Auf dieser Runde begegnen uns mal wieder viele kleine, aber feine, Höhepunkte. Eigentlich war ich losgezogen, um den Zustand eines ebenso sinnvollen wie leider sabotierten Weges zu erkunden. Dazu ist es dann nicht gekommen, die Sabotage war zu gut. Später mehr. Dennoch hat es richtig Spaß gemacht. Wir sehen unter anderem: den Zeitvertreib der alten Rittersleut, eine Vorlage für freie Schützen, einen geblümten Grund, Pfarrer Götzinger, Grottiges, einiges an Stufen, viele schöne Aussichten. Und zu guter Letzt einen Weg, den die Nationalparkverwaltung einst neu angelegt hat. Und zwar richtig schön. Die können also, wenn sie nur wollen. Aber wollen wollen sie eben nur ganz selten. Laufen wir mal los.
Starten wir an der Hocksteinschänke. Da ist ein nicht zu übersehender Parkplatz, und von dem geht ein breiter Waldweg ab. Geradeaus und über eine alte Steinbrücke (mit potthässlichem, aber DIN-gerechten neuen Geländer), und schon stehen wir auf dem Hockstein. Schutzhütte und schöne Aussichten nach vorn und auch nach unten.
Ganz vorn an der Aussicht sehen wir ein Mühlespiel in den Fels geritzt. Das ist, so sagen die Heimatforscher, keine neuzeitliche Sünde, sondern diente einst tatsächlich den alten Rittersleuten auf dem Wachposten als Zeitvertreib.
Den Hockstein verlassen wir abwärts über die Wolfsschlucht. Welche einst, so zumindest die Sage, als Vorbild für die berühmte Szene im “Freischütz” diente. Enge Schlucht, steile Treppen, das macht Spaß. Bei Gegenverkehr Wampe einziehen und gegebenenfalls “Samiel hilf!” rufen.
Gleich nach dem Ausgang gehen wir nach rechts, dort ist die Hocksteinhöhle. Hier kann man theoretisch rasten. Oder auch nicht, denn die Höhle wird gern für nichtigere Zwecke missbraucht. Wovon eine nette Ansammlung der nervigen Tempotaschentücher kündet. Schämt euch was, ihr Waldschweine.
Nationalparkkonforme Wanderer gehen jetzt zurück und folgen dem markierten Abstieg bis ins Tal. Weniger brave folgen dem Pfad von der Höhle noch ein Stück. Der biegt dann scharf links ab in den Blümelgrund. Da jener Grund – aus welchem Grund auch immer – vom Nationalpark nicht gewollt ist, wird er auch nicht gepflegt. Es liegt also allerlei Bruchholz kreuz und quer. Der Pfad ist aber immer erkennbar und wird sichtlich genutzt. Und schön ist er allemal.
Die guten wie die bösen Wanderer treffen sich im Polenztal wieder und gehen (gut ausgeschildert) über eine Brücke in den Schindergraben. Es geht aufwärts. Und der Graben heißt nicht etwa so, weil wir uns da raufschinden müssten. Vielmehr ist er nach dem “Schinder” oder “Abdecker” benannt, der sich einst um verendetes Nutzvieh kümmerte. Das fehlt heute logischerweise, statt dessen wunderbare Natur, ein paar Brücken und ein plätschernder Bach.
Zur Linken die mächtigen Mauern des Bärengartens. Dort wurden einstmals tatsächlich Bärtram und Bärbel gehalten. Für Hetzjagden am kurfürstlichen Hof zu Dresden. Allerdings nicht für lange. Nicht etwa, das die Blaublüter plötzlich den Tierschutz für sich entdeckt hätten. Nein, die Petze waren clever genug, einen Durchschlupf zu finden und marodierten dann in Hohnstein herum. Eins zu Null.
Ebenfalls zur Linken, etwas höher am Fels, ein Relief von Pfarrer Götzinger, der den ersten Wanderführer der Region geschrieben hat.
Und zur Rechten, von Jahr zu Jahr schlechter zu erkennen, ein Relief von olle Lenin. Da muss der Putin mal ein paar Restauratoren vorbeischicken. (Wer jetzt gar nichts erkennt: links unten sind Kinn und Spitzbart.)
Oben angekommen gehen wir nach rechts, auf dem Halbenweg. Ohne Hoch und Runter und schön bequem. Am Wegesrand:
1. Nette Ausblicke auf die Burg Hohnstein.
2. Eine hübsche kleine Aussicht ins Tal
3. Die große und eindrucksvolle Gautschgrotte
4. Der steingraue Hai
5. Die Diebshöhle, wieder mit kyrillischer Inschrift (Dagestan), Steinmännlein und temporärer Kienappel-Lokomotive
6. Einen Überstieg, der zum Kletterpfad Begangsteig führt. Den empfehle ich mal dringend für eine separate Tour. Denn er ist herrlich, aber eben kein Spaziergang, man sollte hier gut und gerne eine Stunde mehr als auf dem Wanderweg einplanen. Heute also nicht.
Wir folgen also weiter dem Hauptwanderweg. Links kommen wir an eine kleine Lichtung. Und rechts davon geht, praktischerweise an einem Kernzonenschild, ein Pfad zur Aussicht Panoramafels. Ein ruhiger und schöner Ausblick. Und keine Bange: recht versteckt findet sich hier auch die Markierung als Kletterzugang, man darf da also langlaufen.
Schließlich kommen wir noch am Sauteich vorbei. Kein Schwein zu sehen, aber ganz sicher jede Menge wässriges Kleingetier.
Unter derlei Betrachtungen erreichen wir die befestigte Brandstraße. Da ist immer Begängnis. Nach rechts ginge es jetzt zur Brandbaude samt berühmter Aussicht. Wir aber gehen nach links und sehen schon ganz kurze Zeit später eine alte Wegesäule und schon wieder so einen Überstieg. Da steigen wir mal über.
Abwärts geht es mit uns im Forstgraben. Anfangs etwas steil, später geruhsam. Uraltes Pflaster unter den Füßen.
Auch mal links und rechts schauen, da finden sich allerlei alte Felszeichnungen.
Und für die Bedenkenträger: der Weg befindet sich haarscharf außerhalb der Kernzone, er darf also benutzt werden.
Wir landen an der Autostraße durch den Tiefen Grund. Und jetzt wird es misslich. Denn schrag gegenüber führt der Pfad durch den Eulengrund weiter nach Waitzdorf. Und gerade hier macht die Kernzonengrenze zufälligerweise einen Schlenker, der Weg gilt also als gesperrt.
Schon vor zehn Jahren wurde mal in der AG-Wege seine Öffnung beantragt. Die Reaktion der Nationalparkverwaltung darauf war zum einen an klares “Nö!” und zum anderen der schnelle Abriss eines kleinen Steges, der vorher über den Bach in den Eulengrund führte.
Und da wollte ich natürlich trotzdem mal nach dem Rechten sehen. Pustekuchen. Denn erstens hatte es die vergangenen zwei Tage ordentlich geregnet, der Bach führte also viel Wasser. Und zum zweiten haben die “naturschutzfachlichen Guten” das Ufer mit allerlei Dornengesträuch vollgeschmissen. Ich kam nicht rüber. Deshalb nochmal kommen, wenn es ein paar Tage trocken war und ein paar Handschuhe wider die Stacheln im Rucksack sind.
Notgedrungen machen wir jetzt das, was die Verwaltung hier für den Wanderer vorgesehen hat: wir latschen einen runden Kilometer auf der engen und gut befahrenen Straße runter. Mist.
Endlich biegt nach links der Aufstieg im Waitzdorfer Dorfgrund ab. Es geht durch eine wunderbare Schlucht über rund 500 Stufen aufwärts. Uff.
Unter einigem Geschnaufe kommen wir also in Waitzdorf an. Wir sehen schmucke Umgebindehäuser und ländlichen Humor.
Obendrein gibt es hier die “Waitzdorfer Schänke”, und da will ich eine Einkehr mal dringend empfehlen. Bodenständig und preiswert, freundlich und flott. Als Besonderheit stehen hier auch Gerichte vom Galloway-Rind auf der Karte.
Neben der Schänke ist ein kleiner Parkplatz, und dort beginnt auch ein ausgeschilderter Weg über die Ochel. Der ist wieder ausgesprochen bequem, und es zweigen gleich mehrere Aussichten ab.
1. Die Waitzdorfer Aussicht – mit Bänkchen.
2. Die Aussicht am Michaelistagstein – mit zwei Bänkchen, Spiderman und einem Gedenkkreuz für ein abgestürztes Mädchen.
3. Die Aussicht am Bonifaz – mit drohendem Kernzonenschild und versteckter Kletterzugangsmarkierung. Darf also besucht werden.
4. Die Aussicht am Berg-Frei-Turm. Wieder ein Kernzonenschild, aber keine Klettermarkierung. Gilt also als gesperrt, es könnte ein Bußgeld lauern. Aber eher unwahrscheinlich, da gibt es lohnendere Ecken für den Ranger als solchen.
Rechts von dieser Aussicht ging einst der – auch irgendwie verbotene, aber sehr lohnende – Abstieg durch den Backofen herunter. Hier war ich etwas ratlos. Denn weder von oben noch später von unten war auch nur eine Pfadspur auszumachen. Und das gesichtete Bruchholz war natürlich gefallen und nicht mutwillig abgesägt. Da muss ich wohl mal zähneknirschend akzeptieren, dass hier ein Pfad auf natürlich Weise verschwunden ist. Neu anlegen werde ich ihn nicht.
Statt dessen weiter auf dem Hauptweg, der jetzt Ochelweg heißt. Im weiten Bogen führt der sanft ins Tal hinab. Am Fuß der Felsen angelangt, laufen wir jetzt all das zurück, was wir oben hinzu gelaufen sind.
Schließlich landen wir wieder an der Straße im Tiefen Grund. Direkt gegenüber beginnen die Brandstufen, das muss nun wirklich nicht mehr sein. Aber direkt parallel zur Straße verläuft hier ein wunderbar ausgebauter Pfad nach links. Und den gibt es noch gar nicht so lange. Ehedem musst man hier auch auf der Straß laufen, bis sich die Nationalparkverwaltung ein Herz nahm und diesen Weg anlegte. Ganz fein gemacht, es geht doch.
Wir landen zu guter Letzt an einem kleinen Parkplatz, wo sich auch eine Bushaltestelle für den Rückweg befindet. (Wer Online planen will: die Haltestelle heißt “Hohnstein-Abzweig zum Bahnhof”.)
Fazit: 16 Kilometer mit ganz viel Abwechslung. Immer mal wieder ordentlich hoch und runter. Dazwischen sehr geruhsame Abschnitte. Wirklich übel ist aber der Kilometer auf der Straße. Und da die Nationalparkverwalter hier mitlesen: mal sehen, ob einer von euch Manns genug ist, mir die Sperrung des Eulengrundes “naturschutzfachlich” zu erklären.
Zum Nachwandern: