Die Wanderbuslinie 217 ist eine segensreiche Erfindung. In der Saison fährt die von Königstein oder von Pirna, immer über Peterswald, Tyssa und Schneeberg (Petrovice, Tisá und Sněžník). Es werden sogar Fahrräder kostenlos mitgenommen. Weitere Infos und Fahrplan dazu HIER.
Eine feine Gelegenheit also, mal gleich drei verschiedene Wände, das Reich des Himmels, eine Gedenkstätte und einen wahrlich beeindruckenden Felsenturm kennenzulernen. Zwischen „ganz viele Mitwanderer“ und „ganz allein im Wald“ ist dabei alles drin. Neugierig geworden? Dann mir nach.
Wir fahren bis zur Haltestelle am Kulturhaus von Tyssa (Tisá, kult.dům). Dort gibt es auch einen großen Parkplatz. Und in Sichtweite schon die Kirche der heiligen Anna. Gleich dahinter geht es den Berg hoch, vorbei an einem Denkmal für die Opfer des ersten Weltkriegs.
Und schon stehen wir am Kassenhäuschen der Tyssaer Wände (Tiské stěny). Ja, hier wird Eintritt verlangt, schon so lange, wie meine Erinnerungen zurückreichen. Man blecht für Erwachsene 50 CZK, für Kinder 25 CZK. Euro werden akzeptiert, aber keine Karten. Zum Eintrittsgeld gibt es auch noch einen Lageplan mit den Namen all der Felsgebilde. Die sind zwecks besserer Auffindbarkeit dann auch noch vor Ort mit Nummern beschriftet.
Der ausgeschilderte Rundgang gleicht einer auf der Seite liegenden Acht, wir gehen zunächst den linken Teil. Markiert ist der mit einem grünen Schrägstrich, zudem gibt besagte Nummern am Fels. Verlaufen also unmöglich. Dafür schon hier jede Menge mehr oder weniger bizarre Felsgebilde und schöne Aussichten.
Wir sind jetzt einen Kreis (besser: ein Ei) gelaufen und kommen wieder am Eingang (am Schnittpunkt der Acht) raus. Von den zwei Wegen, die jetzt weiterführen, nehmen wir den linken. Was soll ich groß erzählen: tolle Felsen, ein paar Treppen und Leitern. Einfach dem Plan folgen, sich Zeit nehmen, auch mal umschauen und den Kopf in den Nacken legen.
Und jetzt Obacht: am östlichsten Punkt der Wände geht der markierte Weg nach rechts weiter – das sparen wir uns auf für später. Nach links dagegen zeigt ein Wegweiser zum Gasthaus “Touristenbaude” (Turistická chata). Dem folgen wir mal. Wer schon ein Hüngerchen hat… Ist aber eigentlich zu früh, wir gehen erst mal weiter.
Hinter dem Wirtshaus ist ein Schotterparkplatz. Und von dem (oft verdeckt durch parkende Autos) geht ein unscheinbarer Pfad nach links ab. Dieser hier:
Dieser Pfad führt uns jetzt immer unterhalb der Bürschlitzer Wände (Bürschlické stěny) entlang. Die Felsen hier brauchen sich nicht vor denen in Tyssa zu verstecken. Es gibt aber keinerlei Markierungen am Weg, und schon gar kein “Wandern nach Zahlen”. Dafür aber große Ruhe und so gut wie keine Mitwanderer.
Es gibt auf dem Pfad immer wieder Abzweige und Gabelungen. Zur Orientierung gilt deshalb: die Felswände immer schön zur Rechten behalten und nicht zu weit davon wegkommen.
Und so kommen wir fast ohne erkennbaren Übergang in die Raitzaer Wände (Rájecké skály). Tolle Formationen wie gehabt. Und mein ganz spezieller Fetisch in diesem Gebiet. Denn schon aus einiger Entfernung sehen wir den Falkenturm (Sokolí věž).
Um ihn in seiner vollen Pracht zu sehen, gehen wir kurz zuvor nach rechts und krabbeln durch dieses Loch:
Und gleich danach wieder links. Nach wenigen Schritten stehen wir vor diesem Prachtexemplar von einem Felsen. Löchrig ist er wie Schweizer Käse. Und steht nur auf einigen Sanduhren. Ich kann mich nicht satt sehen.
Na ja, irgendwann haben wir uns dann doch satt gesehen. Wir gehen ein paar Meter zurück (bis zum Loch) und bemerken dort schon einen Abstieg in einen Talkessel.
Unten angekommen: jede Menge steile Wände ringsum. Kopf mal wieder in den Nacken!
Nach links folgen wir einem Pfad, der uns zunächst zu einem ausgesprochen windschiefen jagdlichen Anstand führt.
Und später auf einen bequemen Hauptwanderweg trifft, dem wir nach rechts folgen (rote und grüne Markierung). Der Weg geht direkt an der Grenze lang, Grenzsteine inklusive.
Wir passieren zunächst einen hübschen Rastplatz. Gleich danach biegt ein gelb markierter Weg nach rechts ab. Wer schon fußlahm ist, kann den nehmen, er führt ohne Anstrengung wieder zur “Touristenbaude”. Alle anderen folgen ab jetzt der roten Markierung geradeaus. Der Weg wird zum Hohlweg.
Und endet im Örtchen Eiland (Ostrov). Hier gibt es Verpflegung in der Gastwirtschaft am Zeltplatz oder im (recht feinen) Hotel.
Immer noch kein Hunger? Dann, mit Blick aufs Zeltplatz-Wirtshaus, nach links abgebogen. Vorbei an Schafen und an einem kleinen Teich.
Der Weg ist weiterhin grün markiert und heißt Fabriksteig. Dieweil die Einwohner von Eiland ihn ehedem für ihren täglichen Arbeitsweg in die Hosenknopffabrik (!) von Tyssa benutzten. Wenn wir jetzt auf uraltem Pflaster steil und ziemlich schnaufend aufsteigen, werden wir das zu würdigen wissen.
Der Weg führt schon wieder durch ein wunderbares Felsgebiet namens Himmelreich. Immer schön umsehen!
Mittendrin versteckt sich ein Gedenkplatz für tödlich verunglückte Kletterer. Bei unserem Besuch war der Fähnchen geschmückt, beschriftet in einer mir unbekannten Schrift und Sprache. Vielleicht weiß ja einer der Leser mehr.
Wir steigen weiter auf uns finden uns schließlich wieder an der Touristenbaude ein. Jetzt aber endlich einkehren. Denn trotz der Lage mitten im touristischen Epizentrum geht es hier bodenständig und preiswert zu. Obendrein ist die Bedienung freundlich und flott. Klare Empfehlung.
Wohlgestärkt und aufgehopft können wir jetzt den verbleibenden Teil des Rundweges auf den Tyssaer Wänden angehen. Der führt immer an der Felskante lang und bietet so noch ein paar herrliche Aussichten.
Zurück am Kassenhäuschen können wir jetzt einfach Richtung Parkplatz / Bushaltestelle absteigen. Oder auf halben Weg noch einen kleinen Pfad nach links gehen, der immer am Fuß der Wände entlangführt und so einen Blick nach oben gestattet. Dieser Pfad endet dann an der Dorfstraße, auf der es endgültig zurück geht.
Fazit:
Recht bescheidene 13 Kilometer. Aber derart viel zu sehen, dass es seine Zeit braucht. Kaum Anstrengung. Deshalb eine echte Genusstour und einer meiner Favoriten.
Zum Nachwandern:
Die Bürschlitzer Wände (Bürschlické stěny) und Raitzaer Wände (Rájecké skály) stehen schon ganz lange auf meiner Liste und auf dem Parkplatz habe ich schon oft geparkt. Aber der Pfad ist mir noch nie aufgefallen. In einer Woche bin ich zum Urlaub dort…. 🙂
Die Touristenbaude ist sehr zu empfehlen hatte aber zumindest letzten Herbst an Wochentagen fast immer geschlossen (sehr kreative Öffnungszeiten und nicht wirklich vorhersehbar, wann offen und wann nicht). Im Sommer gibt es dort je nach Andrang auch Outdoor Verköstigung frisch vom Grill und lecker Bier.
Ich bin den Pfad durch die Bürschlitzer und Raitzaer Wände Anfang November 2024 gegangen – danke für die Wegbeschreibung!
Den GPX-Track hatte ich nicht, deshalb kam mir der breite Weg im Tal, auf den es mich immer “magisch hinzog”, irgendwie falsch vor, und ich bin immer wieder weglos bis zu den Felsen hochgestiegen, wo dann auch immer ein schmaler Pfad zu finden war. Inzwischen habe ich den GPX-Track und sehe, dass dieser genau auf dem breiten Weg unten verläuft, den ich vermeiden wollte. Der Track ist doch sicher nicht die tatsächliche Aufzeichnung der Tour, sondern eine grobe Planung, wo’s lang gehen soll – oder?
Ich würde mal die Wegbeschreibung so ergänzen: Immer oben bleiben, auch wenn gerade keine Felsen zu sehen sind – da kommen irgendwann schon wieder welche, und die sind dann auf jeden Fall oben.
Beim Falkenfelsen bin ich eine Etage zu hoch angekommen und musste deshalb nicht durch das Loch nach oben krabbeln. Dafür ging’s auf einem schmalen Sims unter einem Überhang durch. Vorsicht, da kann man ein paar Meter runterpurzeln! Den Rucksack musste ich vor mir herschieben.
Die Strecke ist eine wunderbare Alternative zu einem Stück Forststeig, der in diesem Bereich ein paar hundert Meter westlich auf einem Hauptweg verläuft.