Diese Runde ist dadurch entstanden, dass ich mal schauen wollte, wie weit die Arbeiten an der Basteiaussicht gediehen sind. Obendrein hatte ich gehört, dass die kultige Gastwirtschaft am Steinernen Tisch wieder geöffnet hat. Grund genug, sich mal Richtung Bastei zu begeben. Nun könnte man da einfach ranfahren, sich kurz ins Gewimmel stürzen und sich dann wieder schleichen. Was aber irgendwie sehr unbefriedigend wäre. Also hab ich eine Runde gebastelt, die einige interessante Abstecher und Umwege enthält. Inwieweit man die nachwandert, ist natürlich jedem selbst überlassen. Im Einzelnen besuchen wir: eine Miniortschaft über Treppen, einen Felsturm mit Bruchkante, ein Relief im Sandstein, eine ikonische Aussicht und einen wenig begangen Weg entlang alter Steinbrüche. Und während der Insider jetzt schon genau weiß, wo wir waren, folgt für alle anderen eine Beschreibung im Detail. Mir nach.
Wir starten in Stadt Wehlen. Mit der Elbe im Rücken suchen wir die linke hintere Ecke des Marktplatzes. Dort geht ein Fußweg durch, und zweigt gleich wieder rechts in Richtung Bastei ab. Der Wegemarkierungen gibt es hier viele. Und es geht zunächst auf schmalem Weg über altes Holperpflaster moderat aufwärts. Der Weg führt uns in den Wehlener Grund, er bleibt die ganze Zeit breit, bequem und fast schon zu gut ausgebaut. Nach einiger Zeit können wir aber über eine kleine Brücke nach links auf einen parallel verlaufenden schönen Waldweg ausweichen. An dessen Beginn finden wir einen Gedenkstein „Sebastian“. Der Schüler wurde hier beim Sportunterricht von einem Buchenast erschlagen. Tragisch.
Nach einem kurzen Stück kommen wir an eine Wegekreuzung. Links am Fels sehen wir die Gedenktafel für Friedrich Märkel. Der war ein international bekannter Insektenforscher aus Wehlen. Doch, oha, wer hat denn die Tafel angebracht. Die ISIS? Bärtige Finsterlinge in der Sächsischen Schweiz? Mitnichten (und Neffen): die hier zitierte ISIS war ein Verein zur Förderung der Naturkunde aus Dresden, benannt nach der griechischen Götting gleichen Namens.
Gingen wir hier geradeaus weiter, dann könnten wir noch einen weiteren Abstecher hinzufügen und die eh lange Tour noch mehr verlängern: in die Teufelsschlüchte. Ein wunderbarer Rundweg, vor allem für Kinder ein Abenteuer. Eltern sollten dabei nicht zu voluminös gebaut sein und sich auch mal bücken können. Wir haben das diesmal weggelassen.
An der nächsten Kreuzung ginge es links in den Uttewalder Grund (auch lohnend), wir aber gehen weiter geradeaus in den Zscherregrund. Gingen wir diesen weiter, würden wir schon alsbald an der Bastei landen. Wollen wir aber nicht so schnell, und deshalb behalten wir den rechten Wegesrand im Auge. Und siehe da, wir erspähen ein paar uralte und recht wackelig aussehende Treppenstufen. Wir sind an Abstecher Nummer eins: das Treppchen, angekommen. Kein Witz, der Weg heißt wirklich so. Und die Stufen halten uns auch problemlos aus. In weniger als einer Minute haben wir Höhe gewonnen und können die Wanderer im Tal beobachten. Ganz oben sind wir aber noch nicht, der Pfad geht durch eine wunderschöne Schlucht weiter aufwärts.
Oben angekommen gabelt er sich: nach rechts kommen wir an eine kleine Aussicht. Nichts Weltbewegendes, aber wenn wir einmal hier sind, dann nehmen wir die mit.
Nach links geht der Weg dann aber wirklich weiter. Erst noch ein Stück aufwärts als Pfad, dann immer breiter werdend als Waldweg. Er bringt uns in die Mini-Siedlung Am Steinrücken. Ein paar Häuser mitten in der Natur. Hier lebt man herrlich idyllisch, aber eben auch am Arm der Welt.
Wir durchqueren den Ort – erste Kreuzung links, zweite Kreuzung wieder links. Und befinden uns auf dem Steinrückenweg. Uraltes Pflaster unterm Fuß, und hier ist die Bastei mal wieder ausgeschildert. Es geht aufwärts. An diversen Abzweigen folgen wir immer den Wegweisern, die uns zur Bastei oder zum Steinernen Tisch führen.
Und genau an diesem kommen wir jetzt an. „Steinerner Tisch“ ist zum einen der Name einer Sitzgruppe, die hier anlässlich eines kursächsischen Jagdausflugs aufgestellt wurde. <Kalauer-Modus: ON> Da konnten die Comtessen fressen, die Fürsten mussten nicht dürsten. Lediglich die Freiherrn begannen zu reihern. <Kalauer-Modus: OFF> Denn obendrein ist „Steinerner Tisch“ auch der Name einer Gaststätte, gleich daneben. Über Jahre wurde diese entweder eher schlecht als recht bewirtschaftet oder stand ganz leer und gammelte vor sich hin. Dem Enthusiasmus dreier Dresdner ist es zu verdanken, dass hier wieder Leben herrscht. Noch ist viel zu tun, aber im wunderschönen Biergarten gibt es schon wieder einfachen Speis und diversen Trank. Zu höchst zivilen Preisen. Was man ja von der benachbarten Bastei eher nicht behaupten kann. Ich wünsche den Betreibern alles Glück der Welt und werde sie in meine Gebete an Bacchus mit einschließen.
Wohl gestärkt gehen wir also weiter auf dem Hauptwanderweg. Bis wir zu unserer Rechten diese Schranke sehen.
Ein Schilderwald will uns verklickern, dass dies kein Wanderweg sei. Mag stimmen, aber verboten ist seine Benutzung trotzdem nicht. Denn er führt, mit Betonplatten ausgelegt, zur Kläranlage des Basteihotels. Die wollen wir eher nicht besichtigen, dennoch biegen wir für Abstecher Nummer zwei hier ab: zum Wartturm. Nur kurz bleiben wir auf dem Beton und schwenken sofort rechts auf einen Pfad ab. Der geht ein wenig hoch und runter, auch mal minimal an der Kante lang, und zu guter Letzt durch einen abschüssigen Spalt (keine Angst, alles leicht zu machen). Und schon stehen wir am Fuß des Wartturms. Mächtig ragt der Fels nach oben. Wir umrunden ihn mit simpler Vorsicht (keine Geländer, aber wirklich meterweise Platz), und sehen an der Rückseite die blanken Stellen eines gewaltigen Felssturzes. Am 22. November 2000 kamen hier runde 800 Tonnen Gestein herunter und sausten etwa 75 Meter ins Tal. Ein Bergsteiger, der sich in einer Hütte unterhalb des Felsens aufhielt, blieb unverletzt. Und feiert jetzt wohl jedes Jahr zweimal Geburtstag.
Vom Wartturm aus haben wir auf die Elbe ungefähr den gleichen Blick wie von der Bastei. Nur eben fast immer allein. Und – Kopf im Nacken – können wir auch das Basteihotel und die berühmte Aussicht samt des Volks Gewimmel sehen. Oha, da oben thront tatsächlich ein Konstrukt auf der Aussicht. Da sind wir gespannt.
Zurück zum Hauptwanderweg und weiter Richtung Bastei. Ehe wir die Straße zur sandsteinigen Hauptattraktion betreten, kommen wir noch am Basteikiosk vorbei. Hier kann man allerlei Andenken kaufen und sich letztmalig preiswert verproviantieren.
Dann mutig ins Gewimmel gestürzt und einfach mit dem Strom mitgeschwommen. Der Touristenauflauf ist enorm, und dennoch hat die alte Steinbrücke samt der vielen Aussichten einen gewissen Reiz. Kurzum, es ist nicht zu Unrecht die wichtigste Touristenattraktion hier. Und irgendwo, so sagte es schon der Nestor des hiesigen Umweltschutzes Dietrich Graf, irgendwo muss man den Massentourismus halt bündeln. Wenn es die Bastei nicht schon gebe, man hätte sie erfinden müssen.
Die Hauptaussicht ist aber tatsächlich gesperrt, das dubiose Konstrukt überspannt sie. Wenn alles fertig ist, kommt das natürlich wieder weg. Eine schwebende Plattform wird dann die Aussicht überspannen, auf das der Fels darunter geschützt ist und nicht noch weiter bröselt. Ende dieses Jahres soll alles fertig sein. Bin gespannt. Und nochmal zum Mitschreiben: es gibt ein halbes Dutzend weiterer Aussichten, die alle mindestens genauso schön sind!
Jetzt aber fort von den Massen und zurück. Wir verlassen das Areal des Hotels auf der Straße. Rechts ist der Weg zu den Schwedenlöchern ausgeschildert. Den nehmen wir. Aber ehe wir den Einstieg dort erreichen, geht es, wieder rechts, noch zu einer ausgeschilderten Aussicht. Das ist die Pavillon-Aussicht, man sieht die Bastei, was sonst, und einen kleinen Zipfel der Felsenbühne Rathen. Allein werden wir hier immer noch nicht sein. Also zurück und an den Wegesrand gespäht. Nach ganz wenigen Metern sehen wir dort ein abgesenktes Geländer. Flugs drüber gestiegen und weiter auf einem Pfad mit uralten Steintreppen. Abstecher Nummer drei hat begonnen. Ein wenig hoch und runter, und wir stehen an jener Aussicht auf die Basteibrücke, die wir von diversen Postkarten oder als Hintergrundbild in Windows kennen. Es ist die Aussicht an der Großen Gans. Was hier der Name eines Felsens ist und nichts mit der Gattin zu tun hat.
Wieder zurück, und an der Kreuzung mit dem Hauptweg zu den Schwedenlöchern nicht in diese absteigen, sondern in entgegengesetzter Richtung gehen. Also quasi zurück zur Basteistraße. Längs zu der verläuft ein hübscher Wanderweg, dem wir jetzt nach rechts ein Stück folgen. Bis zu dieser Absperrung.
Weiter beschreibe ich Abstecher Nummer vier jetzt nicht, denn wir bewegen uns in der berühmt-berüchtigten Kernzone des Nationalparks, in der man sich ohne ausdrückliche Erlaubnis nicht einmal eines Leibwindes entledigen darf. Dennoch hier ein engelsgleicher Tipp. Wenn auch nicht auf Eng (e) lisch.
Fein, der Weg zu dem putzigen Kerlchen ist eine Sackgasse, wir gehen zurück, jetzt endgültig an den Einstieg zu den Schwedenlöchern und in diese hinab. Über viele Treppenstufen geht es in der engen Schlucht zu Tal. Hier haben wir wieder viel Gesellschaft. Zunächst landen wir dann im Amselgrund. Den nach rechts weiter, vorbei am Amselsee (man kann gondeln) auf einer gut ausgebauten Touristenautobahn nach Rathen.
Im Ort dann wieder viel Gewimmel und jede Menge Gastronomie. Mein Tipp: die Forellenräucherei links am Wegesrand. Die Fische sind wirklich lecker, und der ganze Freisitz mit viel Liebe gestaltet.
Ob nun ein Fisch im Magen schwimmt oder nicht, wir gehen weiter Richtung Elbe. Dann rechts weg, flussabwärts. Wer es jetzt kurz und schmerzlos will, der geht auf dem Elberadweg. Wer noch Puste hat, der steigt hinter dem letzten Haus einen Pfad nach oben. Abstecher Nummer fünf bringt uns auf den Haldenweg. Der führt, mal schmal, mal breit, immer an den früheren Steinbrüchen entlang. Ein paar Bergsteigerhütten sehen wir da auch, einige proper in Schuss, einige leider eher vergammelt. Und irgendwann ein Schild, der Haldenweg sei gesperrt. Das steht da schon ewig. Nach einem kleinen Felssturz im Jahre 2009 (!) hat die zuständige Behörde nämlich prompt gehandelt und das Sperrschild aufgestellt. Das war es dann aber auch. Ernst nimmt das Ganze ohnehin niemand, also einfach ignorieren und weitergehen.
Letztlich endet der Haldenweg wieder auf einem Hauptwanderweg, den wir nach links absteigen. Und so wieder in Stadt Wehlen herauskommen.
Fazit: mit allen Abstechern gediegene 23 Kilometer bei knapp 1400 Höhenmetern. Ein ordentlicher Riemen. Aber man kann ja weglassen, was nicht gefällt. Das Gewimmel an der Bastei und auch in den Schwedenlöchern ist sicher nicht jedermanns Sache, aber auch dort bietet die Natur genug zu sehen. Und seien es die Beine einer kurzberockten Touristin. An allen anderen Stellen und auf den Abstechern trifft man nur wenige Mitwanderer.
Zum Nachwandern:
Was die Hütten am Haldenweg betrifft. Ich kenne die als Schubert Bauden…und die (war es die Riesenbaude?) war Erholungsheim des Stahl- und Walzwerkes Riesa. Eine Jugendherberge gab es da auch…?
Die frühere Jugendherberge ist heute eine Berghütte des DAV-Leipzig. Benannt ist sie immer noch nach dem Widerstandskämpfer Karl Stein.
Schöne Tour. Vom Wartturm zur Bastei wäre es auch interessanter über die Rahmhanke gegangen (wer es sich zutraut.) Ihr wart aber nicht auf der Aussicht Große Gans, sondern auf der Kleinen Gans, oberhalb der Wehlnadel, von der ist sogar der Gipfelblock und der Abseilring links im Foto zu sehen. Die Aussicht Große Gans ist oberhalb vom Höllenhund, da ist die Basteibrücke nicht zu sehen, dafür aber der Raaber Kessel von oben und die kompletten Gansfelsen von hinten 🙂
Nach der Pavillionaussicht warst Du auf der Kleinen Gans an der Wehlnadel und nicht auf der Großen Gans. Auf der Großen Gans gibt es auch einige sehr schöne Aussichten, von denen man die Kleine Gans “von hinten” sehen kann. Die Große Gans war in den 90er Jahren mal gesperrt gewesen. Mittlerweile gibt es dort einige Kletterzugänge, die genutzt werden dürfen.