Eine nette Nummer hat sich da die böhmische Nationalparkverwaltung einfallen lassen: rund um Dittersbach (Jetřichovice) gibt es seit kurzem einen Lehrpfad, dessen Inhalte und Erklärbären nicht auf großen Tafeln den Wegesrand verunzieren, sondern sich vermittels einen Smartphones oder Tablets eschließen. Feine Idee, dachten wir, und haben das Ganze gleich mal ausprobiert. Hier also ein Tourentipp mit Lehrpfad in der Böhmischen Schweiz sowie zwei Abstechern vom Wege, um der ganzen Runde ein wenig Würze zu geben.
Unscheinbare Schildchen statt großer Erklärtafeln.
Zunächst erst mal: was benötigen wir denn? Ein Smartphone eben, also so ein High-Tech-Handy, oder einen Tablet-Computer. Bei ersterem versteht es sich von selbst, bei letzterem ist es oft nur eine Option: in jedem Fall muss das Gerät mobil ins Internet können. Und da wir uns im Ausland befinden, sollten wir vorher auch mal bei unserem Anbieter erkunden, was surfen in ausländischen Netzen denn so kostet. Bitte nicht einfach loslegen, dann bucht sich das Gerät im Zweifelsfall im teuersten Tarif ein, und auf den netten Ausflug folgt ein böser Kater. Und um mal ein positives Beispiel zu nennen: für einen Tag jenseits der Grenze surfen nimmt mein Anbieter im günstigsten Tarif pauschal 2,95 Euro. Das kann man sich leisten.
Keine Bedingung, aber durchaus von Vorteil, wenn das Teil außerdem NFC beherrscht. Hä, ist das was zu essen? Mitnichten, das heißt “Near field communication”. Und bedeutet in der Praxis, das ich mit dem Handy irgendwie nahe vor einem Chip herumwedele und dieser dann im Gerät eine bestimmte Reaktion auslöst. Um es ganz praktisch zu machen: mein Handy (Angebermodus an) beherrscht NFC (Angebermodus aus). Ich musste also nur nahe genug an eine der kleinen Tafeln rankommen, und schon erschienen Text, Bild und kleines Quizspiel zur jeweiligen Station auf dem Bildschirm.
Wessen Handy das nicht kann, der scannt einfach die ebenfalls aufgedruckten QR-Codes. Schon wieder was zu essen? Nochmal mitnichten, das sind diese Punkt-Strich-Raster, die man heute auch oft in Anzeigen oder Plakaten findet. Passende Scannsoftware ist auf so gut wie jedem Smartphone vorinstalliert. Also: davor halten, scannen, und dann geht alles weitere von selbst. Beispiel gefällig? Nehmen sie ihr Smartphone zur Hand, starten sie Scann-App und halten sie das Ganze vor diesen Code:
Und schon und wie von Geisterhand öffnet sich auf dem Handy – na ja, genau diese Webseite hier.
Gut, nun aber genug der technischen Finessen, testen wir mal, wie es so geht. Start ist die Touristinformation in Dittersbach. Wir erkundigen uns nach dem Lehrpfad. Oha, der nette Herr hatte auch noch nicht so richtig was darüber gehört, es gibt den Lehrpfad nämlich erst seit einer Woche. Aber er konnte uns den Wegverlauf auf der Karte zeigen. Und er meinte, dass das Ganze nur auf tschechisch funktionieren würde. Upps. Aber erst mal die Karte:
Rot ist der eigentliche Lehrpfad, grün die zwei Abstecher. Schnell finden wir die erste der kleinen Tafeln. Die sind wirklich gerade mal A5-groß, stören also im Wald so gut wie gar nicht. Rumwedeln mit dem Handy, und schwupps: da ist auch schon Station Nummer eins auf dem Bildschirm. Alle 20 Stationen sind eigentlich gleich aufgebaut: es gibt ein Bild, einen Erklärtext und danach ein kleines Quiz. Und zwar nicht nur auf Tschechisch, sondern auch auf Deutsch und Englisch. Hervorragend, da sollte sich die deutsche NPV in Sachen Mehrsprachigkeit mal eine Scheibe abschneiden. Und ebenfalls schön: die Fragen werden nicht, wie sonst immer üblich, schon im Text beantwortet, sondern da muss man echt nachdenken oder einfach raten. Wer also das Niveau deutscher TV-Quizfragen (“Doof bl..bt doof – Ich kaufe ein A”) gewohnt ist, der hat hier echte Nüsse zu knacken.
Hier lagen wir natürlich richtig.
Der Weg ist auf diesem Abschnitt durchgängig mit einem gelben Strich markiert und nicht besonders aufregend (ein bequemer Waldweg eben), aber doch landschaftlich schon sehr schön.
Mutige können auch schon nach wenigen Metern – zwischen den Stationen zwei und drei – nach links zur den Resten der Felsenburg Falkenstein aufsteigen. Dieser Aufstieg ist aber eine kleine Schinderei, und da der Fels auch noch recht nass war, haben wir uns das gespart.
Dafür wird der Weg etwa ab Station acht deutlich interessanter, jetzt folgen auch Treppen und Wurzeln. Und, ach je: der Weg ist zwar nicht steil, aber er zieht sich ganze Zeit nach oben.
An dieser Station sollte man das Alter des Baumstumpfes bestimmen – wir lagen daneben.
Schließlich erreicht der Weg – die ganze Zeit gelber Strich – eine breitere Forststraße, der wir nach rechts folgen. Hier findet sich Station zwölf, und wir verlassen den Lehrpfad mal kurz für einen Abstecher.
Eine weitere Straße, die Zufahrt zur “Balzhütte”, wird nur überquert, und immer noch dem gelben Strich gefolgt geht es ins Tal. Dort sehen wir dann nach kurzer Zeit schon einen Aufstieg mit einer Holzleiter vor uns – auf jener werden wir zurück kommen. Vorerst geht es aber nach rechts, und wir bezwingen die Enge Stiege. Das sind mehrere recht steile Eisenleitern, die in engen Felsspalten nach oben führen. Keine Bange, alles ist hervorragend abgesichert, an einigen Stellen gibt es sogar einen Handlauf.
Oben angekommen folgen wir einem sehr schön Pfad bis nur nächsten Abzweigung, dort halten wir uns links und steigen über besagte Holzleiter wieder ab. Womit sich eine Runde geschlossen hätte und wir uns zurück zu der asphaltierten Straße begeben und jener nach rechts zur Balzhütte folgen.
Die Balzhütte ist nicht eine Hütte, sondern ein ganzer Komplex aus solchen, die einst als fürstlicher Jagdsitz dienten. Heute beherbergen sie mehrere Gaststätten, was an dieser Stelle sehr willkommen ist – wir machen Rast.
Gut gestärkt und frisch gehopft geht es also zurück zu Station zwölf und dort dann weiter geradeaus auf breitem Waldweg. An einem sehr schönen Rastplatz finden wir Station 13, und hier beginnt schon unser zweiter Abstecher: wir wollen noch zum Rudolfstein. Also halten wir uns rechts und sehen schon bald den Felsen mit seiner netten Schutzhütte obendrauf vor uns.
Hoch geht es hier über eine wirklich schöne Steiganlage, die größtenteils aus eisernen Leitern besteht. Macht richtig Spaß.
Oben dann ein keines Schutzhüttchen und eine traumhafte Rundumsicht. Ein wenig Umsicht mit den Kurzen ist aber angezeigt, denn Geländer gibt es hier keine.
Also Aussicht genießen und wieder runter. Zurück am Rastplatz, an dem wir gerade abgebogen sind, geht es jetzt weiter geradeaus, dem roten Strich nach. Wir sind wieder auf dem Lehrpfad. Der Weg ist jetzt wirklich schön und abwechslungsreich, es geht über Treppen immer wieder hoch und runter. Schließlich erreichen wir den nächsten Höhepunkt, die Wilheminenwand. Wieder so eine wunderbare Aussicht, die uns sogar noch auf den übernächsten Höhepunkt, den Marienfelsen, blicken lässt.
Aussicht an der Wilheminenwand.
Auch hier gibt es eine Frage zu beantworten, nämlich: wer gab dieser Aussicht seinen Namen? Aber wer jetzt denkt, die möglichen Lösungen lauten: a) Wilhemine, b) Cindy, c) Rosalinde oder d) Kurt, der irrt. Die Antworten sind echt hinterfotzig formuliert, da kann man herrlich reinfallen. Aber mehr verrate ich nicht, einfach ausprobieren.
Weiter dem Weg gefolgt, erreichen wir Balzers Lager. Das ist ein großer Felsvorsprung, in dem auch ein paar mit Schnitzereien verzierte Bänke auf den Wanderer warten.
Und weiter geht es, immer noch roter Strich. Letzter Höhepunkt ist der Marienfels. Der Aufstieg hier hoch ist weniger schwierig als der auf den Rudolfstein und obendrein mit einem nagelneuen Holzgeländer gesichert. Oben dann schon wieder so ein Schutzhüttchen und schon wieder eine klasse Rundblick.
Die letzten Meter geht es dann recht steil und kniescheibenstauchend ins Tal, und dann haben wir den Ausgangspunkt auch schon wieder erreicht. Das waren nur runde zehn Kilometer, die aber wirklich Spaß gemacht haben.
Zum Schluss zählt das Handy dann zusammen, in unserem Fall 14 von 20 möglichen Punkten, und bietet gleich noch eine Urkunde zum Ausdrucken an. Upps, die ist dann, im Gegensatz zum gesamten Rest der Tour, doch in einem – nun ja – etwas gewöhnungsbedürftigen Deutsch formuliert.
Was will uns wohl der Künstler….
Fazit: ich finde die Idee einfach Klasse. Denn hier werden gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
- Man vermittelt Wissen, ohne den Wald mit Schautafeln (kennst du eine, kennst du alle) vollzustellen.
- Man bedient ohne großen Aufwand gleich drei Sprachen, weitere werden wohl noch dazukommen.
- Durch das Quiz kommt ein spielerisches Element mit rein, welches auch ein wenig motiviert.
- Und das eigentlich zuallererst: man erreicht die “Generation Smartphone”, die sich sonst einen Kehricht um all das kümmern würde.
Von den Tschechen lernen, heißt hier wohl siegen lernen. Mal sehen, ob so etwas demnächst auch auf deutscher Seite installiert wird. Aber mir schwant da etwas…. Lieber noch ein paar zusätzliche Kernzonenschilder aufstellen oder eine Schutzhütte schleifen.
Einen hab ich noch: meine Lieblingsfrage, bei deren Beantwortung ich herrlich daneben lag. Mal davon abgesehen, dass mir hier im Text zuvor mal wieder das Märchen von der Wiederansiedlung des Auerhahns erzählt wird. Aber dann…. Wer die Frage richtig beantwortet, dem spendiere ich bei der nächsten Tour ins Böhmische ein Pivo. Versprochen.
Ist die Leiter am Rudolfstein neu? An die kann ich mich gar nicht mehr erinnern …
Also ich kenne nur diese Leiter. Und wirklich neu sah die auch nicht aus. Vor rund zehn Jahren war ich das erste Mal dort, da war sie auf jeden Fall schon da.
Meiner Meinung nach ist Antwort 2 richtig ,
und für ein Märchen halte ich die Wiederansiedlung des Auerhahns nicht.
Hab mal in der Nähe der Silberwand seine Geräusche gehört,
klang so ähnlich:
http://www.jagd.bz/stimmen/mp3/auerhahn.mp3
Liebe Andrea, da haben sie sich wohl verhört. Definitiv gibt es schon seit sehr vielen Jahrzehnten keine Auerhähne mehr in der Sächsischen- oder Böhmischen Schweiz. Und die Geschichte von seiner geplanten Wiederansiedlung höre ich seit rund 15 Jahren, ohne das bisher auch nur eine Schwanzfeder gesichtet wurde. Es gibt schlicht keine solchen Projekte, die irgendwie spruchreif wären.
Die einzelnen Phasen des “Auerhahngesangs” bei der Balz heißen:
Knappen,Trillern,Hauptschlag und Schleifen.
Streberin! 🙂
“Knappen,Trillern,Hauptschlag und Schleifen”? Für mich klingt es, als wollte jemand eine alte BK antreten und hätte noch keine Zündkerzen drin:-)
Im Wald hätte ich es wohl für einen sehr müden Specht gehalten, hab sowas aber auch noch nicht gehört. Ich glaube auch noch nicht ans Huhn. Die praktische Waldstruktur stimmt jedenfalls derzeit noch nicht mit der theoretisch vom Auerhuhn bevorzugten überein. Aber wenn jetzt in Böhmen, wie man schon hörte, größere Waldflächen gerodet liegen, der Boden wärmer wird, heller und grüner und mit mehr Ameisen – dann wirds vielleicht noch was.
Wir waren zu zweit, als wir genau diese Geräusche hörten.
Einer allein kann sich vielleicht täuschen…..
Andrea und Heike liegen goldrichtig und haben somit ein frisch Gezapftes gut. Und ob der Auerhahn als solcher jemals wieder heimisch wird – warten wir es ab. Auf Krampf wird es auf jeden Fall nichts.