Die klassische Prebischtor-Runde

Ich trage gerade einen ganzen Schwarm Eulen nach Athen. Denn diese Runde ist in jedem, wirklich jedem Wanderführer beschrieben. In ihren zwei Varianten (ein oder zweimal Kahn fahren). Ich habe mich für einmal Kahnfahren entschieden. Man kann diese Runde an drei Startpunkten beginnen (Herrnskretzschen, Rainwiese oder Stimmersdorf) und in beide Richtungen durchführen. Nur eines vorweg: wirklich allein ist man hier nie, außer am Prebischtor selbst, wo schweres Begängnis herrschte, habe ich die Mitwanderer aber nie als störend empfunden. Also, aller Jubeljahre kann man sich das mal gönnen. Da die Runde selbst aber wirklich ausreichend oft beschrieben wurde, will ich mich auf ein paar Bemerkungen entlang des Weges beschränken.

2016-05-29 14.28.43 Das Prebischtor als Krönung.

Beginnen wir also in Rainwiese (Mezní Louka). Hier gibt es einen riesigen Parkplatz, die Gebühren sind mit vier Euro für die Tageskarte happig, aber an anderer Stelle rund um diese Tour auch nicht billiger. Prebischtor und Gabrielensteig sind ausgeschildert, zunächst geht es über unangenehmen Schotter, der aber schon bald einem angenehmen Waldweg weicht. Am Rande sehen wir den Beginn eines neuen Lehrpfades, des “Luchssteiges”. Sieht sehr liebevoll aus, den muss man man also demnächst mal ausprobieren.

DSCN3524 Luchssteig

Obendrein ist auch der ganze Gabrielensteig als Lehrpfad gestaltet, hier erklären Fürstin Elisalex von Clary-Aldringen und ein neuzeitlicher Nationalparkranger Besonderheiten am Wegesrand.

DSCN3540 “Wollen wir uns den Uhu braten?” – Aber klar, mit Knödeln!”

Vor allem ist der Weg aber wirklich schön. Nicht übermäßig ausgebaut, trotz der vielen Besucher. Rechts gibt es jede Menge herrlicher Felsen zu bewundern, links dagegen sind die Aussichten wegen der dichten Bewaldung eher eingeschränkt.

An einer Kreuzung sehen wir eine alte Wegesäule. Alt? Nein, die ist neu, genauer aus dem Jahre 1993. Und ein Ersatz für die ursprüngliche Säule, die hier bis 1945 stand. Auf der neuen Säule hat man geflissentlich den Hinweis weggelassen, dass es nach rechts in den Großen Zschand auf deutscher Seite ginge. Diese historische Verbindung gilt nämlich unter den Verfechtern der reinen Nationalparklehre als gesperrt – und wird dennoch oft und gern genutzt.

DSCN3530 Da fehlt eine Richtung.

Im weiteren Verlauf erfreut der Weg mit ein paar Treppen, schönen Felsen, vielen bizarren Wurzeln und dann sogar noch mit einer kleinen Aussicht.

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2016-05-29 12.28.532016-05-29 12.30.28 Aussicht am Gabrielensteig.

Nach etwa sechs Kilometern wunderbaren Waldweges erreichen wir also das Prebischtor. Hier ist es mit der Ruhe vorbei. Aber eines muss man dennoch sagen: die Felsbrücke ist schon ein gigantischer Anblick.

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Für das Areal muss man einen Eintritt berappen (Erwachsene drei Euro, Kinder einen). Gleich links hinter dem Kassenhäuschen geht es über hässliche Betonstufen mit einem historischen Schnörkelgeländer aufwärts zu zwei Aussichtspunkten: oben rechts der Edmundstein, oben links der Kreuzstein. Beide lohnen sich, vom Kreuzstein aus schaut man direkt auf das Tor und auf den vorgelagerten Kleinen Prebischkegel.

DSCN3563 Blick vom Edmundstein.

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Panorama vom Kreuzstein.

DSCN3571 Kleiner Prebischkegel.

Auf dem Weg zu den Aussichten sehen wir auch die Fundamente einer Brücke, die früher auf das Tor führte. Dieses darf man allerdings schon seit 35 Jahren nicht mehr betreten, die Brücke wurde abgebrochen.

DSCN3564 Brückenreste

Eine Einkehr hier oben, im pittoresken Hotel “Falkennest” lohnt weniger, hier ist alles auf die Schnellabfertigung von Touristenströmen ausgelegt. Aber ein Kaltgetränk kann man sich getrost gönnen.

Was ist mir noch aufgefallen? Im Obergeschoss des “Falkennest” findet man jetzt eine kleine Ausstellung mit schönen Landschaftsfotos aus der Böhmischen Schweiz. Gut so. Der frühere Zugang zum Alten Fremdenweg ist jetzt gleich doppelt verrammelt, noch vor der alten “Klobude” steht jetzt eine weitere Panzersperre. Dieser Weg wird wohl nie wieder begehbar sein. Schlecht so.

DSCN3562 Neue Barrikade.

Und obendrein: Gutmenschenhände, beschmieren Tisch und – nein nicht Wände, aber Geländer:

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OK, wir verlassen das Prebischtor und begeben uns jetzt auf dem Pelagiensteig ins Tal. Nach wenigen Metern zweigt nach links ein Pfad zur Höhle der böhmischen Brüder ab. Ein großer Felsüberhang, drin liegt ein kreisrund bearbeiteter Stein – sieht aus wie ein Opfertisch.

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Der Pelagiensteig – im weiteren Verlauf heißt er auch Langer Grund – windet sich jetzt in langen Serpentinen ins Tal. An einer Stelle warnt uns ein Extraschild noch einmal davor, hier in der Kernzone des Nationalparks die Wege zu verlassen. Genau an dieser Stelle begann einst die Olgastiege, welche die längste der Serpentinen abkürzte. Weitere Forschungen lohnen aber nicht, von der Stiege ist rein gar nichts mehr übrig als ein steiler Hang. Dafür erklären aber gleich zwei Tafeln den Namen dieses verschwundenen Weges: eine Fürstin namens Olga Chotkova ist hier 1872 vom Pferd gestürzt. Aha, na, wenn man China überall dort, wo ein Sack Reis umgefallen ist, eine Gedenktafel anbringen wöllte….

DSCN3580DSCN3581 Olga fiel vom Pferd.

Gut, wir landen jetzt an der Straße, die uns nach Herrnskretzschen (Hřensko) bringt. Jahrzehntelang musste der Wandermann dieses Strecke auf der gut befahrenen Straße zurücklegen, was ärgerlich war. Jetzt ist in kurzer Bauzeit ein durchgehender Fußweg neben der Straße entstanden. Wurde Zeit und ist sehr erfreulich.

DSCN3585DSCN3586 Neuer Fußweg.

In Herrnskretzschen geht es dann gleich links in die Kamnitzklammen. Wieder ein wunderbarer Weg, der dem engen Felstal abgetrotzt wurde.

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Wir erreichen die Bootsstation in der Edmundsklamm und schiffen uns ein. Auch hier zahlen Erwachsene drei Euro, Kinder einen solchen. Die Fahrt ist rund einen Kilometer lang, und der Gondoliere erzählt zweisprachig über die Bedeutung der Felsen ringsum. Das heißt, er deutet verschiedene Gesichter, Tiere oder ähnliches in deren Aussehen. Auf halber Strecke gab es auch mal einen Wasserfall, der mittel eines Mechanismus ausgelöst wurde. Der liegt derzeit trocken, es wird gebaut.

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Nachdem wir das Boot wieder verlassen haben, finden wir in einem Talkessel ein weiteres Häuslein, welches einen Imbiss und eine kleine Ausstellung zum Nationalpark enthält. Sieht hübsch aus, wie sich das Gebäude so an den Fels schmiegt.

DSCN3609 Imbiss und Ausstellung.

Dann geht es noch über ein paar Galerien und auch durch ein paar Tunnel weiter bis zur Stimmersdorfer Brücke. Wer hier geradeaus geht, kommt zur zweiten Bootsfahrt in der Wilden Klamm. Wir aber überqueren die Brücke und erklimmen den Stimmersdorfer Steig.

DSCN3617 Stimmersdorfer Brücke.

Gleich zu Beginn des Weges gehen links ein paar Stufen herunter zu einem kleinen Altarbild, welches erst vor wenigen Jahren wieder freigelegt wurde. Ich kann mir die Darstellung nur nicht so recht erklären, denn von Pädophilen ist in der Bibel ganz sicher keine Rede. Also deute ich es mal als Joseph mit dem kleinen Jesus. Wer in der Ikonographie besser bewandert ist, möge mich belehren.

DSCN3619 Was ist hier dargestellt?

Der Weg windet sich jetzt in vielen Kehren aufwärts. Das kann ganz schön an die Kondition gehen. Kurz bevor wir den Wald verlassen, sehen wir noch eine Gedenktafel für den Holzhändler Johann Clar und einen Baum, der uns den Stinkefinger zeigt.

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Der Weg tritt aus dem Wald heraus und geht jetzt über freies Feld immer noch steil bergan. Das kostet vor allem in Sommer ordentlich Schweiß. Aber zum Glück steht genau am Ende des Weges ein Wirtshaus, welches mit kühlen Erfrischungen lockt.

DSCN3626 Rettung

Unterhopfung in letzter Minute verhindert, und wir gehen auf der Dorfstraße von Stimmersdorf (Mezná) nach rechts. Dort lauert schon der schwarze Schnitter auf unsere finsteren Seelen.

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Wir bleiben auf der Straße – es herrscht so gut wie kein Verkehr – und kommen noch zu einem Kriegerdenkmal aus dem ersten Weltkrieg. Die deutschen Namen hier hat man auch erst vor wenigen Jahren rekonstruiert, nachdem sie nach 1945 abgehackt wurden. Einer dieser Namen dürfte dem braven Ostdeutschen recht bekannt vorkommen. Talkum und Stethoskop bereithalten!

2016-05-29 18.05.42 Den kennen wir doch…

Noch ein Kilometer auf der Straße, und wir landen wieder in Rainwiese auf dem großen Parkplatz.

Fazit: rund 19 Kilometer. Zwar nie ganz allein, aber wirkliches Gewimmel nur direkt am Prebischtor. Wirklich wunderbare Natur und viel zu entdecken am Wegesrand. Alle paar Jahre sollte man sich das gönnen.

Zum Nachwandern:

42352cookie-checkDie klassische Prebischtor-Runde

7 Gedanken zu „Die klassische Prebischtor-Runde

  1. Brückenlager am Prebischtor
    Vor ca. 25 Jahren muss es diese Brücke noch gegeben haben. Ich kann mich daran erinnern, das ich damals, als ich vom Tor hinunter zum Falkennest wollte, über eine Brücke musste. Genau in der Mitte war ein Gittertor, um das man sich aber ganz gut seitlich herum hangeln konnte.

    1. Stimmt, wo Du es jetzt sagst, das Bild hatte ich auch mal gesehen:
      Mitten auf der damals noch existierenden Brücke war ein Tor mit “Umkletterungsabweiser”. Wir waren (aus Richtung Webergrotte kommend) auf der östlichen Seite. Ich kann aber nicht mehr nachvollziehen, ob das vor oder nach der Wende war. Zumindest stand damals an der Webergrotte noch die Leiter.
      Das Betreten des Tores war bereits verboten, aber die Brücke existierte damals noch.

  2. 1967 bin ich das erste Mal auf(!) dem, nicht nur am(!), Prebischtor gewesen. Damals gab’s noch gutes tschechisches Essen im Falkennest. Das nächste Mal war ich 1982 dort, die Brücke stand noch, man konnte auch noch zum Prebischtor gehen. Das Tor selbst war abgesperrt. Das Essen war nach wie vor das, was man in Tschechien erwartet. Dann war ich Mitte der 1990er nochmal dort, die Brücke war bereits abgerissen, das Essen Fastfood. Seitdem meide ich das Prebischtor.
    Der Zugang aus der Weberschlüchte war mir erst Mitte der 1980er klar, auf den DDR-Wanderkarten war ja an der Grenze Schluss mit Geländedarstellung.

    Dass der Gabrielensteig unterhalb der Flügelwand ein Geländer hat ist mir neu. Ich kenne dieses Wegstück noch mit phantastischer Aussicht; heute dürfte man in den Wald schauen.

  3. Zu der ehemaligen Brücke zum Prebischtor kann ich auch was beisteuern. Ich habe sie Ende September 1991 begangen. Wegen dem geschlossenem Tor mit “Metallstacheln” in der Brückenmitte standen wir etwas unschlüssig herum, überlegend, ob wir es wohl wagen sollten, uns an den Stacheln vorbei zu mogeln. Unten in der Schlucht war die “Klobude” in Sichtweite (ja, die war noch in Amt und Würden!) und der Klomann davor machte uns Zeichen, den Überstieg zu wagen, was wir dann auch getan haben. Böhmisch Bier und Gulasch mit Knödel im Falkennest waren dann der Lohn für unseren Mut. Schließlich ging es auch wieder zurück und über den Grenzweg weiter in den Großen Zschand.

  4. Am Zugang zum Fremdenweg gibt es nur eine Absperrung, die neue. Die alte Absperrung und die alte Klobude sind abgerissen. An der neuen Absperrung kommt man nur mit Hilfsmittel vorbei, z.B. kurzes Stück Seil, Klettergurt o.ä. Interessant ist auch, daß 30 Meter unterhalb der Absperrung am Felsfuß mitten in der Zone 1 des Nationalparks mehrere Müllkippen liegen. Das meiste stammt wahrscheinlich aus CSSR-Zeiten, manches sieht auch neuer aus. Da hat man früher wahrscheinlich einfach den Kneipenmüll am Nordausgang der Schlucht nach unten gekippt. Auch unterhalb der ehemaligen Klobude liegt Müll, den man von oben in eine Felsspalte gekippt hat und der unten wieder raus kam. Jetzt weiß ich auch, warum man hier in der Zone 1 nicht die markierten Wege verlassen darf: damit man nicht die illegalen Müllkippen im Wald entdeckt! Es ist im Nationalpark Böhmische Schweiz eben nicht alles so heil, wie man der Öffentlichkeit gerne präsentieren will. Dies merken besonders diejenigen, die auf verbotenen Wegen in der Zone 1 unterwegs sind. Das Prebischtor ist trotzdem jederzeit eine Reise wert, aber die Schweinereien dahinter sollte man nicht vergessen.

  5. 1974 war ich erstmals auf dem Prebischtor natürlich konnte man da noch hinauf, dann 1994 vom Winterberg aus, auch das ging noch unter Umgehung jener unsäglichen “Panzersperre”, die leider an die Zeit nach 1968 nur allzu deutlich erinnert! (Merkt Ihr Tschechen das nicht, oder wollt Ihr nicht, dass wir zu Euch kommen?)
    Ich finde solche Absperrungen im Zeitalter offener Grenzen genauso ärgerlich wie die illegalen Müllkippen im Reservat!
    Auf diesen Hauptwanderwegen liefen die Menschen schon vor 150 Jahren entlang und erfreuten sich an der bizarren Welt des Elbsandsteins, da haben Panzersperren nichts zu suchen, 30 Jahre nach dem Hinwegfegen der Gerontokraten und des verordneten Mundhaltens!

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