Das ist eine meiner Lieblingsrunden, und ich habe sie auch schon mehrfach beschrieben. Diesmal sind wir sie bei Kaiserwetter mit ein paar neuen kleinen Änderungen gelaufen. Was sich mal wieder gelohnt hat.
Allein schon diese Brücke, die ich bisher noch nicht kannte, war die Tour wert. Außerdem finden wir Heilige, Wassermänner und einen Uhu, sozialistische Kinder, hübsche Bänkchen und einen Schädel. Es geht über insgesamt fünfeinhalb böhmische Dörfer. Also laufen wir doch einfach mal los.
Start ist in Herrnskretschen (Hřensko).
Böhmisches Dorf eins
Hierher setzt man entweder mit der Fähre von Schöna über oder man parkt im Ort. Am Elbkai ist das kostenlos, innerhalb der Ortschaft überall recht teuer. Die vietnamesische Handelsmeile bringen wir zügig hinter uns, oder wir gehen gleich am anderen Ufer der Kamnitz entlang. Etwas versteckt liegt das frühere Gaswerk, heute eine Pension. Das ist schon lange kein Geheimtipp mehr und tausendfach fotografiert. Noch ein Foto? Eigentlich überflüssig. Aber die Hand zittert zum Auslöser, und Speicherkarten sind geduldig. Knips, es ist passiert.
Rechts vom Gaswerk führt ein gepflasterter Weg (grüne Markierung) aufwärts. Den nehmen wir mal.
Der Weg bringt uns zunächst zum alten deutschen Friedhof. Viel ist davon leider nicht mehr übrig, aber immerhin das Wenige wird gepflegt. Auffällig ist die kleine Kapelle der Familie Clar. Selbige war hier durch Holzhandel recht wohlhabend geworden, man findet ihre Spuren auch andernorts.
Wir verlassen den Gottesacker in Richtung der Fahrstraße und gehen auf dieser zunächst ein paar Meter nach rechts. Hier findet sich an der Felswand ein kleiner Altar mit Bildern des Kirchenmalers Johann Christoph Hiebel aus dem Jahr 1737. Die sind recht gepflegt, leider weiß ich nicht, wem ich dafür danken könnte.
Wieder ein Stück auf der Straße zurück, und es beginnt ein Aufstieg im Zickzack entlang eines Geländers, welches auch einen Panzer aufhalten könnte. Immer noch grün markiert.
Wir landen an der Aussicht am Oberen Bielhorn. Es gibt einen netten Blick runter auf Herrnskretschen. Und auch die unvermeidlichen “Liebessschlösser” dürfen nicht fehlen.
Recht pfadig steigt der Weg jetzt weiter an.
Oben angekommen zieht sich der Weg noch ein Stückchen auf gleichbleibender Höhe lang. Dank (oder Undank) des gefräßigen Käfers haben wir hier einen kurzen Blick auf das Prebischtor. Und auch ein paar der alten “Schöberlinien-Bunker” winken im Wald. Innen sind die allesamt leider komplette Müllhalden. Lediglich in der Gegend um Schemmel (Všemily) finden sich ein paar restaurierte, deren Besuch ich hier nur empfehlen kann.
Solcherart erreichen wir Jonsdorf (Janov).
Böhmisches Dorf zwei
Im beschaulichen Örtchen gibt es mehrere Gasthäuser, eine kleine Kapelle und ein sozialistisches Geschwisterpaar.
Interessant ist der weithin sichtbare Aussichtsturm. Der ist eigentlich ein etwas massiver gebauter Funkmast. Bei guter Sicht und schönem Wetter: unbedingt hochsteigen, der Rundblick ist großartig. Wenn ein kräftiges Lüftchen weht: überdenken, das Luder schwankt im Wind. Obendrein kann man durch die Gitter bis zum Boden durchsehen. Wie wird mir.
Am Fuß des Turmes stoßen wir auf einen gelb markierten Weg, dem wir folgen. Der führt, kein Witz, quer über einen Golfplatz. Ein Hinweisschild (Keine Golfbälle mausen!) genügt hier. Tschechische Gelassenheit, oder: stellen sie sich das mal in Deutschland vor.
Geschwind erreichen wir so das Winzigdorf Kuttelburg (Hájenky) mit vier Häusern. Wird nicht mitgezählt. Es geht ein ganz kleines Stück auf der Straße weiter, und schon sind wir in Rosendorf (Růžová).
Böhmisches Dorf drei
Gleich hintern dem Ortsschild biegen wir links in eine Nebenstraße ab. Dort finden wir eine Menge schmuck aussehende Ferienhäuser und einige Teiche mit den allgegenwärtigen Wassermännern.
Obendrein sehen wir hier eine Kirche (der Glockenturm steht daneben) und ein Wirtshaus.
Einwurf: wer viel Zeit hat, kann die Runde noch zusätzlich verlängern und den Aussichtsturm auf dem Hutberg (Pastevní vrch) besuchen. Ob seiner ungewöhnlichen Form wird der von den Einheimischen “Brustwarze” genannt. Es lohnt sich, bringt aber noch zwei Kilometer obendrauf.
Wir folgen der Dorfstraße ein kleiner Stück, gleich an der ersten Kreuzung rechts, wieder ein kleines Stück Straße. Am letzten Haus taucht neben der Straße ein Fahrrad-/Fußweg auf. Es geht an einer Pferdekoppel und ein einem hübschen Bänkchen vorbei.
Am Wegesrand sehen wir sodann einen kleinen Parcours für Mountain-Bikes. Genau da biegen wir rechts ab, es geht ein Stück übers freie Feld und dann am Waldrand entlang. Ein Wetter-Stein (Sie wissen schon: Stein nass – Regen, Stein weiß – Schnee, zwei Steine-zu viel Bier.) erfreut uns. Außerdem ein paar Fitnessgeräte und schon wieder ein hübsches Bänklein.
Und so kommen wir nach Neuwelt (Nový Svět).
Böhmisches Dorf dreieinhalb
Einhalb deshalb, weil es hier genau Null richtige Einwohner gibt. Die ganze Siedlung besteht aus Ferienhäusern. Wir gehen links und dann gleich wieder rechts. Neidigen Auges erspähen wir eine Waldsauna. Das wäre doch mal was.
Es geht ins Tal runter, über eine kleine Brücke und sogleich wieder nach oben.
Oben angekommen sind wir in Arnsdorf (Arnoltice).
Böhmisches Dorf vier
Am zentralen Dorfplatz finden wir schon wieder ein Wirtshaus. Dazu eine große Kirche, die nach Jahrzehnten des Verfalls mittlerweile von außen wieder sehr schön aussieht. Da kommt Freude auf. Wir gehen nach rechts der blauen Markierung nach. Schon wieder viele schmucke Häuser. In einem Vorgarten wacht Onkel Uhu.
Gleich hinter dem letzten Haus gabelt sich der Weg, und jetzt wird es interessant. Die blaue Markierung führt nach rechts weiter, es ginge runter ins Tal der Dürrkamnitz, und von dort auch wieder hoch. Weit und breit ist kein Sperrschild zu sehen, aber offiziell ist das Tal tatsächlich schon geraume Zeit gesperrt. Wegen Baumbruchgefahr. Das hat mich zwar schon beim letzten Besuch nicht gestört (ich lebe noch), und wer möchte, sollte da lang gehen. Mich hat aber diesmal mehr interessiert, dass auf der Karte von Mapy.cz eine Umleitung eingezeichnet war. Wohlgemerkt: auf der Online-Karte, nicht vor Ort. Also den linken Weg genommen, und tatsächlich: nach ein paar Metern tauchen hier ziemlich neue gelbe Markierungen auf. Warum die nicht schon am Beginn des Weges stehen, das weiß allein der heilige Nepomuk.
Zu Anfang ein breiter Waldweg, wird die Umleitung bald zum Pfad, der sogar Spaß macht. Höhepunkt ist ganz ohne Zweifel ein wunderbares Konstrukt von einer Brücke. Und dieses scheint sogar recht neu zu sein, denn die moderigen Reste einer alten Brücke gammeln in Sichtweite im Wald herum. Herrlich, wenn es mal nicht für jeden Schiss eine Sicherheitsnorm und den TÜV braucht.
Wir passieren noch eine Wildfütterung, einen Blick zum Rosenberg und ein sehr einsames Haus am Waldrand. Und erreichen so Elbleiten (Labská Stráň). Samt Willkommensschild.
Böhmisches Dorf fünf
Ein rot markierter Weg führt uns durch das Dorf. Vorbei am Dorfteich und (hatte ich es schön erwähnt?) schmucken Häusern.
Wir kommen so zur Aussicht am Belvedere. Das ist der älteste ausgebaute Aussichtspunkt im Elbsandstein. Um 1710 zur Bespaßung derer von Clary-Aldringen gebaut, ab etwa 1800 für die Öffentlichkeit zugänglich.
Das Gasthaus stammt von 1889. Heute ist es leider nur noch eine Pension, bei schönem Wetter gibt es draußen aber einen empfehlenswerten Imbiss.
Es folgt ein wenig Ahnenkunde: Baumeister des Wirtshauses war der aus Elbleiten stammende Eduard Hegenbarth. Dieser war ein Bruder des recht bekannten Malers Josef Hegenbarth. Und Josefs Neffe zweiten Grades wiederum war Johannes Hegenbarth, der unter seinem Künstlernamen “Hannes Hegen” zur ostdeutschen Comiclegende wurde. Auch die Schauspielerin Wolke Hegenbarth gehört über drei Ecken zur Familie. Eben alle versippt und verschwägert.
Für den Abstieg haben wir jetzt zwei Möglichkeiten. Wer gut zu Fuß ist und es auch nicht im Knie hat, der geht direkt links von der Aussichtsplattform auf uralten Treppen zu Tal. Diese sind teilweise sehr steil und sie werden seit Jahrzehnten nicht mehr unterhalten. Aber es ist alles fest, und es liegen auch keine Bäume im Weg. Trotzdem ein Aber: nicht mit Turnschuhen, und auch besser nicht bei Nässe. Auch gut aufpassen, wo man hintritt, denn unterm Laub lauern hier hinterlistige Kienäppel. Und wer auf denen ins Rollen gerät, der kommt erst in der Elbe wieder zum Halt. Noch ein Aber: die Treppen sind auf der Online-Karte auch als gesperrt markiert, vor Ort ist davon aber nichts zu sehen.
Wer es ruhiger angehen will, der geht zurück zum Parkplatz am Belvedere. Dort beginnt ein grün markierter Weg, der im Zickzack ins Tal führt und auch sehr schön ist. Er trifft später mit dem Treppenabstieg zusammen. Man kann aber knappe zwei Kilometer drauf rechnen.
Wie auch immer unten angekommen, gehen wir nach rechts. Der nette Pfad führt hier ohne Höhenunterschied oberhalb der Straße lang. Vom Verkehr bekommt man nur wenig mit. Dafür aber haben wir einen Schädel am Wegesrand gefunden.
So erreichen wir wieder den Ortseingang von Herrnskretschen. Einmal auf dem Bürgersteig durchs Dorf, und wir sind wieder am Ausgangspunkt.
Fazit: fünfeinhalb Dörfer und gute 19 Kilometer. Trotz gewisser Längen nie wirklich anstrengend. Reichlich Höhepunkte und auch reichlich Einkehrmöglichkeiten am Wegesrand. Zu keiner Minute langweilig. Wie ich halt schon am Anfang schrieb: eine meiner Lieblingsrunden.
Zum Nachwandern: