Schöna-Forststeig-Lehmischgrund-Niedergrund

Region: Sächsische Schweiz / Böhmische Schweiz
Dauer: acht Stunden
Entfernung: 20 Kilometer
Höhenmeter: (Hoch und Runter): 1140 Meter
Schwierigkeit: Lang. Der Forststeig ist ein Pfad. Im Lehmischgrund und im Gelobtbachtal wird es steil, deshalb nicht bei feuchtem Wetter.
Bemerkungen: S-Bahn bis Schöna. Parkplätze im Ort Schöna, dann wird die Tour länger. Einkehr in Niedergrund.

Diese Tour hatte ich ziemlich genau so vor zwei Jahren schon mal gemacht. Damals allerdings bei teilweise strömenden Regen, weshalb es manchmal knietief durch den Schlamm, danach dann  unter lautem Jodeln auf ebenso glitschigen wie steilen Wegen abwärts ging. Diesmal also bei Trockenheit und Sonne. Wobei die “Gewernerschaften” die Entscheidung leicht machten. Es streikte mal wieder irgendwer, weshalb die Fähren am Ufer blieben und man für mannigfaltige andere Ziele die Elbe hätte durchschwimmen müssen. Oder das Auto nehmen. Der Dank aller Umweltschützer geht deshalb an die VERDIs dieser Welt. Und auch gleich noch an die S-Bahn, denn die fuhr auch nur theoretisch. Auf dem Rückweg zumindest fiel schon mal ein Zug aus. Teufel auch, die Saison hat gerade begonnen, und ich hab schon dreimal ÖPNV-Chaos erlebt. Nicht mehr lange, und meine guten Vorsätze in Sachen Auto und Sächsische Schweiz landen in der Tonne.

Aber genug gemosert, jetzt gehen wir erst mal Wandern. Es erwartet uns ein großartiges Stück des ohnehin großartigen Forststeigs, die eine oder andere ungeahnte Perspektive, reichlich lieblich plätscherndes Wasser, ein historisches Stück Weg, ein Tor, das keines ist und ein Ort mit viel Vergangenheit. Auf geht es.

Start ist am Bahnhof von Schöna. Von dort gibt es nur einen Weg, befestigt mit alten Pflaster, der aufwärts führt. Ein paar Meter hoch, dann zeigt uns der Wegweiser nach links den Forststeig an. Markiert ist der mit gelben Klecksen an den Bäumen, die uns ab jetzt eine ganze Weile begleiten werden.

Der Weg wird schnell pfadig. Zur Rechten erspähen wir ein paar alte Steinbrüche. Auffällig sind die Spuren, welche Spaltkeile da im Stein hinterlassen haben.

Eigentlich ist die ganze folgende Etappe schnell erklärt: immer dem gelben Klecks nach, bis ich “Halt” sage. Man achte auf ein paar schöne Dinge am Wegesrand.

Eine Boofe wie aus dem Buch der Boofen.

Eine extra ausgeschilderte “Verlegung” des Weges, die aber eigentlich eine Steigerung von dessen Attraktivität ist. Denn hier darf man über den kleinen Damm des Schiebbachteiches laufen und dem beruhigenden Geplätscher lauschen.

 Wasser marsch

Ein besonders gut erhaltener historischer Forstgrenzstein.

Die “Schmugglerwand”, die nach hiesiger Sitte eigentlich “Pascherwand” heißen müsste.

Unter solcherlei Betrachtungen steigen wir wieder ein wenig ab und erreichen den Gelobtbach. Der bildest die Grenze ins Böhmische.

Hier kommt dann zu unseren gelben Klecksen noch eine richtige grüne Wegmarkierung dazu. Beide verlaufen nahezu gleich, wir können uns in Richtung Böhmisches Tor orientieren. Irgend ein Unentwegter hatte es tatsächlich mit einem Tandem (!) bis hierher geschafft. Respekt.

Der Weg geht dann, leicht aufwärts, durch einen Kahlschlag. An dessen höchstem Punkt mal umdrehen und das Adlerauge ausfahren. Man sieht des rote Dach des Restaurants “Falkennest” am Prebischtor.

 Da ist mehr los

Schließlich kommt die Stelle, an der ich “Halt” rufe. Der Forststeig ginge weiter geradeaus, während wir nach links dem grünen Strich folgen. Es geht zur Grenze am Böhmischen Tor. Welches aber gar kein Tor ist. Sondern nur ein paar Steine und ein rostiger Schlagbaum.

Wir bemerken aber sogleich, dass wir im Nachbarland angekommen sind. Denn ein liebevoll gestaltetes Bänkchen empfängt uns, kurz danach eine ebenso liebevolle Schutzhütte. So etwas sagt mir immer “Wandersmann, du bist willkommen”. Und die Tschechen haben das einfach drauf.

Gleich nach der Hütte, die heißt passenderweise An der Buche (U Buku), biegen wir wieder links ab, jetzt einem gelben Strich nach. Zunächst ist das ein sanft abfallender, befestigter Weg. Am Wegesrand kann man Musterbeispiele zum Thema “Wir schaffen einen gesunden Wald” sehen. Frische Setzlinge, mit Zäunen geschützt vor dem gefräßigen Bambi. So klappt das. Und den “Natur Natur sein lassen” Fundis ins Stammbuch: nach eurer Methode wachsen wieder nur Fichten nach, dazu Blaubeergesträuch. Herrgott, lass es tschechisches Hirn regnen.

 Perfekt

Wir verlassen den befestigten Weg nach rechts. Obacht, hier läuft man schwatzenderweise schnell vorbei. Ein kleiner Teich und ein wurmstichiger Wegweiser mögen zur Orientierung dienen. Selbiger weist zur Kamenka, deutsch: Lehmischgrund.

Der Weg ist etwas ganz Besonderes. Denn er ist zur Gänze mit uraltem Pflaster belegt. Welches teilweise sogar mit einem Muster ausgelegt wurde. Der Lehmischbach plätschert dabei freundlich nebenher. Und an einigen Stellen flutet er auch zu jeder Jahreszeit den Weg. Da muss man dann ein wenig balancieren, um  trockene Füße zu behalten. Alles in allem aber ein herrliches Stück Wanderweg.

 Lehmischgrund

Je weiter wir ins Tal kommen, um so steiler wird der Weg. Und an einigen Felsen tummeln sich hier gern ganze Heerscharen von Kletterern. Dann sieht es am Wegesrand aus wie in einem, ach je, wie drücke ich mich nur aus…wie in einem Lager einer wenig sesshaften ethnischen Minderheit. Uff.

Aber Kletterer wissen sich fast immer im Wald zu betragen, und so ist das alles halb so wild. Wir erreichen den Ort Niedergrund (Dolní Žleb). Gleich am Ortseingang die Ruine einer ehemaligen Sägemühle. Immer mal wieder hatte ich von Plänen gehört, dort ein Freilichtmuseum einzurichten. Das ist aber auch schon wieder zehn Jahre her. Jetzt konnte man ein paar Bauarbeiten beobachten. Mal sehen.

Es tut sich was.

Und gleich neben der Mühle rauscht auch noch mal ein wunderbarere Wasserfall.

Außerdem gibt es eine Kirche, zwei Kneipen und einen Gottesacker.

Auf dem Friedhof fällt zunächst dieser Grabstein ins Auge:

Ist es wirklich das, was ich da zu sehen glaube? Oha.
Spannender ist aber das Mausoleum der Familie Gintl, Patriarch Friedrich-Wilhelm war Professor in Prag.  Er starb 1908, seine Frau ließ dann die Grabanlage bauen. 1952 hat die Tschechoslowakei die Gruft enteignet, und seitdem gammelt sie vor sich hin. Leider ist der Zustand bedenklich, hier sollte bald was unternommen werden. Besser sieht die Villa des Professors aus, an der sind wir schon vorbei gekommen.

Vom Friedhof aus folgen wir jetzt einem grün markierten Weg. Zunächst bringt er uns durch den Rest des Dorfes zum Bahnhof. Vorbei an einem Gedenkstein an den “Tag der Befreiung”. Nun, für die meisten Einwohner von Niedergrund dürfte dies eher der Tag sein, an dem die Vertreibungen begannen. Der Stein sieht denn auch nicht wirklich gepflegt aus.

Wer jetzt schon keine Lust mehr hat, kann am Bahnhof abbrechen. Für alle anderen führt der Weg in den Wald. Und bietet einen ungewöhnlichen Blick auf die bekannte Aussicht am Belveder auf der anderen Elbseite.

Sodann kommen wir noch an ein paar Mauer- und Fundamentresten vorbei. Die gehörten einst auch zu Niedergund. Der tschechischen Regierung standen die Häuser aber zu nahe an der Grenze, weshalb sie in den 1960er Jahren geschleift wurden.

Dafür plätschert hier aber schon wieder eine Quelle, und für den durstigen Wandersmann / –frau / –divers stehen sogar ein paar Tassen bereit. Und ein Schild erklärt uns: “Dies ist eine Quelle lebendigen Wassers. Wer daraus trinkt, wird
bis zum Tod leben.” 
Was ich sofort glaube.

Der Weg geht noch ein Weilchen im Wald weiter und endet genau an der Grenze im Gelobtbachtal. Hier gehen wir zur Elbe runter, und es wird noch mal ordentlich steil. Denn eigentlich ist das hier kein Weg, sondern war mal eine Husche. Also eine Art Rutschbahn für Baumstämme. Damit es keine Rutschbahn für Wanderer wird, heißt es, die Füße mit Bedacht zu setzen. Auf den Fotos sieht man das nicht so richtig, aber großes Pionierehrenwort: es ist wirklich steil.

An der Elbe sehen wir dann die eher unrühmlichen Reste der Gelobtbachmühle sowie ein Abort-Häuschen direkt auf den letzten deutschen Zentimetern. Ein Schelm…

Auf dem Elbradweg laufen wir sodann zurück nach Schöna. Der Fluss bietet hier nochmal ein herrliches Panorama.

Und sogar noch ein Tränchen kann ich verdrücken beim Anblick meiner einstigen Lieblingskneipe. Die ist hier dank Spiegelung sogar doppelt, in Wirklichkeit aber gar nicht mehr vorhanden.

Fazit: wunderbare 20 Kilometer. So muss eine Wanderung sein: tolle Pfade, die eine oder andere Entdeckung am Wegesrand, ein bisschen Historie. Jederzeit wieder.

Zum Nachwandern:

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