Es war heiß, ja, es war wirklich heiß. Eigentlich hätte man ins Freibad oder einfach in eine kühl gefüllte Badewanne gehen sollen. Aber so zog es uns doch mal wieder in den Wald, den sandsteinigen solchen. Aber unter einer Bedingung: nicht zu lang sollte die Strecke werden, und auch keine allzu knackigen Anstiege beinhalten. Und so fiel die Wahl auf die Gegend rund um das tschechische Zeidler (Brtníky). Was soll ich sagen: es gab viel zu sehen am Wegesrand, gut etwas zu essen und am Ende noch eine Stör-Störung. Also bitte sehr, mir nach.
Zwecks Anreise nach Zeidler sollte ich hier eigentlich die Bahn empfehlen, denn mit der neu eröffneten Nationalparklinie ist die wirklich attraktiv geworden. Es geht so: von Dresden (oder irgendwo anders her) erst mal nach Bad Schandau (von Dresden also mit der S-Bahn-Linie 1). Dort in die U28 umsteigen, die grenzüberschreitend via Sebnitz nach Nixdorf (Mikulášovice) fährt. Dort noch einmal umsteigen, in die U27, die direkt in Zeidler hält. Klappte alles bei der Anreise ohne Probleme, alle Verbindungen sind hervorragend aufeinander abgestimmt, von Dresden braucht man so knappe zwei Stunden. Viel schneller geht es mit dem Auto auch nicht.
In Zeidler geht es vom etwas verkommenen Bahnhof erst mal ein paar Schritte in den Ort hinein, zu unserer Rechten kommen wir an einem alten Friedhof mit einer schönen Kapelle und vielen deutschen Gräbern vorbei.
Direkt unterhalb des Friedhofes dann ein ziemlich verkommenes Heiligenstandbild und ein, ganz im Gegensatz, hervorragend restauriertes Kriegerdenkmal aus dem ersten Weltkrieg.
Hat schon bessere Tage erlebt.
Gut, wir kommen an eine Straßenkreuzung. Nach links ginge es jetzt zur einzigen Kneipe des Ortes, aber wir wollen ja nicht schon versumpfen, und so gehen wir leicht rechts, wo wir schon die Markierung “Grüner Strich” ausmachen können. Der wird uns jetzt eine ganze Weile begleiten. Zuvor lohnt es sich aber, in dem kleinen Gebäude mit dem großen “I” wie “Information” rein zu schauen. Hier kann man touristische Infos, Landschaftsposter und vor allem seltene Mineralien erwerben. Spannend ist so ein Besuch aufgrund des Bertreibers dieses Hauses. Es ist Zdeněk Patzelt, vielen Freunden des Elbsandsteins als der erste Chef des Nationalparks Böhmische Schweiz und obendrein als einer der begnadetsten Landschaftsfotografen der Region bekannt. Ein Schwatz mit ihm lohnt immer. Hier ein Link zu seinen Fotos.
Gut, ausgeschwatzt und vielleicht eines seiner tollen Poster gekauft – oder doch besser: erst auf dem Rückweg kaufen, sonst leidet es noch im Rucksack. Wir folgen also dem grünen Strich. Obacht: der Weg biegt scharf nach rechts aber eher unauffällig auf eine Wiese ab, hier rennt man leicht mal vorbei. Dann ein Stück wirklich über freie Wiese, im Rückblick schauen wir nochmal über Zeidler.
Sodann erreicht der Weg den Wald und zieht sich sehr, sehr bequem bis zu der Wüstung “Sternberg” hin. Ehemals stand hier ein kleines Jagdschloss, welches aber in den realsozialistischen 80er Jahren im wahrsten Sinne kaputtsaniert wurde. Man hat schlichtweg alle historische Bausubstanz entfernt und quasi einen Neubau hingestellt, der nur noch 08-15 aussah. Und heute auch schon wieder eine Bruchbude ist. Im Wald entdecken wir aber noch Reste alter Keller und mal wieder ein Kruzifix.
Im weiteren Verlauf des Weges geht es noch, ausgeschildert, zu einer kleinen Aussicht am Wegesrand, die aber arg zugewachsen ist. Und, wieder ausgeschildert, zum Großen Preußenlager (Velký pruský tábor). Dieser Abstecher lohnt unbedingt, wir stehen in einem großen Felsüberhang, welcher den Einheimischen einst als Versteck vor den marodierenden Preußen diente. Auf dem Weg dahin müssen wir uns durch einen Felsspalt quetschen und eine uralte Treppe runter laufen.
Der nächste Abzweig nach rechts, abermals gut ausgeschildert, führt uns zum Zeidler Raubschloß (Brtnický hrádek). Versprechen sie sich nicht zuviel davon, von der alten Rauritterfeste sind nur kümmerliche Reste übrig, der Weg dahin macht aber richtig Spaß. Es geht über viele Steinstufen hoch und runter, an einigen etwas ausgesetzten Stellen gibt es auch Handläufe zum Festhalten.
Vom eigentlichen Raubschloß können wir dann nur noch Fundamente erkennen, haben dafür aber eine recht nette Aussicht.
Weiter führt uns nun der immer noch grüne Strich recht steil ins Tal bis zur Touristenbrücke, auf der wir die Kirnitzsch überqueren. Wir sind jetzt im Khaatal (Kyjovské údolí) und gehen nach rechts. So Pi mal Daumen einen Kilometer lang, ehe, wieder an einer Brücke, die Wegmarkierung Blauer Strich nach rechts abzweigt. Das Tal ist gut ausgebaut, hier sollte man immer mal wieder mit Mountainbikern rechnen. Und das satte Grün rundum genießen.
Der blaustrichige Weg steigt jetzt sehr sanft an und führt uns zunächst an dem einen oder anderen Heiligen vorbei.
Und endet in der Miniortschaft Hemmehübel (Kopec). Hier werden die Häuser fast ausschließlich von Sommerfrischlern benutzt, es gibt nur sieben reguläre Einwohner. Und die Kneipe U Oty (Beim Otto).
Selbige reicht vor allem frischen Fisch in verschiedenen Varianten und natürlich auch die üblichen Standards der böhmischen Küche. Ich für mein Teil habe eine hervorragende Knoblauchsuppe (rülps) und einen Hermelin verzehrt. Und ehe wieder Klagen von Pelztierschützern kommen: so sieht ein tschechischer Hermelin aus:
Schließlich gehen wir auf der kaum befahrenen Straße, immer noch blauer Strich, zurück nach Zeidler (höchstens ein Kilometer), kommen noch an diversen Heiligen vorbei, und können die Rückreise antreten.
Ach ja, da war doch noch was. Auf der Rückfahrt bleib die S-Bahn in Wehlen einfach mal so stehen. Bewegte sich weder vor noch zurück. Zwanzig Minuten lang, die Klimaanlage war ausgeschaltet und es wurde stickig im Waggon. Dann eine Durchsage, und zwar wortwörtlich so: “Liebe Fahrgäste, wegen einer Stör-Störung, steigen sie jetzt nicht aus.” Man war so klug als wie zuvor. Dann hatten aber einige Mitreisende mitbekommen, dass ja die nächste S-Bahn bald eintreffen müsste, und begaben sich auf den Nachbarbahnsteig. Wo dann auch tatsächlich, zwar mit Verspätung aber immerhin, die folgende Bahn einfuhr. In der ich bis Dresden dann keinen einzigen Bahnmitarbeiter mehr angetroffen habe. Waren wahrscheinlich so stör-gestört, dass sie sich nicht mal getraut haben, die Fahrkarten zu kontrollieren.
Fazit: 17 Kilometer, 700 Höhenmeter, sehr entspannt. Viele Heilige am Wegesrand, sehr ruhig, wenig Mitwanderer und stör-gestörte Bahnfrösche.
Die Gegend ist auch im Winter einen Besuch wert, speziell wenn eine gewisse Zeit lang Frost und Schnee herrschten und man die Zeidler Eisfälle in voller Pracht bewundern kann.
Im letzten Winter waren sie leider ein wenig kümmerlich.