Über die Johannespromenade, die Schmilka mit Herrnskretzschen (Hřensko) verbindet, habe ich ja hier schon mal geschrieben. Jetzt gab es aber einen guten Grund, den Weg mal wieder abzulaufen: am ganzen Sandsteinhang oberhalb von Herrnskretzschen haben sehr aufwändige Sicherungsarbeiten stattgefunden. Deshalb stellte sich die Frage: ist die Promenade noch begehbar? Und wie steht es um die Abstiege in den Ort runter? Natürlich sollte das Ganze in eine nette Tour eingebunden werden, und so sind wir dann noch einen Schlenker über Jonsdorf (Janov) gelaufen. Also folgen Sie mir.
Blick von der Johannespromenade.
Start ist in Schmilka. Vom großen Parkplatz folgen wie der einzigen abzweigenden Straße den Hang hoch. Und kommen zur Schmilkchen Mühle, die in den letzten Jahren mit enormen Aufwand saniert wurde. Hier ist jetzt alles wieder ganz chic, das alte Mahlwerk arbeitet gelegentlich noch, ein Biobäcker bietet leckeren Kuchen an, und in der Mühlstube kann man sich am selbstgebrauten Biobier verlustieren. Das schmeckt alles super, ist aber auch entsprechend teuer. Und gleich zu Beginn einer Tour schon Bier verklappen? Muss jeder selber wissen.
Wir gehen zumindest noch ein Stück die Straße hoch, das letzte Haus zur Linken ist eine Informationsstelle der Nationalparkverwaltung (ausgestopfte Tiere und Erklärbär-Tafeln). Nach rechts zeigt ein Wegweiser (gelber Strich) in Richtung “Großer Winterberg” und “Grenzweg”. Richtig gelesen, auf diesem kleinen Abschnitt ist der legendäre – und sonst grimmig gesperrte – Grenzweg ein erlaubter und ausgeschilderter Wanderweg. Ehe wir den erreichen geht es aber erst mal über uraltes Pflaster knackig den Berg hoch.
Oben dann rechts gehalten, wir sind auf dem Grenzweg und haben schon mal einen netten Blick auf Schmilka. Und auf ein recht merkwürdig aussehendes Geländer. Mein Opa hätte das als ein “Konstrukt” bezeichnet.
Der Weg steigt stetig, aber sehr moderat an. Und wenn das Geländer dann zu Ende ist, heißt es, scharf nach rechts spähen. Dort geht, im spitzen Winkel nach unten, ein Pfad ab. Merkwürdigerweise war der, im Gegensatz zu meinem letzten Besuch vor gut zwei Jahren, kaum noch zu erkennen. Aber er ist da, und wir dürfen ihn benutzen, weil wir uns noch ein Stück außerhalb der Kernzone befinden. Man sollte sich jetzt, um auf dem Pfad zu bleiben, an einem kleinen Bächlein (bei Trockenheit: Bachbett) orientieren und den Hang ein Stück abwärts folgen. An einer gut sichtbaren Furt kann man den Bach überqueren, und schon befindet man sich im Böhmischen. Umdrehen und dieses alte Grenzschild sehen, dann ist man richtig:
Merkwürdigerweise ist der Pfad, sobald man die Grenze überschritten hat, wieder hervorragend sichtbar. Für die extrem Gesetzestreuen unter uns sei jetzt angemerkt, das wir eine kleine Ordnungswidrigkeit begehen: auf einer Länge von rund 50 Metern führt der Pfad jetzt unmarkiert durch die tschechische Kernzone (1. Zona) und ist damit de jure gesperrt. Was aber selbst die Tschechen nicht zu interessieren scheint, denn Sperr- oder Hinweisschilder gibt es hier keine.
Und schon bald erreichen wir eine mächtige Buche, von der wir auch schon einen ersten Ausblick ins Elbtal haben. Die Kernzone ist hier schon wieder zu Ende und wir sind auf erlaubtem Weg unterwegs.
Der Pfad wird jetzt zu einem gut erkennbaren Weg, der immer an der Kante – mal näher, mal weiter weg – elbaufwärts führt. Deutlich kann man noch erkennen, dass das Ganze mal richtig aufwändig ausgebaut war: überall Reste von Befestigungen und Trockenmauern.
Wir sind jetzt also auf der Johannespromenade, die einst für Sommerfrischler angelegt wurde. Und es gibt eine wirklich gute Nachricht: vor zwei Jahren lagen noch hunderte gefällte oder umgestürzte Bäume über dem Weg, was ein Vorankommen mühsam machte. Und heute? Alles beräumt oder freigeschnitten! Große Klasse, und sicher eine Folge der Sicherungsarbeiten ein paar Meter hangabwärts.
Nach rund einem Kilometer teilt sich der Weg. Gehen wir rechts, können wir, zwischen zwei auffälligen Felsen, auf einem uralten Serpentinenweg zur Aussicht am Herrnhausfelsen absteigen. Was sich auf jeden Fall lohnt. Da es aber recht feucht war und Unmengen glitschiges Laub auf den Serpentinen lag, haben wir das diesmal ausgelassen. Bei trockenem Wetter aber unbedingt da lang gehen! Details hab ich hier beschrieben.
Zurück von dieser Aussicht gibt zwei Möglichkeiten: zum einen können wir bis zur Weggabelung zurückgehen und jetzt dem anderen (linken) Weg folgen. Oder aber wir kürzen ab und gehen einfach quer durch den Wald immer bergauf. Wir treffen dann wieder auf die Johannespromenade. Und legal ist das auch, dieweil man im böhmischen Nationalpark außerhalb der Kernzone ausdrücklich auch kreuz und quer durchs Unterholz laufen darf.
Die Promenade macht einen scharfen Knick nach links und führt jetzt, weiter oberhalb von Herrnskretzschen, von der Elbe weg. Und immer noch gilt: fast alle Stämme, die hier einst den Weg blockierten, sind weggeräumt. Klasse.
Liegt jetzt alles sauber am Wegesrand.
Schließlich gabelt sich auch hier der Weg: nach links ginge es ins Himbeergründel, und von dort aus entweder abwärts ans Ortsende von Herrnskretzschen oder aufwärts zu den Silberwänden. Wir gehen aber rechts auf den Heusteig. Uralte Stufen führen im Zickzack ins Tal. Bange Frage: der Heusteig führt direkt auf die riesigen Fangnetze zu, die hier angebracht wurden. Ist da überhaupt noch ein durchkommen? Es kann Entwarnung gegeben werden: die Netze sind so geschickt gebaut worden, dass sie den historischen Weg nicht berühren.
Noch ein paar Treppen und wir landen auf der Hauptstraße von Herrnskretzschen, direkt neben dem Hotel “Praha”. Von unten sehen diese letzten Meter aus, als führten sie nicht auf einen Wanderweg, sondern in den Hinterhof des Hotels. Da es auch keinen Wegweiser gibt, verirrt sich von hier nur selten jemand auf diesen Aufstieg.
Sieht nicht nach Wanderweg aus.
Kurzes Zwischenfazit: die Sicherungsarbeiten haben weder der Johannespromenade noch dem Heusteig geschadet. Ganz im Gegenteil, die Promenade ist jetzt besser zu begehen als vorher. Dafür ein dickes Lob.
Wir gehen aber jetzt auf der Hauptstraße ein Stück an der Kamnitz (Kamenice) entlang und überqueren das Flüsschen auf der nächsten Fußgängerbrücke. Gegenüber sehen wir dann, etwas zurückgesetzt und verdeckt von zahlreichen vietnamesischen Händlerbuden, ein pittoreskes Gebäude:
Nein, kein Märchenschloss, sonders das ehemalige Gaswerk von Herrnskretzschen. Und heute ein nobles Ferienhaus. Weshalb ein Schild “Stopp! Privat!” warnt. Sehen wir also schon von Ferne, dass das Haus bewohnt ist, so sollten wir wir hier Rücksicht nehmen. Links vom Restaurant “Falk” geht dann ein mit alten Sandsteinplatten gepflasterter Weg den Berg hoch, der uns am Gaswerk vorbei führt. Steht das Haus leer, kann man es sich aber ruhig mal ansehen und dann rechts ein paar Treppen aufsteigen, die wieder auf dem Pflasterweg enden.
Blick zurück: der Pflasterweg.
Wir kommen jetzt zu einem alten deutschen Friedhof. Bis vor wenigen Jahren war der noch komplett von Vegetation überwuchert und praktisch verschwunden. Jetzt hat man die Gräber und einige Grabsteine wieder freigelegt. Auch die Kapelle der Familie Clar – wohlhabende Holzhändler – steht hier. Zwar als Ruine, aber als schöne solche.
Wir überqueren den Friedhof und stehen auf einer Autostraße. Die gehen wir nur einige Meter abwärts und kommen zu einer ummauerten Aussicht: dem Unteren Bielhorn. Hier stand einst ein Kriegerdenkmal, von dem nur noch der Sockel übrig ist. Und ein Erklärbär informiert dreisprachig über den Ort, das Gaswerk, die Aussicht und die Familie Clar. Eine nette Aussicht auf Herrnskretzschen gibt es dazu.
Die Straße wieder ein Stück zurück, sehen wir zu unserer Linken schon einen Weg im Zickzack den Berg aufsteigen. Ein mächtiges Geländer ist nicht zu verfehlen.
Hochgeschnauft, stehen wir schon wieder an einer Aussicht: dem Oberen Bielhorn. Der Blick von hier ist eigentlich derselbe wie weiter unten, nur leider etwas zugewachsen.
Also kehrt gemacht und leicht links haltend einem Pfad gefolgt. Der ist jetzt mit einem grünen Strick markiert. Anfangs wirklich noch Pfad, geht es weiter bergauf.
Später wird der Pfad dann zu einem bequemen Waldweg, der uns, vorbei an einigen alten Bunkern der Schöberlinie, nach Jonsdorf (Janov) bringt.
Am Ortseingang gibt es Tassenkunst am Gartenzaun zu bewundern.
Und im Ort locken gleich mehrere Gasthäuser. Ich habe diesmal im Restaurant “Zum grünen Baum” (U Zeleného stromu ) mein knobliges Wunder erlebt. Dachte ich doch in meiner Einfalt, ich wäre Experte für böhmische Knoblauchsuppen. Aber was mir dort aufgetischt wurde – ohne Übertreibung, das hat mir Schweißperlen auf die Stirn gezaubert. Für die Harten unter uns: dringend ausprobieren!
Stark ausdünstend folgen wir ab jetzt von der Ortsmitte aus dem gelben Strich. Der Weg führt zunächst an einem gepflegten Teich vorbei, und an einer flügellosen Windmühle, die als Wohnhaus dient.
Ein Stück übers Feld, dann geht es nach rechts in den Wald. Es folgt der eher langweilige Teil der Tour: schnurgerade, teilweise mit Betonplatten ausgelegt, teilweise von Forstmaschinen zerfahren, geht es da lang. Eher öde.
Dann aber zweigt der Weg nach links von der Forststraße ab, wird schnell zum Pfad und führt in einigen Kehren recht steil bergab. Wir landen an der letzten Aussicht des Tages, dem Elisalexfelsen.
Von hier hat man wieder einen netten Blick auf Herrnskretzschen, auf den Herrnhausfelsen gegenüber und auf die fetten Fangnetze überall am Hang.
Noch ein paar Kehren mit wurmstichigem Geländer und eine kürzlich erneuerte Treppe abwärts, und wir stehen wieder an der Hauptstraße von Herrnskretzschen. Wer will,kann jetzt erst mal rechts gehen, die Auslagen der vietnamesischen Händler bewundern oder in einem der zahlreichen Lokale einkehren. Den Rückweg treten wir zumindest einfach entlang der Straße an und sind nach einem knappen Kilometer wieder in Schmilka.
Fazit: etwa 17 Kilometer. Die Johannespromenade ist Klasse, die Aussichten schön. Lediglich der schnurgerade Forstweg zum Ende hin langweilt ein wenig. Und die Knoblauchsuppe schmecke ich jetzt noch nach.
Zum nachwandern:
Sehr interessant. Wir waren gestern in Janov, sind aber direkt von Hrensko hoch gestiegen und machten Rast am Teich mit dem wackelnden Wassersteg Nähe der Windmühle. Auf der Wiese zuvor entdeckten wir ein flaches Gewächs – grün mit weißer Äderung – von dem wir nicht wissen, was es ist. Auch googeln hilft nicht. Vielleicht ist es ein Fremdling. Sonst gab es auf der Wiese viel wilde Kamille und gegenüber dieser Wiese ein Feld mit einer Pflanze, die wie Hirse aussah. Wir rätseln noch.