Zensur in Karten? Eine Bitte um Diskussion.

Ich möchte dieses Wochenende -an dem ich trotz schönen Wetters leider keine Zeit für den Wald habe – nutzen, um eine Diskussion anzustoßen.
Es geht um Online – Karten, konkret um solche, die auf „Open Street Map“ basieren, also um die meisten.
Die Nationalparkverwaltung leistet sich seit einiger Zeit eine Mitarbeiterin, welche die Karten, ich formuliere es mal so: bereinigt. Es geht zuallererst mal um die sogenannten „verbotenen“ Wege. Selbige werden von ihr zwar nicht gelöscht (eine komplette Löschung gilt in der OSM-Community als schweres Sakrileg), aber mit diversen Attributen versehen, welche wiederum diverse Navi-Apps davon abhalten, die Wege anzuzeigen. Sie scheinen für den Normal-User also erst mal verschwunden.
So weit, so gut. Aber leider bleibt es nicht dabei. Auch Wege, die eindeutig erlaubt sind, werden ausradiert.
Dazu als Beispiel das „Reibetöpfel“, eine Seitenschlucht des Großen Zschand. (siehe Bild). Es befindet sich außerhalb der Kernzone und ist gut als Pfad zu erkennen. Also nach der Nationalparkverordnung erlaubt. Dennoch wird es nicht mehr angezeigt, und die zugehörigen Attribute bei OSM lauten (siehe Bild).

Besonders die Anmerkung „Betretungsverbot (Nationalparkverordnung)“ hat mich verwundert, aber  es kann ja durchaus sein, ich habe da einen Beschluss der AG-Wege zur Sperrung verpasst.
Also flugs angerufen. Besagte Mitarbeiterin verwies mich dann freundlich und zügig an einen weiteren Mitarbeiter. Auch der sehr freundlich, und er bestätigte außerdem: ja, das Reibetöpfel ist ein erlaubter Weg. Aber, sinngemäß: „Wir möchten nicht, dass der Weg begangen wird, deshalb haben wir ihn entfernt.“
Ich behaupte jetzt provokativ: das ist Zensur! Noch mal: es geht mir nicht um das Entfernen „verbotener“ Wege. Hier mag die NPV tun, was sie für richtig hält. Wenn aber dann auch erlaubte Wege aus Karten getilgt werden, dann halte ich das für eine üble Gängelung des Wanderers durch eine selbstherrliche Behörde.
Eure Meinung dazu würde mich sehr interessieren.

Beide Screenshots: www.osm.org

Update: jetzt hat ein User das Reibetöpfel bei OSM wieder eingetragen. Bei Mapy und bei Outdooractive ist es schon wieder zu sehen, bei Komoot noch nicht. Mal sehen, wie das weitergeht.

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15 Gedanken zu „Zensur in Karten? Eine Bitte um Diskussion.

  1. Zensur ist ja seit spätestens zweieinhalb Jahren in Deutschland wieder salonfähig. Da ist dies nur ein Nebenkriegsschauplatz. Leider.
    Ich finde es jedenfalls unmöglich und erinnert an alte DDR-Karten, die ja auch “geschönt” waren.

  2. Das ist ekelhaft, wenn man jetzt am heimischen Computer OSM aufruft, und die vielen leeren Stellen sieht, wo früher Wege angezeigt wurden, von denen man weiß, daß die im Gelände auch noch existieren. Bloß gut, daß wir noch die Böhm-Karten haben, wo fast alle Wege eingezeichnet sind. Sogar in den alten DDR-Kletterführerkarten sind teils mehr Wege eingezeichnet als heute bei OSM. Man hat fast den Eindruck, daß die NPV gewisse Leute bei OSM bezahlt, damit diese die Lösch-Aktionen unterstützen. Das Allerschlimmste ist dann noch, daß die NPV sich Unwahrheiten bedient (wie im Artikel genannt) und zusätzlich behauptet, bestimmte Wege wären “renaturiert”, “zugefallen”, “zugewachsen”, usw., obwohl auf Fotos und Videos von Insidern diese Wege noch klar zu erkennen sind. Also eine Art umgekehrte Potemkinsche Dörfer. Man behauptet, die Wege sind nicht mehr zu sehen, trägt sie also aus, obwohl vor Ort die Wege noch da sind. Hier hilft bloß eines: Fotos und Daten dieser Wege weiter speichern, wer die noch hat. Diese Daten werden mal viel wert sein. Genauso wie z.B. eine alte Meinhold-Karte.

    1. Auch Roland hat`s erkannt !
      Nach 77 Jahren Erlebnis Sächs. Schweiz bin ich vor 30 Jahren bereits dem
      Dilemma Nationalparkverwaltung damit begegnet, auch meinen Enkeln und
      Urenkeln Meinhold – und Böhmkarten zu empfehlen sowie ihnen die
      dreibändige Kletterführerausgabe der DDR anzuraten.

  3. Auch Roland hat`s erkannt !
    Nach 77Jahren Erlebnis Sächs. Schweiz bin ich bereits vor 30 Jahren dazu
    übergegangen dem Dilemma Nationalparkverwaltung damit zu begegnen,
    auch meinen Enkeln und Urenkeln für ihre Unternehmungen die dreibändige
    Kletterführerausgabe der DDR sowie Meinhold- und Böhmkarten zu empfehlen.

  4. Selbst schuld, wer sich auf Internetkarten verlässt. Gibt doch gedruckte, alte Karten. Funktionieren immer.
    Oder wisst Ihr nicht mehr, wie eine Papierkarte funktioniert ?
    Sorry, musst mal gesagt werden.

    1. Wir benutzen nur Papierkarten. Wir sind auf OSM nicht unbedingt angewiesen. Es geht aber ums Prinzip. Und OSM wäre eine schöne zusätzliche Hilfe und Bereicherung. Und falls du es noch nicht gemerkt hast, die heutige sogenannte digitale “Landkarten-Freiheit” betreff Sächsische Schweiz ist weniger wert als die DDR-Landkarten-Zeit. Und wenn du auf einsamen und heute verbotenen Wegen unterwegs wärest, wie hinten im Großen Zschand, dann würdest du merken, was die aktuelle OSM-Zensur bedeutet.

  5. Guten Tag,

    Zensur gibt es ja schon lange. Ich wurde per Mail von der NPV ‘gebeten’ Inhalte von Webseiten zu entfernen, in einem Ton der schon sehr fordernd war.

    In OSM kann man da gegenhalten, allerdings ist es sehr aufwändig jeden Schritt der NPV zu verfolgen.

    vG Jens

    1. Was auf deutscher Seite für Wege bei Mapy.cz zu sehen sind, ist den Tschechen vermutlich relativ egal, aber auf tschechischer Seite werden viel weniger Wege angezeigt als bei OSM, z.B. Silberwandsteig, Fremdenweg bis zum Prebischtor, Stimmersdorfer Weg, usw., alle bei Mapy.cz gelöscht. Sicherlich auf Betreiben der tschechischen NPV. An OSM haben die sich bisher noch nicht vergriffen. Wie lange noch?

      1. Man kann auf mapy.cz Fehler melden, die beim nächsten Update mit eingepflegt werden. Die grundlegenden Daten zieht sich mapy außerhalb Tschechiens über OSM. Man kann es also gleich über OSM erledigen.

  6. Ich finde es völlig inakzeptabel, dass die nach wie vor legalen Wege entfernt werden. Auch die gesperrten Wege gehören angezeigt, von mir aus mit einer entsprechenden Kennzeichnung und als nicht planbar.
    Da das nun schon eine Weile so geht, habe ich meine Offline-LocusMap-Karten nicht mehr aktualisiert und erfreue mich nach wie vor an einem umfassenden digitalen Wegnetz.
    Papierkarten habe ich natürlich auch immer dabei, auch wenn die älteren so langsam auseinanderfallen.

  7. Ein weiterer Punkt, an dem man sieht, dass die NP-Verwaltung mit den Einheimischen auf Kriegsfuß steht. Man will den Menschen verdrängen und das in einem Gebiet, welches derart vom Menschen gebraucht wird (Erholung).
    Wenn sowas irgendwo gemacht wird, wo Natur noch unberührt ist und sowieso kein Mensch da groß hin kommt, dann hat ein NP unbedingt seinen Sinn, aber hier ist er ein Ärgernis. Naja, wissen wir ja alle… 🙁
    Zensur kann man es nicht nennen, aber es ist definitiv eine Aktion, die dem NP nicht zusteht und hier ist die OSM Community gefragt, sowas zu unterbinden, denn jeder kann die Daten editieren und ergänzen. Man kann den Spieß also umkehren.
    Definitiv ein weiterer unfeiner Zug des NP und wieder eine Aktion hinter dem Rücken der Öffentlichkeit.
    Am besten das mal an die Presse weiterleiten! Die freuen sich auch, wenn sie über iwas schreiben können. Keine ahnung, ob die SZ da nicht im falschen Boot sitzt, aber es gibt ja noch mehr Blätter. 🙂

  8. Achso, noch ein Tipp, statt OSM, empfehle ich eher Offline Navis, bei denen man ein Kartenupdate verhindern kann. Ich habe ein gutes am Start und da sind die unmöglichsten Pfade drin, was auch manchmal nervt, da manche nicht mehr zu finden sind. 😀

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