner ich mich an die Stelle. Das habe ich mir vor ein paar Jahren auch mal angesehen. Aber ich bin kein Kletterer, und somit ist das für mich nicht so interessant.