Grenzsteine und neue Stahlleitern

Aussicht über PfaffendorfDie Tage werden kürzer, und damit auch die Touren. Man kann halt nicht mehr ewig im Wald bleiben, dieweil es beizeiten dunkel wird. Hier also eine kurze Runde rund um den Kurort Gohrisch. Auf dem Weg sehen wir Unmengen an historischen Grenzsteinen, jede Menge Aussichten mit und ohne Aussicht, Kletterfelsen und eine Felsenbühne. Sehr zu meinem Missfallen sahen wir nagelneue Stahlleitern anstelle alter hölzerner Einbauten. Und sehr zu meinen Gefallen gibt es ein Wirtshaus auf halber Strecke. Es kann also losgehen.

Start ist in Gohrisch. In der Ortsmitte gibt es einen großen Parkplatz. Von dem gehen wir ein kleines Stück in den Ort hinein, bis zum Dorfplatz. Hier treffen wir dann auch schon auf den Wegweiser mit dem Gelben Punkt, der uns Rundweg oder Folgenweg anzeigt.

 Dorfplatz in Gohrisch

Nur ein kleines Stück auf diesem Weg, vorbei an einem Campingplatz, und ein weiterer Wegweiser führt uns zum Liliensteinblick. Hinterher.

 Da geht es lang

Selbiger Blick zeigt den Lilienstein geradezu malerisch eingerahmt in einer Waldschneise. Wenn er denn etwas zeigt. Bei unserem Besuch auf jeden Fall war die nebelige Suppe so dicht, das vom Lilienstein mal rein gar nichts zu sehen war. Dumm gelaufen.

  Liliensteinblick ohne Lilienstein

Deshalb hier mal kurz ein Griff ins Archiv mit einem Bild aus besseren Zeiten:

  Liliensteinblick mit Lilienstein

Theoretisch gibt es jetzt zu unserem nächsten Ziel, der Felsenbühne, einen Trampelpfad durch den Wald. Der war aber nach zahlreichen Sturmbrüchen der letzten Wochen nicht mehr zu erkennen, so dass wir uns irgendwie durch den Busch geschlagen haben und wieder auf dem Folgenweg gelandet sind. Von dort zeigt dann aber ein Wegweiser zur Felsenbühne.

Zuvor lohnt es sich aber mal kurz, den Kopf zu drehen: da liegen der Kleinhennersdorfer Stein und der Papststein, letzteren werden wir noch besuchen, am Horizont herum. Heute stark umnebelt.

  Zwei Steine und viel Nebel

Wir machen also jetzt den kurzen Abstecher zur Felsenbühne, welche eigentlich ein Steinbruch war. In den 1950er Jahren ist daraus die Bühne entstanden. Das kleine Areal wirkt immer noch recht gepflegt, aber wann hier die letzte Aufführung stattgefunden hat, kann ich nicht sagen.

  Die Felsenbühne

Zurück von diesem Abstecher geht es noch ein Stück den Folgenweg entlang, ehe wir an diesem Wegweiser…

Da lang!

…auf den Kammweg abbiegen. Dessen Besonderheit sind Unmengen historischer Forstgrenzsteine. Während anderswo bereits ein so ein Stein besondere Erwähnung findet und auf Karten eingezeichnet wird, sind es hier hunderte. Schnell wird der Weg zum schmalen Pfad – teilweise auch ein wenig zugewachsen – und die Grenzsteinparade beginnt.

Auf dem Pfad kann auch mal der eine oder andere Baum quer liegen, was aber nicht wirklich störend ist.

Drunter durch

Ein Erklärschild weist uns dann auf die Volkssturmlöcher hin. Hier sollte sich zum Ende des zweiten Weltkrieges das letzte Aufgebot verschanzen, wozu es aber nicht mehr kam. Ohne das Schild wären wir sicher vorbei gelaufen, denn mehr als ein Loch im Boden ist wirklich nicht zu sehen.

 Volkssturmlöcher

Die Löcher lassen wir also im wahrsten Sinne rechts liegen und kommen zu Annas Ruhe, wo uns ein Bänkchen und eine bescheidene Aussicht auf Bad Schandau erwarten.

  Annas Ruhe

Wir passieren noch ein kleines Kreuz am Wegesrand, dessen Beschriftung leider nicht zu deuten ist.

  Wer weiß mehr?

Und, heidideldei, ehe wir am Spitzen Hübel den höchsten Punkt des Pfades erreichen, kommt sogar die Sonne raus.

Der Pfad hat die ganze Zeit einen weiten Rechtsbogen beschrieben, so dass wir jetzt gleich wieder im Ort Gohrisch herauskommen. Vorher passieren wir aber noch den malerischen Waldfriedhof. Wenn es denn soweit ist, dann wünsche ich mir an so einem idyllischen Ort die Radieschen von unten zu beschauen.

  Waldfriedhof

Wir erreichen die Landstraße an den ersten Häusern von Gohrisch, überqueren die nur und schlagen uns gleich wieder in den Wald. Ein Wegweiser zeigt die Alte Jäke an, der wir jetzt folgen.

  Richtung Papststein ist korrekt

Das ist jetzt nicht mehr und nicht weniger als ein ganz normaler Waldweg, der sanft aber stetig ansteigt. Nach einer halben Stunde landen wir auf einem Parkplatz, der an schönen Wochenenden gern brechend voll ist. Derzeit ist er eher leer. Auf dem Parkplatz gehen wir stramm links, wieder auf einen Waldweg, der mit einer Schranke verschlossen ist. Rund 500 Meter geradeaus, und zu unserer Rechten zweigt diese lange Treppenreihe ab. Es gibt nur einen Wegweiser zu einer Selbsthilfebox.

 Treppen und Rettungsbox

Diese Boxen dienen der Erstversorgung, falls beim Klettern doch mal etwas schief ging. Neugierig reingucken erlaubt, mausen selbstverständlich nicht. Grund für die Box hier sind die beiden Kletterfelsen Große- und Kleine Hunskirche, die wir am Ende der Treppen erreichen. Als Nichtkletterer können wir die immerhin umrunden.

 Hunskirchen

Von den beiden Felsen weg führt jetzt ein Pfad an der Bergflanke. Hier haben die letzten Herbststürme ein paar mächtige Stämme in den Weg geworfen.

Der Pfad trifft nach einem halben Kilometer wieder auf einen markierten Hauptwanderweg – Roter Punkt – dem wir nach Rechts folgen. Es geht langsam weiter aufwärts, mit Geländern abgesichert. Von hier gibt es schon mal herrliche Blicke auf Papstdorf zu erhaschen.

Der Autor geht wandern

Vor dem letzten Aufstieg lächelt uns schon das Berggasthaus durch die Bäume an. Hier lässt es sich prächtig rasten. In der Winterszeit bis Ostern ist allerdings nur an Wochenenden zwischen 11 und 16 Uhr geöffnet.

 Wirtshaus

Noch eine Etage über dem Gasthaus steht ein alter Feuerwachturm, den man aber nicht besteigen kann. Aber auch so gibt es hier nochmal eine Menge toller Aussichten.

Direkt am Wirtshaus gibt es auch noch eine schöne Aussicht, bei guter Sicht liegt uns hier die halbe Sächsische Schweiz zu Füßen.

 Knipse raus und los.

Falls es Ihnen nach der Stärkung im Wirtshaus pressieren sollte: die Toiletten sind im Nebengebäude. Falls nicht: der Abstieg beginnt hinter der Baude. Über viele Treppen geht es zurück ins Tal. Gleich zu Beginn des Abstiegs haben wir noch einmal einen schönen  Blick auf die beiden Hunskirchen.

  Nochmal die Hunskirchen

Wir landen auf einem Parkplatz – derselbe, den wir schon mal tangiert haben – überqueren den und steigen auf der anderen Seite auf den Gohrisch auf. Zunächst führt uns der Weg über einige Treppen am Mundloch des Specksteinstollens vorbei. Der gehört einzig und allein den Fledermäusen, weshalb wir ihn nicht besichtigen können.

 Eingang zum Specksteinstollen

Noch ein paar Stufen hoch, und zu unserer Linken erhebt sich der Kletterfelsen Muselmann. Ob der aus politisch-korrekten Gründen demnächst umbenannt werden muss, entzieht sich meiner Kenntnis.

  Ein Muselmann im Wald

Wir kommen zum eigentlichen Aufstieg. Und jetzt heißt es tapfer sein für alle Freude traditioneller Steiganlagen im Elbsandstein. War doch dieser sogenannte Ostaufstieg einer der letzten seiner Art, die auf althergebrachte Weise mit Holzleitern und Spreizhölzern ausgebaut waren.

Pustekuchen, das Holz ist weg und wurde durch schnöden, verzinkten Stahl ersetzt. Zugegeben, das hält viel länger. Aber das Holz war eben schöner. Der Aufstieg durch ein paar Felsspalten macht aber trotzdem Spaß.

Das war alles mal aus Holz

Oben angekommen erwartet uns dann ein kleiner Pavillon zum Verschnaufen. Den Bergkamm können wir sodann auf einem netten Pfad – viele kleine Treppen und eine Felsspalte –überqueren. Hier oben und auch bei beiden möglichen Abstiegen hat man schon vor Jahren alles Holz durch Metall ersetzt. Ärgerlich wird das beim abschließenden Zugang zur Wetterfahnenaussicht. Hier führte früher eine Holzleiter hoch, jetzt gibt es nur noch eine Kette zum festhalten. Und entlang dieser Kette sehen wir schon deutliche Anzeichen von Tritterosion im weichen Sandstein. Sicher nicht im Sinne des Erfinders.

 Zugang zur Wetterfahne

Die Aussicht oben entschädigt dann für grummelige Gedanken. Es geht der Blick mal wieder weit ins Land.

Für den Abstieg haben wir jetzt zwei Möglichkeiten: die Falkenschlucht (der spannendere Weg), den ich aber hier schon mal beschrieben habe. Deshalb jetzt der “normale” Abstieg. Gleich zu Beginn mussten auch hier ein paar traditionelle Spreizhölzer eisernen Tritten weichen.

  Nochmal: Holz war schöner

Über ein paar Treppen und Leitern geht es dann weiter runter. Trotz viel Metall: immer noch ein netter Weg.

 Hier geht es runter

Unten angekommen treffen wir auf eine Bank, die dem Erschließer des Gohrisch gewidmet ist. Der Mann hieß Grünewald. Nomen est omen.

2017-11-18 15.30.18 Grünewald-Bank

Schließlich machen wir uns auf den Rückweg. Zunächst dem Wegweiser Malerweg gefolgt.

 Schon wieder ein Musel….

Und dann gleich in den Stillen Grund abgebogen.

Selbiger Grund bringt uns, sanft absteigend, zurück in den Ort Gohrisch und damit zu unserem Ausgangspunkt.

Fazit: knapp 11 Kilometer, also wirklich nicht zu lang. Dafür aber reich an Abwechslung. Auf dem Kammweg mit den vielen Grenzsteinen ist es immer ruhig, die beiden Aussichtsfelsen dagegen sollte man besser außerhalb der Hochsaison besuchen.

Zum Nachwandern:

61790cookie-checkGrenzsteine und neue Stahlleitern

11 Gedanken zu „Grenzsteine und neue Stahlleitern

  1. Ach nö, jetzt sind die letzten Holzbalken in der Sächsischen Schweiz auch noch verschwunden. Wie wäre es mit einem Geschichtslehrpfad – und die Holzbalken als begehbares Museumsobjekt kommen wieder hin?

    Der Muselmann wäre auch für geübte Wanderer leicht erkletterbar, der Papst (am Papststein) zumindest teilweise auch.

  2. Als Kind bin ich noch mit meinem Vater ein Stück in den Specksteinstollen am Gohrisch gekrochen, 1960.
    Bib in Gohrisch aufgewachsen, kenn den Dorfplatz ganz genau, bin mit meiner Mutter immer Waesche Rollen gegangen, zu Fam. Liebezeit, die wohnten auf dem Dorfplatz, da hinten war auch unser Schwimmbad, wo jetzt der Campingplatz ist.
    Ich wohnte auf der Schandauer Str. der Waldfriedhof ist ganz in der Naehe, dort ist meine Mutter, 1989, begraben und meine Grosseltern.

  3. Ach ja, der Gohrisch.
    Für mich DER Stein an dem wir, genau wie im obigen Bericht, den Zwiespalt in der Problematik und negative wie positive Auswirkungen verschiedener Entscheidungen erkennen können.
    Wir befürchten alle, dass durch stetes Begängnis der Stein weggetreten wird und beklagen dies schnell mal, wie hier im Beitrag zum Aufstieg zur Wetterfahne, wo nur eine Kette den Wanderer über den nackten Naturfels führt. Wird nun aber mit Kunstbauten der Naturfels vor den vielen Füßen geschützt, dann ist uns auch schnell zu viel Künstliches in der Natur verbaut. Und naja, die neueren Metalleinbauten wirken schon etwas künstlich, aber sind wir nicht durch inzwischen viel, viel schlimmere Konstruktionen abgehärtet? Und da müssen wir ja noch nicht mal auf das neueste Schutzbauwerk auf dem böhmischen Falkenstejn schauen, den man wahrscheinlich künftig Schreckenstejn nennen wird.

    Nein, gleich hier am Gohrisch haben wir eine katastrophale Bausünde zu beklagen – die, quasi in ihrem touristischen Erlebniswert fast ruinierte Falkenschlucht, wo die historischen Spreizhölzer durch einen kompletten Umbau ersetzt wurden. Auf den Spreizhölzern, mit einem guten Meter Luft unten drunter, in der engen finsteren Spalte, ohne Geländer nur an den Wänden abstützend und über eine geraume Länge hinaufsteigend – das war ein Erlebnis, was den Namen „wild“ und „schwierig“ entsprach und unvergesslich blieb.

    Heute ist die Spalte natürlich noch da, aber man läuft auf glattem Boden dahinein um dann eine schnöde Metallleiter hinauf zu steigen. Das sind die Folgen, wenn die Verantwortlichen nicht verstehen, dass es doch nicht darum geht, irgendwie auf den Gipfel zu kommen, sondern in bestimmter Weise.

    Und eingedenk dieses grässlichen Beispiels bin ich dann sehr viel verständnisvoller gestimmt, wenn ich die letzten „Spreizhölzer“, hier als Bild mit „Nochmal: Holz war schöner“ kommentiert in Metall statt Holz ausgeführt vorfinde. Klar, Metall wirkt immer etwas künstlicher als Holz, aber hier bleibt doch wenigstens der Erlebniswert des Begehens solcher Spreizen bestehen, auch wenn es nur noch 6-7 Stück sind. Diese beinahe letzten ihrer Art sind für mich ein Hoffnungsfunken und ich bin sehr froh, dass die nicht auch noch durch eine angelegte Treppe mit DIN-Stufen ersetzt worden sind.
    Ein weiteres positives Beispiel findet sich auch auf dem Gohrisch – die, in wunderbar dynamischen Kurven, auf den Gipfel führenden Stahlgeländer. Ich würde sagen, die sichern den Gipfelbesuch perfekt ab und fügen sich trotzdem in das Naturbild ein. Und wenn ich mich nicht ganz irre, ist da auch kein verzinkter Stahl benutz worden. Ich wünschte mir, man würde sich beim Geländerbauen generell mal wieder auf Masse, statt Klasse, besinnen. Wir sehen doch, dass selbst ohne jeden Farbanstrich die ganz alten Eisen viele Jahrzehnte ihr Funktion erfüllen. Da rostet eben was weg, aber der Querschnitt ist groß genug für lange Zeit. Heutzutage muss alles dünn und sparsam sein, dafür wird dann eine teure Verzinkung draufgemacht, die aber auch nicht ewig hält und als Schwermetall die Umwelt mehr belastet, als das abwitternde Eisenoxid.

    Aber lasst euch nicht davon abhalten, die oben beschriebene Tour zu versuchen. Die bleibt auch mit den neuen “Zinkereien” erlebenswert.

  4. Zum Gedenkstein am Gohrischer “Kammweg”
    Ich zitiere Geheimnisvolle Wege Band 2 auf Seite 093:
    “…steinernes Kreuz, welches 1914 aufgestellt, an den Frieden von Prag am 23. August 1866 erinnert.”

  5. Wenn man auf dem Gohrisch in diverse Spalten und Rinnen schaut sieht man die alten Holzverbauungen noch liegen.
    Wurden einfach durchgesägt und dort rein geworfen. Man war wohl zu faul zum abtransportieren.

  6. Ach, da war doch noch was.
    Wenn schon soviel neues Eisen auf den Gohrisch gekommen ist – hat denn da auch endlich mal der Abstieg zur Schwedenhöhle eine Eisenleiter bekommen?

  7. Abstieg Schwedenhöhle: Hatte bei den, die was in der komunalpolitik zu sagen haben, eine Anfrage gestellt. Das Bürgermeisterbüro von Gohrisch hat mir sogar geantwortet. Der Zugang wird nicht wieder hergestellt und auch sämtliche Einbauten und Wegweiser werden entfernt. Man begründete dies mit fehlenden finaziellen Mitteln. Man muss das alles nicht mehr verstehen.

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