“einmalig.” – der Titel gemahnt ein wenig an Legasthenie, ist aber recht einprägsam. In einer Broschüre des sächsischen Umweltministeriums werden jetzt die besonderen Naturlandschaften des Freistaates vorgestellt. Als da wären: Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, Königsbrücker Heide, Erzgebirge / Vogtland, Dübener Heide, Zittauer Gebirge und natürlich die Sächsische Schweiz. Ich habe mir die Broschüre, und dabei besonders das Kapitel zu meinem Lieblingsgebirge, mal angesehen.
Fangen wir mal bei den allgemeinen Dingen an:
- Das Ganze ist absoluter Hochglanz. Satte 115 Seiten, wertiges Papier und haufenweise atemberaubende Fotos. Dazu ein modernes Layout. Das macht Spaß. Endlich mal mit Profis gearbeitet.
- Und alles gibt es für Umme. Man kann alles kostenlos downloaden, man kann es aber auch kostenlos bestellen. Was ich empfehle, denn gedruckt wirkt so etwas einfach besser als auf einem Monitor. Sicher liegt die Broschüre, ich sollte besser sagen: das Buch, auch an einigen Orten aus. Da fehlt aber eine Übersicht, das Nationalparkzentrum in Bad Schandau ist aber sicher eine gute Adresse. Link am Ende dieses Textes.
- Somit ist das ganze Werk eine grandiose Werbung, diese Landschaften auch mal zu besuchen.
Eine Kleinigkeit:
- Personen, die vorkommen, werden nicht im Bild, sondern als Zeichnung dargestellt. Hat schon fast etwas von Karikatur. Na ja, künstlerische Freiheit.
Und nun zur Sächsischen Schweiz:
- Es wird nicht der “Nationalpark”, sondern die “Nationalparkregion” vorgestellt. Der Begriff ist zwar nicht neu, deutet aber schon an, was ich im vorigen Post geunkt habe: hier wird nicht mehr zwischen Landschaftsschutzgebiet und Nationalpark unterschieden. Alle folgenden Ausführungen beziehen sich dann auch fast ausschließlich auf den (heutigen) Nationalpark.
- Und der wird von seiner besten Seite gezeigt. Also mit Bildern, auf denen weder Borkenkäfer- noch Brandwüsten zu sehen sind. Ersterer wird immerhin mal kurz im Text erwähnt, als Illustration dann aber eine der wenigen Flächen (Hochhübel) genommen, an denen sich tatsächlich neue, gesunde Natur entwickelt. Ein wenig mehr Ehrlichkeit hätte hier gut getan.
- Als Höhepunkte werden leider nur die ohnehin überlaufenen solchen erwähnt: Bastei, Festung Königstein, Obere Schleuse, Schrammsteinaussicht. Wenigstens den wunderbaren Forststeig hätte man mal erwähnen können – Fehlanzeige.
- Trotzdem: das alles ist eine herrliche Werbung für unser aller Lieblingsgebirge.
Jetzt kommt der Reichsbedenkenträger:
In einem Interview mit mit Ranger Frank Strohbach verweist der auf die Frage, was die Besucher denn für den Erhalt der Natur tun können, auf das Wegegebot. Und sagt: “Außerhalb der Kernzone können auch Wege unabhängig von einer bestehenden Wegemarkierung begangen werden, sofern diese eindeutig als Wanderweg zu erkennen sind.”
Moment mal, davon steht aber nichts in der Nationalparkverordnung. Dort ist lediglich von “Wegen und Straßen” die Rede. Konkret in § 6, Abschnitt (2), Punkt 16 und 17.
Das bereitet mir Bauchschmerzen. Denn wann ist ein Weg “als Wanderweg” erkennbar, und wann nicht? Wann ist er nur noch ein “Pfad” und kein “Wanderweg” und somit – nach dieser Logik – verboten? Sehe ich hier schon eine neue Nationalparkverordnung mit neuen Verboten am Horizont?
Jetzt kann man einwenden: das ist einfach ein Zungenschlag, da mach mal nicht alles verrückt. Krieg dich ein und trink einen Tee. Aber: in so einer Broschüre ist ein “Interview” natürlich kein solches im klassischen Sinne. Die Fragen dienen nur als Stichwortgeber, und diese sowie die Antworten sind abgesprochen. Und ehe es veröffentlich wird, lesen mindestens noch zwei Leute drüber, auf das alles korrekt sei. Und insofern sehe die plötzliche Unterscheidung zwischen “als Weg erkennbar” und “als Wanderweg erkennbar” schon mit Sorge.
Trotz alledem: die Broschüre kann ich nur empfehlen.
Download und Bestellungen HIER.
Danke für den Tip
Solche Broschüren sind immer fürs gemeine Volk gemacht, dem nur die schönen Seiten der Sächsische Schweiz gezeigt werden, aber welche Probleme dahinter stehen (oder auch liegen und die Wege blockieren), wird verschwiegen. Beispiel S. 100: “Mit lenkenden Eingriffen wurden in den vergangenen 30 Jahren heimische Baumarten eingebracht, um für die künftige Entwicklung der Natur eine bessere Ausgangssituation zu schaffen.” Die “lenkenden Eingriffe” bestanden z.B. aus Nichtstun und daß man den Borkenkäfer, einen Schädling, nicht bekämpfte und dadurch aus vielen Teilen des Nationalparkes eine tote Landschaft fabrizierte und die Bekämpfung von Waldbränden erschwerte. Sowieso schon überlaufene Hotspots im Nationalpark werden als Wanderziele empfohlen, an anderer Stelle regt man sich dann darüber auf, daß dort zu viele Menschen unterwegs sind und zu viele Schäden verursachen.
Eine interessanten Aussage: Nationalpark und Naturpark erfüllen beide die gleiche Schutzfunktion für die Natur. Im Naturpark Zittauer Gebirge gibts aber z.B. kaum gesperrte Wege wie im Nationalpark, der Borkenkäfer wird bekämpft, und es gibt keine unpassierbaren Wege.
Die Nationalparkverwaltung betrachtet als Wanderwege nur Wege, die eine Wanderweg-Markierung haben, obwohl in der Nationalparkverordnung was anderes steht. Auch Kletterzustiege zählen nicht als Wanderwege. Es sollen wahrscheinlich Wanderer und vor allem Touristen von unmarkierten Wegen ferngehalten werden. Definition Wanderweg Wikipedia: “Wanderwege sind mit Wegzeichen markierte Fußwege, die das Wandern auf interessanten Strecken oder zu attraktiven Zielen ermöglichen.” Aber auch: “Neben gut ausgebauten Wanderwegen gibt es solche, die nur als Wegspur ersichtlich sind, oder sie verfügen nicht einmal über eine Wegmarkierung.” Also auch nur eine Wegspur kann ein Wanderweg sein. Da kann jeder selbst entscheiden, was ein Wanderweg ist und was nicht, auch wenns der Nationalparkverwaltung nicht passt.
Genau auf den Punkt gebracht, Roland.