Vor über vier Jahren war ich zum letzten Mal auf dem Tannenberg (Jedlová) und auf der Burgruine Tollenstein (Tolštejn). An der Route und an den Beschilderungen hat sich seitdem nichts geändert, man kann also die Wegbeschreibung hier nachlesen. Und noch etwas hat sich nicht geändert: die dicke böhmische Suppe an allen Aussichten. Also war es auch diesmal wieder Sense mit tollen Blicken. Und das, obwohl ich mich diesmal jedweder despektierlicher Sprüche enthalten hatte.
Ein paar Kleinigkeiten am Rande gibt es dennoch zu berichten. Mir nach.
1. Halloween: Das Ami-Fest (OK, die Reformation ist in Böhmen nie angekommen, da gibt es also nichts zu feiern, aber Walpurgisnacht ginge schon – meine Begleiterin war aber ohne Besen da), also das Ami-Fest wirkte noch nach. Einmal in echt, aber schon leicht vergammelt. Dafür mit Aufpasser. Und einmal zum Aufblasen.
2. Der Kreuzberg: Im Deutschen auch Kalvarienberg genannt, tschechisch heißt er Křížová hora. Und ist einer der schönsten seiner Art in Böhmen. Das ganze Areal wurde am 17. September 1764 geweiht. Die Heilige Kreuz-Kapelle auf dem Gipfel stammt aus dem Jahre 1796. So in etwa ab 1990 wurde dann die ganze Anlage renoviert. Auch heute noch sieht sie richtig gut aus, auch wenn an der einen oder anderen Stelle schon wieder die Farbe bröckelt.
Dafür habe ich eine interessante Skulptur entdeckt. Ich nenne sie “Die Gasrechnung”.
3. Der Tannenberg: Der ist 774 Meter hoch, der Aufstieg hat ein paar recht steile Abschnitte, ist aber gut zu machen. Der Gipfel aber lag dicht in der nebeligen Suppe. Null Aussicht, deshalb auch den Turm nicht bestiegen. Ansonsten kostet das 30 Kronen.
Das Wirtshaus hat geöffnet, preiswert und böhmisch-bodenständig. Interessant: nach der Vertreibung der Deutschen 1945 ist hier zunächst alles verfallen, das Gasthaus war eine totale Ruine, vom Turm standen nur noch die Außenmauern. 1993 wurde dann zunächst der Turm in Schuss gebracht, seit 1995 kann man auch wieder einkehren. Sehr schön.
Das Wirtshaus Ende der 1980er Jahre.
In der Sommersaison gibt es hier oben auch einen Kletterpark und man kann Roller ausleihen. Und es gibt ein Schillerdenkmal (leider auch mehrfach geschändet und erst 1996 wieder restauriert). Hier kann man innehalten und den Meister zitieren: “Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte.” (Die Braut von Messina, IV, 7)
Und ich habe ein Schild entdeckt, welches einen Ehrenplatz in meiner Sammlung verdient hat. Allerdings waren dem Schild zum Trotz doch einige Fußhupen mit im Schankraum, und sie trugen auch kein Mundstück.
4. Ruine Tollenstein: Jawohl, eine Ruine wie aus dem Buch der Ruinen. Auch bei Nebel. Große Teile der Anlage kann man für lau bewundern, wer ganz nach oben will, hat 30 Kronen am Drehkreuz zu berappen. Den passenden Chip gibt es in der Gaststätte. Die war übrigens trotz des miesen Wetters brechend voll.
Die frühere Burg wurde schon 1642 von den Schweden gebrandschatzt und darf seitdem stilvoll verfallen.
So könnte es mal ausgesehen haben.
Spätestens ab 1975 durfte sie dann richtig und stillos verfallen, das Wirtshaus war geschlossen. Zwischen 1995 und 2015 hat man dann so nach und nach alles wieder auf Vordermann gebracht. Fein. Und ein Besuch sei ausdrücklich empfohlen. Auch für Lauffaule: direkt unter dem Gipfel ist ein Parkplatz.
5. Ein Wegweiser: Der zeigt verschiedene Nahziele an.
6. Innozenzidorf (Lesné): Ein wahrlich hübscher Flecken, es gibt jede Menge toll aufgehübschter Umgebinde- und Fachwerkhäuser zu sehen. Allerdings hat der Ort nur sechs eingetragene Einwohner, der Rest der Häuser dient als Sommerfrische für begüterte Städter. 1945 waren es übrigens noch 312 Einwohner.
7. St. Georgental (Jiřetín pod Jedlovou): Start- und Endpunkt der Tour. Der Ortskern mit dem Marktplatz und der Kirche zur heiligen Dreifaltigkeit ist wieder mal sehr schön saniert. Dort gibt es auch kostenlose (!) Parklätze. Wenn die voll sind – zum Ortsausgang hin noch einen Riesenparkplatz, auch für lau!
Und wer mit dem Veloziped unterwegs ist, findet hier sogar eine Station mit Werkzeug und einer ordentlichen Luftpumpe für die Selbsthilfe.
Die Pumpe kann man sich pumpen.
Fazit: Die Strecke ist nur rund zehn Kilometer lang, wobei es allerdings immer mal wieder ordentlich hoch und runter geht. Dafür reihen sich die Höhepunkte aneinander. Und irgendwann schaffe ich es auch mal, bei guter Sicht hierher zu kommen.
Irgendwann bist Du da bei uns schneller, an verfallenden Wegen wird gearbeitet, die Gasthäuser erledigen sich ganz allein und die trüben Aussichten sind schon da.
Im Oktober und November ist dort häufig Nebel und Böhmischer Wind, das liegt an den typischen Herbstwetterlagen und den örtlichen Verhältnissen. Besser eine Wanderung in der Gegend im späten Frühjahr oder im Sommer planen. Da steht die Sonne auch höher, und man kann an der Gaststätte eventuell draußen sitzen. Ein Tag mit guter Fernsicht ist empfehlenswert, vom Turm kann man dann bis zur Sächsischen Schweiz sehen oder bis zum Isergebirge.