Für all jene Gutmeinenden und Gutwollenden, welche unser aller Lieblingsgebirge nicht noch mehr als notwendig mit PKWs vollstopfen möchten und deshalb den öffentlichen Nahverkehr wählen, brechen mal wieder harte Zeiten an. Zumindest dann, wenn sie weiter als bis Bad Schandau wollen. Denn dort ist, sage und schreibe bis Mitte Dezember, für alle S-Bahnen erst mal Endstation. Es gibt eine kleine Alternative auf der Schiene und Ersatzbusse. Die aber alle nicht wirklich funktionieren. Schauen wir uns das also mal an einem ganz praktischen Beispiel an: wir möchten einen Ausflug zum mehr als beliebten Prebischtor machen.
Start für einen solchen Ausflug ist Herrnskretschen (Hřensko). Da fährt man normalerweise bis Schöna mit der S-Bahn, und kann dort mit einer grenzüberschreitenden Fähre nach Herrnskretschen übersetzen. Ganz entspannt. Hat sich was, die Bahn fährt ja nur bis Bad Schandau. Dort kann man dann tatsächlich in die U28 umsteigen und weiter bis Schöna fahren. Aber nur im Zwei-Stunden-Takt. Das kann man auf der Hinfahrt noch planen, bei der Rückfahrt droht dann aber im dümmsten Fall stundenlanges Warten.
Alternativ steigt man in den Bus 252 und fährt bis Schöna-Dorfplatz. Von da bis zum Bahnhof und also bis zur Fähre sind es aber noch gute zwei Kilometer. Zugegeben, immer bergab, aber trotzdem hatten wir uns das so nicht vorgestellt. Direkt zum Bahnhof kann kein Bus fahren, der Weg ist schmal, steil, und es gibt absolut keine Wendemöglichkeit.
Noch anders alternativ besteigt man in Bad Schandau die Fähre. Muss man, weil Busse die Elbbrücke wegen Gammels nicht überqueren dürfen. Auf der anderen Seite kann man dann wieder in den Ersatzbus S1 umsteigen und bis Schmilka-Grenzübergang fahren. Moment? Grenzübergang? Ja, dort ist Schluss. Bis zum eigentlichen Ziel, Herrnskretschen, läuft man dann wieder an die zwei Kilometer an der Straße lang. Da gibt es noch nicht mal einen richtigen Fußweg, nur einen etwas breiteren Seitenstreifen. Da ist man schon satt, und der Ausflug hat noch gar nicht angefangen.
Die – eigentlich ja wirklich gute – Fähre zwischen Schöna und Herrnskretschen hat somit noch genau aller zwei Stunden etwas zu tun. Ich höre es schon tönen, dass man bei so niedriger Auslastung doch noch ein paar Fördermittel benötigt.
Aber warum fährt der Ersatzbus nur bis zur Grenze und nicht noch ein Stück weiter nach Herrnskretschen? Das hat mir keine Ruhe gelassen, und so bin ich mal in eine der “VVO-Mobilitätszentralen” getappert und habe das gefragt. Die Reaktion der Mitarbeiterin bestand aus der Zwei-Wort-Universalantwort-auf-alles: “Ist so”.
Na, so schnell werdet ihr mich nicht los, ich rufe bei der Pressestelle des VVO an. Der Herr ist nett und höflich. Und antwortet tags drauf per Mail. Die wesentlichen Aussagen zitiere ich mal: “Wesentlicher Grund ist das Fehlen einer ortsnahen bustaugliche Wendestelle in oder wenigstens bei Hrensko. Darüber hinaus ist ein grenzüberschreitender Linienverkehr größeren rechtlichen Herausforderungen ausgesetzt.” Dazu meine Bemerkungen: eine richtige “Wendeschleife” gibt es tatsächlich nicht. Aber genug Platz, um einen Bus wenden zu lassen. Da wäre dann halt ein etwas höheres Maß an gegenseitiger Rücksichtnahme erforderlich. “Rechtliche Herausforderungen” dagegen sind gesichert auf Platz drei der öffentlichen Ausreden. Gleich nach “Kollege ist zu Tisch” und “Komme gerade nicht ins System”.
Es gibt ein Fahrplanheft, grenzüberschreitend und zweisprachig. Gedruckt und auch als Download auf verschiedenen Seiten, einfach mal suchen. Die gedruckte Version hat den Vorteil, dass sie bequem in den Rucksack passt und auch bei leerem Akku oder fehlendem Netz funktioniert. Eigentlich eine feine Sache. Nur eben leider kaum das Papier wert. Denn nie, wirklich nie, fährt alles so, wie es da abgedruckt ist.
Merke: Irgendwo wühlt irgendwann immer jemand im Dreck und schmeißt die Fahrpläne durcheinander. Von spontanem “Bahnroulette” ganz abgesehen.
Zur Verdeutlichung hier mal nur die Fahrplanänderungen der S-Bahn S1, Screenshot vom 30.6.2025:
Es gibt natürlich eine Alternative. Die hat in aller Regel einer Verbrennermotor und ist schon bei zwei Mitfahrern meist preiswerter als der ÖPNV – die Parkgebühren eingerechnet. Sie fährt flexibel und spontan, auch ohne vorher stundenlang zu planen. Aber sie sollte eigentlich, ja eigentlich, die sensible Region nicht tausendfach fluten und verstopfen.
Mit KI ein wenig übertrieben.
Doch ihr wollt es wohl nicht anders.
PS.: Wer jetzt denkt, in Tschechien ist alles besser: die touristisch bedeutsame Buslinie 441 (Mezná – Hřensko – Janov – Růžová – Česká Kamenice) fährt derzeit gar nicht, erst im August wieder. (Quelle)
Es gibt aber eine tschechische Buslinie, die bis Schmilka fährt. Und die besagte Buslinie 441 fährt deshalb nicht, weil die Straße von Herrnskretschen nach Jonsdorf saniert wird und deshalb voll gesperrt ist. Da ist auch mit privatem PKW kein Durchkommen.