Diese Tour fand bei recht zweifelhaftem Wetter statt: dicke böhmische Suppe, also Null Aussicht. Obendrein ein ständiges Tröppeln von oben. Aber egal, wir brauchten einfach mal wieder ein wenig Waldboden unter den Füßen. Die Runde selbst ist wohlbekannt, ich hab sie auch schon mal beschrieben. Nur sind wir sie diesmal in der Gegenrichtung gelaufen. Was ich für viele Touren nur empfehlen kann. Man sieht plötzlich ganz andere Perspektiven. Außerdem sahen wir: alte Inschriften, ein Wirtshaus außerhalb der Zeit, viel Kahlschlag und Windbruch, einen sehr schön gemachten Lehrpfad, den kleinen Bruder des berühmten Prebischtors und diverse Tierchen. Gehen wir es mal an.
Wir parken in Hohenleipa (Vysoká Lípa), gleich an der ersten scharfen Rechtskurve im Ort. Dort ist reichlich Platz, in der Saison wird manchmal auch eine kleine Parkgebühr (so um die 2 Euro) kassiert. Ein kleines Stück gehen wir die Dorfstraße aufwärts, aber wirklich nur ein kleines Stück. Denn schon hier…
…können wir sie nach rechts verlassen und einen angenehmeren Weg wählen. Der dient nur als Zufahrt für wenige Gehöfte, also sind Autos eher selten. Dafür erfreuen uns schön sanierte Umgebindehäuser.
Obendrein werden wir von diversem Getier beobachtet, mehr oder weniger lebendig.
Am Ende des Weges biegen wir zwei mal scharf rechts ab und kommen auf einen Feldweg. Der führt uns sanft bergan, unser Ziel ist der Schlossberg. Hier kann man sich auch gern mal umdrehen, der Rosenberg liegt wie auf dem Präsentierteller da. Oder aber auch nicht – böhmische Suppe eben.
Oben sehen wir dann Kellerreste eines früheren Jagdhauses, ein Kruzifix mit deutschem Sinnspruch, ein paar uralte Treppen und theoretisch auch eine schöne Aussicht. Heute reichte diese aber gerade bis ins Tal nach Hohenleipa.
In einer Felsspalte ein paar Schritte vom Weg entfernt können wir obendrein viele alte Inschriften entdecken. Ich habe aber keinen Schimmer, was es mit denen auf sich hat.
Schön, wir steigen auf gleichem Weg wieder ab und folgen dann nach rechts der Markierung “Blauer Strich”. Auf einem sehr bequemen Waldweg geht es weiter. Ein Abstecher nach links zeigt Ptačí kámen (sinngemäß: Vogelberg) an. Der Weg dahin ist ganz nett, die Aussicht selbst aber hoffnungslos zugewachsen. Da täte mal ein Einsatz not.
Zurück auf dem Hauptweg sehen wir zunächst zur Rechten die ziemlich desolate Ruine eines ehemaligen Forsthauses.
Und dann, zur Linken, das Zámeček, einst Jagdschloss deren von Clary-Aldringen. Heute eine Pension mit Wirtshaus, in der seit einem halben Jahrhundert die Zeit stehen geblieben ist. Sprelacart-Tische (für Wessis: Resopal-Tische), durchgesessene Sofas, bröckeliger Putz, winzige Abenteuertoiletten. Aber auch: gemütlicher Kamin, bodenständig-leckeres Essen, extrem niedrige Preise. Wir sind auf Kofola, Nudelsuppe mit Rindfleisch und Hemenex eingekehrt und haben es mal wieder nicht bereut. Der Wirt hatte übrigens einige Ähnlichkeit mit dem alten Holzmichel, oder war es Rübezahl?
Wohl gestärkt (für Pingelige: auch ohne jedes Symptom einer Vergiftung) folgen wir weiter dem Hauptweg. Der führt jetzt sanft bergab in den Soorgrund. Kritischen Auges sehen wir am Wegesrand schon teils extremen Windbruch und Kahlschläge.
An der tiefsten Stelle des Grundes ginge es dann links ab zur Kahnfahrt in der Wilden Klamm, aber die ist heute nicht unser Ziel. Also weiter geradeaus, jetzt aufwärts. Auf diesem kurzen Wegstück ist man in der Saison nie allein, es wird auch von all jenen Touristen benutzt, welche die “klassische Prebischtorrunde” absolvieren. Da es aber gerade mal ein halber Kilometer ist, kann man das sicher ertragen. Wir landen in Rainwiese (Mezní Louka). Hier gibt es ein Hotel samt Restaurant (war da nie drin, hab aber im Netz der Netze eher Durchwachsenes gelesen), eine Touristeninformation, eine große Selbstbedienungsgastätte, einen Spielplatz und einen Campingplatz.
Rechts von der Touri-Info folgen wir der Ausschilderung zum Prebischtor, aber nur wenige Meter. Denn dann beginnt, wieder zur Rechten, der Luchspfad. Ein wirklich sehr schön ausgebauter Lehrpfad, der nicht nur Kindern Spaß machen dürfte. Besonders hat uns eine Station gefallen, an der man mit Gewichten testen konnte, was Tiere so auf die Wage bringen. Eine Dachs kann man mit einer Hand heben, eine Wildsau haben wir zu zweit mal eben so geschafft, an einem Hirsch sind wir komplett gescheitert. Leider haben auch rund um den Lehrpfad Windbruch und Kahlschlag bedenkliche Ausmaße angenommen.
An dieser Station (hier geht es um Insekten in einem Tümpel) verlassen wir den Lehrpfad.
Wir überqueren eine breite Forststraße und steigen gegenüber (jetzt Roter Strich) wieder auf. Ein sehr schöner Pfad mit Treppen und Leitern führt uns an der Flanke des Rauschenbergs (Vétrovec) entlang.
So erreichen wir schließlich das Kleine Prebischtor. Wirklich eine Miniaturausgabe seines großen Bruders. Erst seit wenigen Jahren kann man es über eine Stahlleiter zu einer kleinen Plattform besteigen. Vorher ging es über eine halsbrecherisch ausgetretene Steintreppe nach oben. Aussicht von oben heute wiedermal nahe Null.
Unterhalb des Tores biegt ein Weg nach rechts ab, Wegzeichen ist weiter der Rote Strich. Über sehr viele Treppen geht es abwärts. Aufgemerkt: diese Treppen sind allesamt aus Holz, was mittlerweile eine Seltenheit darstellt. Für Neubauten bevorzugt man schon seit einiger Zeit im Böhmischen Stahl und im Sächsischen einen merkwürdigen Kunststoff. Holz ist da viel schöner, bei Feuchtigkeit aber auch glitschiger.
Auf der linken Seite sehen wir eine Leiter, die steil in einer Felsspalte verschwindet. Das ist der Aufstieg zu den Resten der Felsenburg Schauenstein (Šaunštejn).
Derzeit ist der Aufstieg weniger lohnend, denn ein großer Teil der Plattformen oben ist wegen Wurmstichigkeit gesperrt. Die Sanierungen sollen im nächsten Jahr beginnen. Obendrein herrschte nach wie vor böhmische Suppe, eine Aussicht hätte es also ohnehin nicht gegeben. Weshalb wir uns den Aufstieg für besseres Wetter gespart haben. Bei guter Sicht ist der aber Pflicht, da schaut man dann weit in alle Richtungen ins Land.
Also passieren wir den Schauenstein nur am Fuß und kommen nach wenigen Metern an diesen Rastplatz.
Der fette Balken in der Mitte übrigens mitnichten eine Schranke, sondern eine Möglichkeit, sein Mountainbike anzuschließen. Ein Service, den man im sächsischen Teil des Elbsandstein schmerzlich vermisst.
Wir halten uns am Rastplatz rechts und erreichen nach 500 Metern wieder Hohenleipa und damit unseren Ausgangspunkt.
Fazit: 15 Kilometer. Trotz einigem Hoch und Runter recht entspannt. Richtig schön wird es erst mit guter Sicht. Aber auch so macht es Spaß.
Zum Nachwandern:
Immer wieder eine sehr schöne Runde, absolut zu empfehlen,
vor allem natürlich bei klarer Sicht. Da die Kähne in den Klammen
nur bis zum ersten November fahren, ist man nun auch im Soorgrund
und dem Weg nach Mezni- Louka fast ganz alleine unterwegs. Im
Restaurant vom Hotel in Mezni – Louka kann man übrigens durchaus
einkehren und lecker speisen, ist natürlich schon teurer als im Hotel
Zamecek. DAS ist ja preislich (und leckermäßig) NICHT zu schlagen.
Wir haben die Runde (mit Ausgangspunkt Zamecek) am 19. Oktober
2019 gemacht, da schien wenigstens ab und zu die Sonne ins Herbstlaub.
LEIDER hört der jetzige Wirt zum Jahresende auf, das Zamecek steht
zum Verkauf, ob es nächstes Jahr ab April wieder von jemandem
bewirtschaftet wird steht noch in den Sternen. Wir sind in den letzten
2 Jahren meist einmal im Monat dagewesen ( auch Übernachtung) und
haben die himmlische Ruhe und die einmalige Lage sehr genossen.
Leider ist das gesamte Waldumfeld der Tour erheblich durch Windbruch
und Borkenkäferbefall geschädigt worden. War das Prebischtor im Mai 2018
noch von Bäumen umgeben, steht es heute völlig frei… Die tschechische
Forstverwaltung läßt sämtliche Bäume, die durch Borkenkäferbefall
zerstört wurden fällen und herausholen, dadurch die riesigen Kahlschläge.
Der Schlossberg von Vysoka – Lipa ist immer einen Besuch wert….