Das ist eine kleine, aber feine Runde im Böhmischen. Ganz am Anfang genießen wir eine Aussicht, die wir nicht vermuten würden. Sodann sehen wir ein Tal, welches es in der Topliste der Täler im Sandstein ziemlich weit nach oben schaffen dürfte. Dann passieren wir noch diverse Kleindenkmäler im Wald und am Wegesrand. Um schließlich zum Ende durch einen geheimnisvollen Graben zu laufen, über dessen ursprünglichen Zweck selbst fleißige Heimatforscher nur die Schultern zucken können. Also los.
Ursprünglich hatte ich nur dieses Video auf einigen sozialen Plattformen geteilt, welches das Gewimmel am Fußweg zum Prebischtor zeigt. Mit der Bemerkung, dass wir uns in eine stillere Ecke verkrümelt haben. Worauf natürlich Anfragen kamen, wo diese denn sei. Wohlan:
Die Runde beginnt in Rennersdorf (Rynartice). Dort gibt es am Hotel Zámeček (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Kultladen bei Hoheleipa) öffentliche Parkplätze.
Direkt am Parkplatz sehen wir einen unscheinbaren Hügel vor uns: den Kreuzberg. Wirklich unscheinbar, aber gehen wir ruhig mal hoch. Ausgeschildert ist da nichts, aber man sieht deutlich ein paar Pfade über die Wiese laufen. Schon vom Weitem sehen wir auf dem Gipfel, warum der Berg so heißt, wie er heißt.
Sind wir dann oben und sichten den Fernblick, dann klappt die Kinnlade runter: so einen umfassenden Rundblick hätte man hier nicht vermutet. Genießen! Ein Bänkchen steht auch bereit.
Wir gehen – nachdem wir uns satt gesehen haben – wieder nach unten bis zur Hauptstraße durch den Ort. Auf der ein paar Meter nach rechts, ehe die Markierung “Blauer Strich” nach links abbiegt. Zunächst geht es in eine Wiesensenke. Dort können wir uns umdrehen und den Kreuzberg noch mal von der Ferne sehen.
Am Waldrand angekommen, zieht sich der Weg jetzt in ein paar Serpentinen und ein wenig stoppelig nach unten. An einer Felswand grüßt der Heiland.
Schließlich sind wir unten angekommen. Der Kreibitzbach (Chřibská Kamenice) schlängelt sich gar lieblich dahin. Wir sind im Paulinengrund (Pavlínino údolí). Wir biegen nach rechts ab und folgen jetzt dem roten Strich.
Über einige Brücken windet sich der Weg durchs Tal. Wasser, Kühle, bizarre Felsen an den Hängen, wenige Mitwanderer –was will man mehr. An einer besonders schönen Stelle weicht der Weg ein paar Meter nach oben auf eine ausgeschlegelte Felsengalerie aus.
Schließlich überqueren wir ein kleines Wehr und sehen dann zur Linken diesen Abzweig:
Hier beginnt ein kleiner Rundweg, den wir auf jeden Fall mitnehmen sollten. Es geht einmal rund um den Paulinenteich. Zunächst über einen Steg. Links von dem sehen wir die Najadenhöhle (Rusalčina jeskyně), die wir leider nicht erkunden können, weil sie immer unter Wasser steht.
Sodann umrunden wir den Teich im Uhrzeigersinn. Die Ruine, die wir dabei sehen, steht da, wo einst die Grieselmühle stand. Später war das eine Garnspinnerei, noch später eine Freiluftschule. Heute nur noch Gammel. Macht aber nichts, der Rest der Landschaft ist wunderbar. Ein paar Ruhebänke gibt es auch.
Das letzte Stück des Rundweges führt durch einen Tunnel. Der war früher ein Teil des Mühlgrabens. Heute liegt er trocken, wir können auch noch ein paar alte Inschriften entdecken.
Schließlich gelangen wir wieder auf den Hauptweg, halten uns links und kommen zum Freibad von Dittersbach (Jetřichovice). Dort nehmen wir die befestigte Straße und steigen auf. Schon bald stehen wir an einem Rastplatz mit dem Grieselkreuz. Welches erst vor kurzem ziemlich aufwendig saniert wurde und jetzt auch seine deutsche Beschriftung wieder hat.
Hüngerchen? Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste: hier am Rastplatz den Rucksack plündern. Die zweite: den zahlreichen Wegweisern ins Tal nach Dittersbach folgen, dort gibt es eine Menge Gasthäuser. Dabei aber nicht nur den Geist mit Bier und Knoblauch füllen, sondern auch mal nach rechts schauen. Da findet sich am Fels diese kleine Andachtsnische.
Wer also eingekehrt ist, der geht gestärkt zum Grieselkreuz zurück, wer gleich dort geblieben ist, na, der ist eben dort. Unser aller Weg beginnt jetzt als breite Zufahrt zu den schicken Wochenendhäusern, die wir schon sehen. Er schlängelt sich einmal durch die kleine Siedlung und geht dann, leicht ansteigend, in den Wald.
Und zeigt jetzt schon ein paar Merkwürdigkeiten: Felsdurchbrüche und ein augenscheinlich von Menschenhand geschaffener Damm deuten darauf hin, das dieser Weg einst eine besondere Bedeutung gehabt haben muss.
Durchbruch und Damm
Das ist aber noch gar nichts im Vergleich zu dem, was jetzt kommt: zunächst ein Bild vom heiligen Nepomuk (der hier auch nicht weiter hilft), dann eine in den Stein geschlegelte Rinne. Übermannshoch, mit einer Art Abstufungen an den Seiten. Steinerne Rinne ist denn auch die wenig aufschlussreiche Bezeichnung, die man dafür gelegentlich findet.
Sämtliche Erklärungsversuche gehen irgendwie ins Leere. Für den Holztransport, das wäre ja naheliegend, gab es viel einfachere und effizientere Möglichkeiten: hölzerne Rutschen, sogenannte Huschen. Für Wagen oder Karren stellt die Rinne eher ein Hindernis dar. Sandstein wurde in der Gegend nie abgebaut. Und als Wasserleitung würde sie im Nichts beginnen und im Nichts enden. Bleibt wohl nur noch die Erklärung eines Wanderfreundes: es handelt sich um eine mittelalterliche Sommerrodelbahn!
Wir finden auch noch eine eingeschlegelte Jahreszahl und ein paar Sitznischen. Was uns aber auch nicht klüger macht.
Unter Grübeln erreichen wir so wieder Rennersdorf. Ein kleines Stück durchs Dorf, es gibt wieder schmucke Ferienhäuser zu sehen. Eigentlich nur Ferienhäuser, denn der Ort hat gerade mal 30 ständige Einwohner. Wieder an der Hauptstraße angekommen sehen wir noch einen Gedenkstein für die Opfer des Ersten Weltkrieges…
…und erreichen alsbald wieder unseren Ausgangspunkt am Hotel.
Fazit: Das waren noch nicht mal neun Kilometer, und auch die Höhenmeter hielten sich in Grenzen. Ideal für einen Nachmittag. Zumal es am Wegesrand wirklich viel zu sehen gibt. Ideal bei schwerem Auflauf an anderer Stelle – siehe das Video am Anfang – denn hier kann man die Mitwanderer zählen.
Zum Nachwandern:
Noch eine kleine Ergänzung von mir: Wer auf der Suche nach einem Gasthaus den Weg hinunter ins Dorf scheut, kann sich auch am Kiosk am Freibad/Zeltplatz stärken. Das liegt praktisch auf dem Weg und kühles Bier gibt es hier auch. Falls man dann die Badehose nicht vergessen hat, steht auch einer Abkühlung im Schwimmbecken nichts im Wege!
Wunderbare Tour ! Zu der rätselhaften “steinernen Rinne” möchten
wir aber doch noch einen Erklärungsversuch liefern. Erstens:Es ist doch
zu vermuten, dass hier einst schmale Karren mit Maultieren, Eseln etc.
durchgefahren sind. Wenn man sich die Rinnen genau ansieht, erkennt
man, dass sie einmal im oberen Teil ausgeschlägelt sind, dann kommt
ein schmaler Absatz und dann wieder ein Stück abgeschlägelter Fels.
Die Rinne ganz unten ist dann tatsächlich durch Abnutzung (Räder und
Wasser )entstanden. Hierzu ist folgendes anzumerken: An der
Regensteinmühle im Harz (Stempelstelle Nr. 82) gibt es eine ganz
ähnliche Felsenrinne. HIER ist sogar ein Hinweisschild angebracht, dass
das schmale Sims in der Mitte der Rinne für den Maultierführer
gedacht war, der sozusagen dann etwas oberhalb nebenher-
gegen konnte. Ich schicke die Bilder gesondert mit, das könnte dann
hier mit eingebastelt werden. Es gibt übrigens (von unten kommend)
RECHTS neben der oberen großen Rinne (Böhmen) auch
noch ein etwas kleineres Exemplar, das könnte sogar eine
Ausweichmöglichkeit gewesen sein. Haben wir auch nur
durch Zufall entdeckt, weil es nach einem Regenguß nass und
sehr rutschig war und wir (allerdings von oben kommend)
außenrum gehen wollten. Es gibt halt immer noch etwas
Neues im Böhmischen zu entdecken!!!
Wunderbar Wanderbärin! Heute auch auf die steinerne Rinne am Regenstein gestoßen und die Ähnlichkeit zu dieser bei Jetřichovice ist augenfällig. Nun im Harz besteht hinsichtlich der Erklärung wohl kein Zweifel.
Wir haben die Runde heute auch einmal gemacht. Die Rinne wollten wir schon lange mal “besuchen” und der Paulinengrund ist immer wieder schön. Wir haben den oberen Teil mit den Flussquerungen mit eingebunden. Durch die Niederschläge war aber recht viel Wasser zu durchwarten.
Schön wars 🙂