Rund um Berggießhübel

Die Gegend um Bad Gottleuba und Berggießhübel hat es nicht leicht: zum Erzgebirge gehört sie nicht mehr, und zur Sächsischen Schweiz noch nicht. Weshalb sie immer wieder hinten runter fällt, wenn es um Beschreibungen der Natur geht. Sehr zu Unrecht, wie mir jetzt Markus, seines Zeichens Mitglied der IG Siegen- und Wanderfreunde, auf einer wunderbaren Tour bewiesen hat. Vorab schon mal ein Fazit: hier gibt es jede Menge kleiner Perlen, denen aber allen samt irgendwie die Fassung fehlt. Eigentlich herrliche Aussichten wachsen komplett zu, Bänke modern vor sich hin, und gescheite Wanderkarten gibt es schon gar nicht. Aber das soll niemanden abhalten, denn von diesen kleinen Meckereien mal abgesehen, hat die Ecke wirklich was zu bieten. Weshalb ich jetzt auch gleich ins Detail gehe:

Rundblick vom “Rektor-John-Platz”.

1. Zehistaer Wände

Das sind schroff abfallende Felswände, natürlich aus Sandstein. Oberhalb, sozusagen an der Hangkante entlang, führt ein sehr netter Pfad. Wirklich schön sind vielen Klüfte hier, es gibt auch ein paar Höhlen.

DSCN0004DSCN0006DSCN0008DSCN0009 Zehistaer Wände.

Einst muss es hier auch wirklich schöne Aussichten gegeben haben, an denen dann auch noch das eine oder andere Bänkchen stand. Nun, die Aussichten sind völlig zugewachsen, und auf die Bänke sollte man sich ab  70 Kilo Lebendgewicht besser auch nicht mehr drauf setzen. Schade eigentlich.

DSCN0005 Vergammelte Bank ohne Aussicht.

2. Felsenbrücken

Da steht man direkt drauf und merkt es nicht. Denn von den namensgebenden “Brücken” die hier vor rund 200 Jahren zum Vergnügen der Flanierenden die Felsen überspannten, ist nichts mehr übrig. Von der Aussicht noch weniger. Und so bleiben nur ein paar Balkenlager und einige Steinstufen, die noch auf einen einstmals touristischen Ausbau hindeuten. Schon wieder schade, eigentlich.

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Nur noch Erinnerungen an einstige Brücken.

In eines dieser Balkenlager hat übrigens vor X-Jahren mal ein Patriot den Namen “Hindenburg” geritzt. Was die Jahrzehnte überdauert hat.

DSCN0016 Hindenburg.

3. Steinerner Pilz

Dazu muss man nun nicht allzu viel sagen. Oder soll ich hier ernsthaft die Frage beantworten, warum dieser Fels so heißt? Besser nicht.

DSCN0017 Preisfrage……

4. Gersdorfer Ruine

Eine Ruine, die schon immer eine solche war. Zu Zeiten der Romantik baute man gern solche scheinbar schon uralten Gemäuer in den Wald, um sich dort wie Lohengrin oder Siegfried zu fühlen. Unsere Ruine hier entstand 1820 im Auftrag eines Freiherrn von Leyßer. Konsequenterweise hat man sich in den folgenden 200 Jahren nicht mehr drum gekümmert, so dass aus der künstlichen mittlerweile eine echte Ruine geworden ist. Immerhin, und hier herrscht echt deutsche Konsequenz: wenn es bedenklich bröckelt, wird hierzulande nicht etwa repariert, sondern ein Sperrschild angebracht. Welches aber niemanden ernsthaft zu stören scheint. Neben der Ruine gab es einst eine Aussicht, welche in alten Wanderführern über den grünen Klee gelobt wurde. Heute, wie leider so oft, schauen wir nur noch in dichtes Gehölz.

DSCN0022 Früher war die Ruine nur künstlich.

DSCN0020 Schnelles behördliches Handeln.

5. Alte Mühlsteinbrüche

Unterhalb der Zehistaer Wände ist der eigentlich ja bröselige Sandstein so fest, dass man ihn sogar zur Herstellung von Mühlsteinen verwenden konnte. Ein schmaler Pfad windet sich heute entlang dieser früheren Steinbrüche. Und der macht richtig Spaß, minimale Kletter- und Krabbeleinlagen inklusive.

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Alte Steinbrüche.

6. Jagdstein

Ein einzelner Fels, von dem man, endlich mal, eine richtig schöne Aussicht hat. Oben auch ein Bänkchen, diesmal in gutem Zustand. Also eigentlich eine tolle Sache. Nur dummerweise hat der örtliche Schützenverein seinen Ballerplatz genau daneben. Schon den ganzen Morgen hallte das Geräusch der ach zu sportlichen Betätigung der örtlichen Meisterschützen auf unserer Tour wieder, hier oben ward es dann gar unerträglich. Deshalb an dieser Stelle schon wieder ein glattes: Schade, eigentlich.

DSCN0029DSCN0030 Eigentlich sehr schön, aber….

DSCN0028 …nebenan wurde unaufhörlich geballert.

7. Brand

Ja, hier gibt es auch einen “Brand”, genau wie bei Hohnstein. Dieser hier besteht aus einer Gruppe recht verwitterter Felsen, die auch von echten Kletterern genutzt werden. Zwischen diesen Felsen führt aber auch für den Wandersmann, so er denn einigermaßen gut zu Fuß ist, ein herrlicher Pfad hindurch. Spalten, Auf- und Abstiege, kleinere Klettereien: das macht einfach einen Heidenspaß. Hier war ich mal richtig begeistert.

DSCN0033DSCN0036 Kletterei am Brand.

8. Kurze Entdeckung am Wegesrand

Oder: was so ein Baum doch für eine Kraft in seinen Wurzeln hat.

DSCN0039 Da ist man baff.

9. Hochstein

Schon wieder so eine Gruppe von Felsen. Schon wieder ein netter Aufstieg, sogar über ein paar uralte Treppen. Oben wieder eine eher eingeschränkte Aussicht. Dafür kann man aber auch auf die umstehenden Felsmurmeln rauf turnen und die eine oder andere bizarre Verwitterung bewundern. Oder oben rasten, der Platz eignet sich hervorragend für eine Pause.

DSCN0041DSCN0042DSCN0047DSCN0048 Auf dem Hochstein.

Oben findet sich auch eine Felsinschrift mit der Jahreszahl 1755. Irgendwie soll die etwas mit dem Bergbau zu tun haben.

DSCN0046 Felsinschrift.

10. Rektor-John-Platz

Na ja, nicht mehr als ein Rastplatz mit einer Tafel zu Ehren eines verdienten Lehrers. Aber immerhin: von hier hat man mal eine richtig gute Sicht über den Ort Berggießhübel.

DSCN0049DSCN0050 Endlich Aussicht.

11. Panoramahöhe

Hier geht es recht knackig von Berggießhübel aus den Berg hoch. Wer dagegen lauffaul ist, der kann auch gleich mit dem Auto bis ran fahren. Oben dann ein wirklich nettes Berggasthaus. Und ein Aussichtsturm, der dem ollen Bismarck gewidmet ist. Von dem man aber eine wirklich gute Rundumsicht hat.

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Wirtshaus und Bismarckturm auf der Panoramahöhe.

 

12. Fazit:

Ganz viele Perlen, denen eben doch ein wenig die Fassung fehlt. Aussichten wachsen zu, an der besten Aussicht der Tour nervt die Knallerei eines Schießplatzes. Bänke vergammeln, Ruinen werden immer ruinöser. Nur zwei Wanderkarten überhaupt für die Region, eine so wenig tauglich wie die andere. Andererseits: eine recht gute Beschilderung im Wald und wirklich spannende Ziele. Mir scheint, als ob die Gemeinde ihren Fokus nicht so sehr auf die Wanderer richtet, sondern eher auf die klassischen Kurgäste, die hier zwecks Linderung des einen oder anderen Leidens herkommen. So befassen sich etwa in der 67 Seiten starken Ortsbroschüre nur zwei Seiten mit dem Wandern. Und auch auf denen wird nur auf eine weitere Broschüre und auf ein paar geführte Runden hingewiesen. Statt dessen gibt es seitenweise Anregungen für Kneippsche Kuren. Was soll’s, am Ende muss jeder selbst wissen, um welche Klientel er buhlt. Ich zumindest komme demnächst garantiert mal wieder, zumal mir Markus noch weitere interessante Ecken versprochen hat. Da freu ich mich schon drauf.

PS – Zur Orientierung

Wie schon gesagt: brauchbare Karten sind Mangelware. Aber hier hilft das Netz der Netze weiter: auf den Karten von Open Street Map findet man die meisten der hier erwähnten Ziele recht gut. Lediglich der Pfad entlang der Steinbrüche fehlt auch hier. Aber immer noch besser als der Rest. Also am besten ausdrucken oder auf dem Smartphone speichern. Meine Empfehlung: hier.
Aber auch ganz ohne Karte: die Beschilderung im Wald ist irgendwo zwischen gut und sehr gut. Einige Wegweiser sehen sogar recht neu aus, da kümmert sich also jemand.

12492cookie-checkRund um Berggießhübel

3 Gedanken zu „Rund um Berggießhübel

  1. Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen,
    Topografische Karte 1:25000 Königstein, Bad Gottleuba-Berggießhübel
    ISBN 978-3-86170-902-2
    in dieser Karte finden sie alle Ihre Wege.
    Zum Zustand der Aussichten, Rastplätze und Ruhebänke gebe ich Ihnen Recht, ein Phänomen nicht nur in diesem Gebiet. Mit freundlichen Grüßen V.Andiel

    1. Es stimmt zwar, dass viele Aussichten dort zugewachsen sind. Aber ich kann mich Ihrer Kritik darüber nicht anschließen! Aussichten zu erhalten bedeutet schließlich Baumbeschnitt und Baumrodung! Das sollte man mal bedenken. Als Naturliebhaber sollte man sich daher fragen, ob man das wirklich möchte, nur um eben mal “wieder eine” Aussicht zu haben – die man an vielen anderen Stellen auch auf natürliche Weise haben kann. Der Erhalt der Natur hat für mich immer noch Prioriät vor den Interessen von Wanderern, die am liebsten an jeder erhöhten Stelle “Aussichten” haben möchten! Der Mensch macht sich schon überall breit genug und alles andere muss immer weichen. Man kann also ruhig der Natur auch mal “freien Lauf” lassen und sie einfach so genießen, wie sie ist. Das sollte man auch Kinder lehren.

  2. Liebe Autoren, danke für den sehr schönen Beitrag zum Hoch- und Jagdstein bei Berggießhübel. Ich arbeite z.Zt. an meinem dritten Band zu den Erhebungen des Erzgebirges, vertrete aber die Meinung, dass dieses Gebiet noch zum Ostrand des Erzgebirges gerechnet werden kann. Ein schwieriges Thema, aber ich denke, wenn Sie sich mal mit meinen Büchern beschäftigen, dann gibt es eine Diskussionsgrundlage. Der Beitrag aber ist Klasse und für mich sehr hilfreich. Mit einem herzlichen Glück Auf – Frieder Berger – Wolkenstein

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