Kurze Tour zwei: Schönfelder Hochland Erfreuliches oberhalb von Pillnitz

Auch wenn wir jetzt wieder frei weg wandern dürfen, folgt hier eine zweite kurze Tour im Weichbild von Dresden. Es geht ins Schönfelder Hochland. Dort stehen derzeit die Obstbäume in voller Blüte. Und da ich ein wenig befürchte, dass sich nach Wochen des Entzugs jetzt sehr viele Wanderer in die Sächsische Schweiz aufmachen, kann es ja nicht schaden, diese Runde als Alternative zum Sandstein zu überdenken. Zumal uns Stiegen, Schlüchte und Aussichten dort ja nicht weglaufen. Also, mir nach.

Start und Ziel ist die Bushaltestelle “Van-Gogh-Straße” der Linie 63. Wer mit dem Auto kommt parkt auf dem Riesenparkplatz von Schloss Pillnitz und läuft ein Stück zurück. Wir begeben uns auf die nach olle Vincent benannte Straße und kommen so fast automatisch auf den Keppgrundweg, der wiederum in den Keppgrund (ohne –weg) übergeht.

 Links ist der Keppgrund, rechts ist er weg.

Am Eingang zu nämlichen Grund erwartet uns ein Sperrschild. Das steht seit zehn Jahren dort, weil eine Treppe (wir werden sie noch sehen) marode sein soll. Diese eine Dekade alte Pressemitteilung kann man sogar noch abrufen. Seit diesen zehn Jahren wird die Sperrung geflissentlich ignoriert, und seit zehn Jahren trägt besagte Treppe tapfer so manchen Wandersmann. Aber die Seele der Pullunderträger in den Amtsstuben hat erst mal Ruhe.

  Zügig dran vorbei.

Im sanft ansteigenden Grund erwartet uns jetzt viel Natur und plätscherndes Wasser. samt kleiner Brücken. Nicht zu schnell durchhasten, auch mal inne halten, umdrehen und genießen!

  Keppgrund

Schon bald taucht die Keppmühle vor uns auf. Einst war die eine beliebte Pumpstation der Dresdner Studentenschaft, und schon Carl Maria von Weber ging hier ein und aus. Heute wird das Haus leider nicht mehr bewirtschaftet, ist aber äußerlich immer noch gut in Schuss.

  Keppmühle

Und da stehen wir auch schon vor der tödlichen Treppe. Falls wir leichter als vier Tonnen sind ignorieren wir also die Sperrung unserer Nannys aus den Amtsstuben und steigen hoch. Was gar kein Problem ist, so man sich nicht  mit der Wucht eines Panzers gegen das Geländer wirft.

  Die Treppe des Todes

Uff, geschafft, gerade noch mal mit heiler Haut davon gekommen. Oben können wir die Sinnsprüche an der Fassade der Mühle bewundern. Und am Felsen finden sich einige Plaketten, die auf studentische Abschlussfeiern hinweisen.

Und auch olle Carl Maria bekommt eine Widmung:

Und dann warnt auch noch ein Schild davor, dass uns hier ein Rindvieh begegnen könnte. Kann ich nicht bestätigen, alle Mitwanderer waren freundliche Menschen.

 So ein Ochse!

Hinter der Mühle ein paar Treppen hoch, und schon sind wir im Hochland. Die Obstbäume stehen jetzt wirklich in voller Blüte, da geht das Herz auf.

Wir erreichen Malschendorf. Das dortige Wirtshaus muss leider derzeit geschlossen bleiben. Aber die Aussicht an der Malschendorfer Höhe ist ausgeschildert. Ein weiter Rundblick und ein kleiner Rastplatz harren unserer.

Zur besonderen Beachtung: den Rastplatz hat niemand anders als der Papst persönlich gestiftet:

  Kirchenvater auf Sächsisch: mit weichem “b”.

Wir folgen der grünen Markierung weg von der Aussicht. Die führt uns zunächst ein paar Meter über die Dorfstraße, später dann auf einem netten und bequemen Weg weiter. Wir kommen an einer Stelle vorbei, wo vermutlich eine aufgelassene Müllkippe renaturiert wird. Ein gutes Dutzend Erklärschilder sind schon da, die aber alle entweder auf die Waldameise oder auf die Eidechse hinweisen. Da war wohl der Fördertopf für Schilder noch nicht ausgeschöpft.

Besonders nett finde ich das Schild im zweiten Bild: “Achtung, hier entsteht ein Schild!”. Leider fehlte wohl davor ein weiteres Schild: “Achtung, hier entsteht ein Schild, welches demnächst auf die Entstehung eines Schildes hinweist!”.

Unter solcherlei philosophischen Betrachtungen erreichen wir Raitzendorf. Links ein Stück auf der Dorfstraße, dann gleich wieder rechts. Hier:

An dieser Stelle läuft man schnell vorbei, die grüne Markierung ist etwas versteckt. Geradeaus wäre auch nicht weiter schlimm, denn da käme man zum sehr empfehlenswerten Kleinbauernmuseum. Welches aber, in der derzeitigen Weltuntergangspanik, geschlossen ist.

Wir erreichen so eine weitere Dorfstraße, gehen wieder rechts. Und kurz vor dem Ortsausgang, schon wieder nach rechts, kommen wir in den Friedrichsgrund. Ab jetzt wieder ein Wanderweg, vorbei an Donald und Daisy. Oder Schnattchen.

  Nak, nak….

Gemächlich bergab bringt uns der Weg zur Meixmühle. Fein saniert, aber leider derzeit ebenfalls geschlossen. Immerhin stehen ein paar Kästen Kaltgetränke und eine Kasse des Vertrauens bereit. Eine schöne Idee.

  Prost!

Wir folgen jetzt weiter der grünen Markierung, das nächste Ziel ist der Borsberg. Es geht wieder mal nach oben. Kurz wird eine Landstraße überquert, und schon stehen wir auf dem Gipfel. Hier treffen sich zwar ein halbes Dutzend Wanderwege, sonst ist aber leider nicht mehr viel los. Die frühere Bergwirtschaft dienst nur noch als Wohnhaus, die Aussichtplattform wurde vor knapp zehn Jahren abgerissen und die darunter liegende künstliche Grotte gesperrt. Sehr ärgerlich.

  Früher eine sehr beliebte Tränke

Aber immerhin eine historische Triangulationssäule ist noch da. An der ist uns außerdem der Garfield vom Berge begegnet.

  Borsberg mit hartem “b”.

Direkt an der Säule führt ein Weg nach unten, dem wir folgen. Theoretisch wäre weiter die grüne Markierung für uns zuständig, die wird aber jetzt ausgesprochen lückenhaft. Da empfiehlt sich eine Karte. Unser Ziel soll der Jagdweg sein. Ein paar verwirrende Kreuzungen samt noch verwirrenderer Beschilderung müssen wir bis dahin meistern. Haben wir den Weg dann gefunden, zieht er sich sehr bequem dahin. Am Wegesrand können wir einige wirklich gewaltige Buchen bestaunen.

Noch einmal überqueren wir eine Landstraße, und schon finden wir uns an einer ganz besonderen Ruine wieder. Selbige war schon immer eine solche. Man hat sie zur Zeit der Romantik schon so gebaut. Aber auch eine jüngere Geschichte gibt es hier zu berichten. Über viele Jahre war diese künstliche Ruine nämlich zu einer echten solchen geworden. Es bröckelte überall ganz gewaltig. Weshalb die verantwortlichen Ämter vor sechs Jahren verkündeten, sich der Sache annehmen zu wollen.

  Künstliche Ruine

Über mehrere Jahre zeugte lediglich ein Bauzaun samt Absperrung von diesen Bemühungen. Dann aber ging es fix, und man kann wirklich zufrieden sein. Zwar kann man die Ruine nicht mehr betreten, Eingang verrammelt, Fenster vergittert, aber alles andere hat Hand und Fuß. Als da wäre: der Fußboden, ehemals eine Mischung aus Erde, Müll und Lagerfeuerresten, ist wieder mit Steinplatten belegt, der ganze Baukörper wurde auf Vordermann gebracht.

  Sieht gut aus

Vor allem aber: die Ruine hat wieder ein Dach. Und auf diesem Dach – jetzt kommt es – gibt es eine Aussichtsplattform. Und damit diese Plattform auch einen Sinn macht, hat man sogar eine Sichtachse direkt aufs Schoss Pillnitz frei geschnitten. Was ich mal richtig gut finde.

  Schöne neue Aussichten

Hier haben sich Stempelkarusselle also wieder recht langsam gedreht. Aber am Ende ist eine feine Sache raus gekommen. Geht doch.

Von der Ruine steigen wir auf einem Zick-Zack-Weg ab und landen direkt in Pillnitz. Derzeit sollten wir hier auf jeden Fall einen Rundgang durch den Schlosspark unternehmen, denn es wird – hier sage ich mal: Dank Corona – kein Eintritt erhoben. Und der Park ist ja nun wirklich sehr schön. Lediglich das Kamelienhaus kann man nur von außen besichtigen.

Wenn wir dann den Park ausgiebig besichtigt haben, begeben wir uns auf einem alten Treidlerpfad direkt am Elbufer flussabwärts. Nach kurzer Zeit kommt die Kirche Maria am Wasser ins Blickfeld.

 Feines Kirchlein

An der zur Elbe gelegenen Friedhofsmauer können wir hier den Gedenkstein für einen gewissen Schnuff entdecken. Selbiger war ein Kapuzineraffe und gehörte Carl Maria von Weber. Es scheint, als ob der Musiker öfter mal einen Affen nach Hause gebracht hat und Frau von Weber das auch noch gut fand.

  Schnuff

Schließlich drehen wir noch eine Runde auf dem Friedhof mit seinen uralten und von Efeu überwucherten Grabstellen.

Danach laufen wir in einem leichten Rechtsbogen auf der Straße von der Elbe weg und landen direkt wieder an der Bushaltestelle und somit an unserem Ausgangspunkt.

Fazit: rund 15 Kilometer, wenig Anstrengung, dafür viele kleine Abwechslungen. Es muss nicht immer Sandstein sein. Und wie man die Ruine über Pillnitz aufgemotzt hat, finde ich wirklich gelungen.

Zum Nachwandern:

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3 Gedanken zu „Kurze Tour zwei: Schönfelder Hochland Erfreuliches oberhalb von Pillnitz

  1. Hallo Herr Noack!

    Ich bin zufällig auf Ihre Seite gestoßen und habe ein bisschen gestöbert. Sie haben eine bemerkenswert schöne und lockere Schreibe. Davon kann sich mancher Berufs-Schreiberling eine Scheibe abschneiden. Ich war auch mal einer.

    mfg Lutz Müller

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