Irgendwie hatten wir heute keine Lust auf eine so richtig große Tour durch den Elbsandstein, aber ein wenig die Füße vertreten schon, und danach vielleicht auch noch bisschen Kultur, das könnte klappen. Weshalb es uns ins Erzgebirge zog, genauer nach Geising, wo man zwei Berge besteigen kann, ohne dabei endlos Kilometer zu meistern.
Oh Arzgebirg, wie bis du schieh….
Erfreulicherweise gibt es hier einige kostenlose Parkplätze, einer davon ganz in der Nähe des Bahnhofs. Wir laufen einmal quer durch den Ort, der wirklich wunderbar beschaulich in der Landschaft liegt. Erstes Ziel ist das Naturbad am Hüttenteich, und von hier sehen wir auch schon unsen ersten Gipfel: die Kohlhaukuppe. Es führen zwei gut ausgeschilderte Wege nach oben: einmal die Straße, die für normale Autos gesperrt ist aber der Versorgung der Bergbaude dient. Na ja, nicht so berauschend. Deshalb bei erster Gelegenheit rechts abgebogen, ausgeschildert ist der Gedenkstein für Anton Günther. Selbiger war ein, wenn nicht der, Heimatdichter des Erzgebirges, und seine Lieder und Gedichte sind auch heute noch richtig verbreitet in der Region. Kein Wunder, dass man solche Gedenksteine an vielen Orten findet.
Und: der Mann war natürlich ein erzgebirgischer Patriot, was man gut an solchen Zeilen ablesen kann:
Heil eich, ihr deitschen Brüder!
Grüß Gott viel tausend Mol!
Auf, singt deitsche Lieder,
deß rauscht ve Barg ze Tol.
Denn’s gilt ja onnrer Haamit
in alter deitscher Trei;
loßt’s weit in Land nei klinge,
deß mer Arzgebirger sei.
Deitsch on frei wolln mer sei,
on do bleibn mer aah derbei,
weil mer Arzgebirger sei!
Und ehe jetzt wieder jemand Zeter und Mordio schreit: nein, Anton Günther war kein Rechter, er hat sich bis zu seinem Lebensende auch vehement dagegen gewehrt, von den Nazis vereinnahmt zu werden.
Gut, weiter den Waldweg lang, bis wir zu einer breiten Schneise im Wald kommen. Hier geht es links hoch und knackig steil bis auf den Gipfel. Und auch wenn wir bisher kaum Kilometer zurückgelegt haben, so waren das bis hier hoch doch schon mal 180 Höhenmeter im Anstieg.
Oben erwartet uns ein Aussichtsturm und die Bergbaude. In selbiger verarbeitet man vor allem eine Zutat: Knoblauch. Was dem Berg denn im Volksmund den Namen “Knoblauchkuppe” eingebracht hat. Leider öffnet die Wirtschaft erst 11 Uhr, wir waren zu früh. Und so konnte ich denn weder ein Knoblaucheis noch ein Knoblauchbier verkosten – kein Witz, das gibt es dort. Bei einem früheren Besuch hatte ich aber mal einen Knoblauchschnaps probiert – es hat mich erst geschüttelt und dann gewürgt. Nie wieder. Aber die Würste, Steaks und Suppen hatte ich hervorragender Erinnerung.
Aussichtsturm auf der Kohlhaukuppe.
Von hier oben sehen wir jetzt auch schon unser zweites Ziel: den Geisingberg. Aber um den zu erreichen, müssen wir erst mal wieder runter. Auf jener breiten aber steilen Waldschneise, die wir teilweise auch schon heraufgekommen sind. Wir landen wieder im Ort.
Blick von der Kohlhaukuppe zum Geisingberg.
Den Berg behalten wir immer schön im Auge, dann können wir den Aufstieg gar nicht verfehlen. Wegezeichen sind blauer oder grüner Strich. Nun ja, wir waren im Wald die ganze Zeit völlig allein und haben uns weitere 225 Höhenmeter nach oben geschnauft. Oben dann aber wieder eine nette Gastwirtschaft und noch ein Aussichtsturm. Und plötzlich viele Menschen. Ein Blick in die Wanderkarte liefert die Erklärung: von Altenberg aus ist der Aufstieg um Längen bequemer zu machen.
Den Aussichtsturm sollte man auf jeden Fall besteigen (es sind 88 Stufen), denn von da oben reicht der Blick bei schönem Wetter bis weit ins Dresdner Tal und die Sächsische Schweiz hinein.
Blick auf Altenberg, gut ist die “Pinge” zu erkenne.
Zurück nach Geising, und auf der Rückfahrt noch im Glashütter Uhrenmuseum Station gemacht. Eine faszinierende Ausstellung, ein Staunen über die vielen großen und kleinen mechanischen Meisterleistungen. Und eine besondere Freude: ein besser erhaltenes Exemplar meiner eigenen Glashütter Uhr, die ich vor Jahren mal bei einer Fundsachenversteigerung für 18 D-Mark gekauft habe, wird in einer Vitrine gezeigt. Denn sie trägt ein seltenes Zifferblatt: “20 Jahre Nationale Volksarmee”. Dinge gibt es…
Danke für die Hommage an Günther Anton! Der Selbstmord begangen hat, weil er mit der Zeit nicht mehr klar gekommen ist. Sein Liedgut sollte uns heute (mehr, denn je) nachdenklich stimmen! Exemplarisch:
Der Lehrgong will übern Maaster sei,
der Togdieb macht es meiste Geschrei,
mer find nirgnst meh Zefriedenheit,
när Wucher, Schwindel, Haß on Neid.
Es Gald dos is en Volk sei Gott,
wos racht is werd verlacht, verspott,
der Tanzbuden is en Volk sei Kirch;
is dos e domm’s Gewürg.
Drüm na mer doch lieber enn Strick
sei lang on aah sei dick,
on hänge se in der Feierest nei
die fallische Politik;
denn die hot ons ben Genick,
die niedertrachtige, waggeschmissene,
fallische Politik!
Das kann sich heute so mancher (zumindest JEDER Politiker) hinter den Spiegel stecken!