Gutachten des Ministeriums zur Wegeöffnung Ein behördlicher Schlag ins Gesicht

KI-BildMein Lieblingsvögelchen (Auctoritates Proditor) ist mal wieder durchs Fenster geflattert und hatte zwei Zettel im Schnabel. Es geht um den großen Waldbrand von 2022 und dessen Folgen. Insgesamt 13 Unterzeichner beiderseits der Grenze hatten im Juni 2023 einen Katalog von Forderungen an die tschechische und die sächsische Regierung gerichtet. Das ist Zettel eins. Hauptpunkt: die Öffnung historischer, ewig genutzter, noch vorhandener, aber seit Gründung der Nationalparks gesperrter Wege, welche grenzüberschreitend verlaufen. Selbige Wege hatte man ja in den Jahrzehnten zuvor sich selbst überlassen, sie wuchsen zu. Wobei gelegentlich auch durch eigens gefällte Bäume nachgeholfen wurde. Für die Brandbekämpfung war das verheerend, die Feuerwehren kamen nicht durch (auch nicht zu Fuß) und mussten sich den Weg erst mühsam freischneiden. Neben einer besseren Brandbekämpfung erhoffen sich die Unterzeichner natürlich auch attraktive Routen für die Wandersleute. Denn, nochmal: das sind keine Trampelpfade, diese Wege gibt es schon weit über 100 Jahre, und sie haben Namen.

Es haben unterschrieben:

Von tschechischer Seite:

  • Ústecký kraj (Bezirk Aussig)
  • Město Krásná Lípa (Stadt Schönlinde)
  • Obec Hřensko (Gemeinde Herrnskretschen)
  • Obec Jetřichovice (Gemeinde Dittersbach)
  • Obec Doubice (Gemeinde Daubitz)
  • Obec Staré Křečany (Gemeinde Alt Ehrenberg) u.a. mit Brtníky (Zeidler) und Kopec (Hemmehübel)
  • České Švýcarsko o. p. s. (Gemeinnützige Gesellschaft Böhmische Schweiz)
  • Klub českých turistů (Klub tschechischer Touristen)

Von deutscher Seite:

  • Landkreis Sächsische Schweiz – Osterzgebirge
  • Stadt Bad Schandau
  • Stadt Sebnitz
  • Stadt Hohnstein
  • Tourismusverband Sächsische Schweiz e.V.

Das sind – man sieht es schon – keine Hustensaftschmuggler. Allein der Klub tschechischer Touristen hat 40 000 Mitglieder. Die drei deutschen Städte kommen auf zusammen etwa 17 000 Einwohner. Und der Tourismusverband hat 166 Mitglieder, die für reichlich Arbeitsplätze in der Region stehen.

Und um diese Wege geht es:

Großer Zschand bis zur Grenze und weiter nach Mezni Louka (Rainwiese).

 Gesperrt: Großer Zschand

 

Beide Brücken an der Niedermühle.

 Nicht mehr da: Brücke Niedermühle

 

Der Weg über die Schönlinder Brücke zum Schwarzen Tor.

 Auch nicht mehr da: Schönlinder Brücke

 

Der historische Fremdenweg zwischen Katzenstein und Prebischtor.

 Der Löwe am Fremdenweg

 

Der Stimmersdorfer Steig zwischen Altarstein und Gabrielensteig.

 Altarstein

 

Der Aufstieg aus den Weberschlüchten zur Aussicht Neues Kanapee und weiter zum Prebischtor.

 Gesperrt: Aufstieg Weberschlüchte

 

Der Weg zwischen Zadní Jetřichovice (Hinterdittersbach) und dem Luchsstein.

 Luchsstein

Die Begründungen für die Forderung nach Öffnung der Wege liest sich einleuchtend und logisch. Ich erspare mir hier, die nochmal abzutippen. Nachlesen kann man sie hier:

ZETTEL EINS

Womit ein dreiviertel Jahr ins Land gegangen wäre, und das Ministerium sich nun herabgelassen hat, zu reagieren. Auf immerhin 13 Seiten wird hier aufgeführt, was alles NICHT geht. Da werden zunächst, wie es sich behördlich gehört unter Nennung aller Paragraphen, die „notwendigen“ Prüfungen aufgelistet. Als da wären:

  1. FFH-Verträglichkeitsprüfung
  2. Umweltverträglichkeitsprüfung
  3. Konflikte mit „verbotenen Handlungen“ im Nationalpark (Neuanlegen von Wegen)
  4. Regelungen des Biotopschutzes
  5. Eingriffsregelung und Kompensationspflicht

Uff, das war schon einmal ein dicker Brocken.

Aber sodann wird noch einmal jeder Weg einzeln bewertet. Auffällig dabei ist, dass die aufgeführten Gründe für eine „Nichtöffnung“ des jeweiligen Weges immer dieselben sind. Scheinbar hat man sie einfach per Copy and Paste immer wieder übernommen. Ein paar Beispiele:

  • „Die angedachte Wegführung liegt in Ruhebereich und Kernzone, in einem der wenigen unzerschnittenen Räume im hinteren Teil der Sächsischen Schweiz…“
  • „Das Gebiet ist als FFH-Arthabitat für Mopsfledermaus und Großes Mausohr ausgewiesen.“
  • „Durch die angedachte Wegführung ist der Ruhecharakter des Gebietes bedroht.“

Dazu kommen dann noch Argumente wie „die Wegführung ist renaturiert“ (Da frage ich mich: ist da, wo ein Weg ist, keine Natur?), Uhu, Schwarzstorch und Wanderfalke, „touristischer Druck“ oder die Standards für Brücken, die nicht erfüllt werden könnten.

Abschließend wird gar behauptet, dass durch eine Öffnung der Wege die Brandgefahr sogar steigen würde. Und es wird darauf verwiesen, dass es ja schon genug legale Grenzübergänge gibt.

Aber lesen Sie selbst:

ZETTEL ZWEI

Meiner Meinung nach ist das ein reines Verhinderungsgutachten, von einem eifrigen Beamten verfasst, um sich beim grünen Minister einen Pluspunkt zu holen. Mit keinem Wort werden „Pro-Argumente“ auch nur erwähnt. Hier geht es darum, eine Initiative schnöde abzuwürgen.

Man möge bedenken, dass diese Initiative nicht von ein paar unbelehrbaren Naturzerstörern ausgeht, sondern von einer Menge gewichtiger Akteure beiderseits der Grenze. Neudeutsch: ein breites Bündnis.

Wenn man die so eiskalt abkanzelt, dann führt das, logisch, zu Frust. Und dann wählen sie demnächst eben so, wie sie wählen.

PS: das Eingangsbild hat eine KI erstellt. Stichworte waren: „grenzenloses Wandern in der Sächsischen Schweiz“.

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6 Gedanken zu „Gutachten des Ministeriums zur Wegeöffnung Ein behördlicher Schlag ins Gesicht

  1. Natur- und Umweltschutz? Ein ganz klares ja!

    ABER haben die grünen Bambi Phantasten eigentlich verstanden, was Wildnis wirklich bedeutet? Bei Rolf Böhm kann man das sich das eindrucksvoll ansehen.

    Etwas mehr Pragmatismus und Realitätsnähe als ein verklärtes wir drehen die Zeit einfach 1000 Jahre zurück, wäre angebracht.

    Leider ist das in ganz Deutschland so, zum Beispiel im Harz. Ich denke die Entscheidung fällt an der Wahlurne und dann wird sich betroffen angeschaut und endlos diskutiert wie das nur passieren konnte.

    Bekanntlich kommt der Strom für die Elektroautos und unsere Smartphones sowie das allgegenwärtige Internet (besonders Wifi) aus der Steckdose und nicht jeder hat eine PV Anlage.

    Wenn die grüne Politik hier konsequent wäre müssten wie das ganze Internet Geraffel auf Ökostrom umbauen oder abschalten und mit der Pferdekutsche fahren und noch vieles mehr…

    Ich denke was hier im Nationalpark geschieht ist ist nur zur Beruhigung des grünen Gewissens.

      1. Das hab ich nicht verstanden. Die Nationalparkverwaltung hatte hier gar keinen Anteil und wird auch nicht im Text erwähnt. Das Gutachten stammt aus dem Ministerium, und dem steht ein Grüner vor.

  2. Du hast ZETTEL EINS noch einmal mit dem zweiten Zettel verlinkt.

    Aber was da z. B. zur Schönlinder Brücke geschrieben wird, ist schon absurd. Wenn die Kirnitzsch so ein sensibles Gewässer ist, würde ich sofort die einen Kilometer nördlich liegende Kahnfahrt an der Oberen Schleuse einstellen. Die stört doch mehr die Natur …

  3. I can imagine serious reasons for not opening Schönlinder Bridge or Weberschlüchte even though it would be very nice to have connection there. But I really don’t understand why Grosser Zschnad can’t be open. It’s not such a long time ago when it was possible to walk comfortably to Mezní Louka.

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