Goldsteig–Grenzweg–Fremdenweg–Försters Loch Eine Wanderung auf Abwegen

Was heißt hier: auf Abwegen? Nun, es soll bedeuten, dass es die Nationalparkverwaltung nicht gern sieht, wenn man einige der Wege auf dieser Tour benutzt. Aus Sicht der Verwaltung sind sie “verboten”. Allerdings: sie sind viel zu schön, um sie zu vergessen. Obendrein wächst und lebt rund um diese Wege nichts, was besonders schützenswert wäre. Dennoch sollte man sie mit Umsicht begehen, was aber für die Leser dieses Blogs eine Selbstverständlichkeit sein dürfte. Trotzdem hier ein deutlicher Warnhinweis:

Wanderer, wirst du hier erwischt, so wird dir ein Bußgeld aufgebrummt. Nimm’s leicht und sieh es als Eintrittsgeld an. In den Nationalparks der Amis muss man das ja auch zahlen. ←

Für alle Fälle werde ich die “verbotenen” Teile der Tour noch einzeln hervorheben.

Wir haben die Tour übrigens bei ausgesprochen nebeligem Wetter absolviert, was uns die Aussichten gründlich verschleiert hat. Bei guter Sicht lohnt es sich also nochmal mehr.

Aber nun genug geunkt, wir gehen einfach mal los.

Wir parken im Kirnitzschtal, an der Neumannmühle. Hier gibt es auch eine Bushaltestelle. Der Parkplatz ist zwar ziemlich groß, aber eben auch idealer Ausgangspunkt für sehr viele attraktive Runden. Entsprechend schnell ist er voll, zeitiges Kommen sichert einen Platz. Vom Parkplatz laufen wir schnurgerade in den Wald, in eine Schlucht namens Großer Zschand. Links und rechts sehen wir schon wunderbare Felsen. Der Weg selbst ist allerdings gut ausgebaut, breit und wenig spannend.

  Im Großen Zschand

So kommen wir, gemütlichen Schrittes, nach einiger Zeit an das Alte Zeughaus. In der Saison eine schöne Einkehr, fällt es außerhalb derselben leider komplett in den Winterschlaf. Speis und Trank gibt es also nur von Ostern bis Ende Oktober.

  Altes Zeughaus

Gleich hinter dem Zeughaus biegen wir rechts ab, auf den Roßsteig. Der ist zwar auch schön breit ausgebaut, steigt aber dafür streckenweise ausgesprochen steil an. Und Obacht bei Feuchtigkeit: an einigen Stellen liegen hier Holzbohlen quer, die schnell seifig werden können.

Nach einigem Schnaufen wird der Weg wieder flacher und wir bekommen auch wieder Luft. Es naht diese kleine Kreuzung, auf der wir den linken Weg einschlagen. Wir befinden uns jetzt auf dem Goldsteig, der uns noch einige Zeit begleiten wird. Eigentlich sollte hier auch ein Wegweiser zu einem “Bergpfad” stehen (grünes Dreieck), aber den hat wohl ein Nichtsnutz vom Pfahl abgerissen. Dennoch keine Bange: dieser Weg ist ausdrücklich erlaubt.

  Sabotierter Wegweiser

Der Goldsteig windet sich jetzt, immer auf halber Höhe und über mehrere Kilometer, immer um die Felsen herum. Dabei sind die Höhenunterschiede minimal und es macht schon mal ordentlich Spaß, hier lang zu laufen.

 Auf dem Goldsteig

Schließlich endet der Goldsteig in den Richterschlüchten. Rechts weg, eine kleine Holztreppe hoch. Und gleich wieder links gespäht, da geht ein Abzweig zur Richtergrotte. Die ist eigentlich nur ein großer Felsüberhang, aber dennoch in jedem Fall sehenswert.

  Blick aus der Richtergrotte

Zurück von diesem grottigen Erlebnis geht es weiter bergauf, über so allerlei Geröll hinweg.

  Richterschlüchte

Markiert ist der gesamte Aufstieg mit einem grünen Punkt. Nach einer scharfen Rechtskurve (früher ging es hier geradeaus weiter) führt uns der Weg ans Krinitzgrab. Wer Einzelheiten dazu wissen möchte, der möge googeln. Nur soviel: Herr Krinitz wurde hier Opfer eines Mordbuben. Einen Wikipedia-Eintrag dazu findet man hier, noch ausführlichere Infos gibt es beim geschätzten Wanderkumpel Dietmar Schubert hier.

  Krinitzgrab

Der weitere Weg wirkt recht gespenstig. Windbruch, Borkenkäferfraß und Kahlschläge haben ausgesprochen unschöne Spuren hinterlassen.

Es geht immer noch ein wenig nach oben, und schließlich sehen wir zu unserer Linken diese Absperrung.

  Nicht zu übersehen

Dahinter deutet sich ein breiter Waldweg an, in dem aber dutzende große Bäume liegen und ihn versperren. Die sind nicht natürlich umgefallen, sondern wurden von der Nationalparkverwaltung umgeschmissen, um den Weg unpassierbar zu machen.

  Wegeverhau

“Wegeverhau” nennen die selbsternannten Naturschützer dieses Vorgehen. Man sollte auch sie ob dieses Verhaus verhauen.

→ Achtung: ab jetzt verbotener Weg ←

Auf der rechten Seite dieses “Verhaus” hat Volkes Wille schon einen recht passablen Trampelpfad angelegt. Wir turnen also um diese naturschützerische Unsitte herum und landen an einer Stelle, an der uns ein Grenzstein und zwei Schilder, eines auf Deutsch, eines auf Tschechisch, erwarten.

  Schilda

Auf beiden Schildern – wir werden noch weitere ihrer Art treffen – wird darauf hingewiesen, dass ein Betreten des Waldes nur auf markierten Wegen erlaubt ist. Nun, besser als mit diesen Schildern und mit Grenzsteinen kann ein Weg ja kaum markiert sein. Ob ein Nationalparkranger diese Spitzfindigkeit versteht, sei aber mal dahingestellt.

Wir zumindest gehen nach links und befinden uns jetzt auf dem legendären Grenzweg. Der schlängelt sich immer an den Grenzsteinen entlang. Und gehört zum schönsten und abwechslungsreichsten, was die Ecke zu bieten hat. Ein paar Impressionen:

 Grenzweg

Übrigens ist über die Sperrung dieses Weges nie eine Einigkeit zwischen der Nationalparkverwaltung und den Wander- und Bergsportverbänden erzielt worden. Die Verwaltung hat ihn schnöde per Ordre de Mufti als gesperrt erklärt.

Nach einer guten Strecke mit jeder Menge Oha-Erlebnissen kommen wir an die Aussicht Neues Kanapee. Normalerweise schaut man von hier weit ins Böhmische hinein. Wir schauten heute nur auf eine dichte Nebelwand. Trotzdem schön hier.

Der Grenzweg geht von hier aus noch weiter: erst unter dem Namen Entenpfützenweg, dann steil hinab in den Großen Zschand als Raingrund. Eine lohnende Strecke, wir haben aber heute anderes vor und kehren um. Nach weniger als hundert Metern zurück stehen wir an einer Kreuzung, die wir schon auf dem Hinweg bemerkt haben dürften. Zunächst halten wir uns scharf links. Und sind jetzt auf dem Fremdenweg, der einst ein Hauptwanderweg  zum Prebischtor war. Heute ist er nur noch ein Pfad, aber einer, der gut zu erkennen ist.

Der Fremdenweg führte so einst in zwei Wegen auf und unter das Prebischtor. Beide Wege sind heute nur noch unter Mühen passierbar: auf das Tor hinauf fehlt eine Brücke, man müsste klettern. Und: das Verbot, auf dem Tor zu stehen, ist das einzige im Elbsandstein, dessen Sinnhaftigkeit ich verstehe und somit akzeptiere. Den Weg unter das Tor haben die Tschechen mit einer Art Panzersperre verbarrikadiert, die man tatsächlich nur mit Kletterausrüstung umgehen kann.

Aber immerhin bietet sich hier ein herrlicher Ausblick auf das Tor. Den man so von keiner anderen Stelle aus genießen kann. Na ja, genießen geht nur, wenn eben keine dichte Suppe herrscht. Ich präsentiere den Ausblick bei Nebel:

  Na, etwas erkannt?

Für alle Fälle ein Griff ins Archiv:

  Schon besser, oder?

Wir gehen zurück zur Kreuzung. Links vom Grenzweg, auf dem wir gekommen sind, sehen wir einen weiteren Weg abgehen. Das ist der historische Verlauf des Fremdenweges, dem wir jetzt folgen wollen. Auch hier bemerken wir die Unsitte des Wegeverhaus, dutzende eigens dafür gefällte Bäume liegen kreuz und quer. Und der Pfad schlängelt sich darum herum.

  Auch hier: Verhau

An einigen Stellen können wir noch Trockenmauern finden. Ein Zeichen dafür, wie wichtig und wie gut ausgebaut der Weg einst war. Auch ein paar alte Stufen sind noch da.

  Trockenmauer

Und nicht zu vergessen: der Löwe vom Fremdenweg. Den sollen Dresdner Kunststudenten einst in bierseliger Laune geschaffen haben. So, wie er aussieht, muss es eine ganze Menge Bier gewesen sein.

  Löwe? Ja, wirklich!

Aber auch sonst hat der Weg eine wunderbare Natur und eindrucksvolle Felsen zu bieten. Warum es in einem geeinten Europa nicht möglich sein soll, dieses Kleinod wieder zu öffnen, bleibt das Geheimnis der Sturköpfe in beiden Nationalparkverwaltungen.

  Fremdenweg

Schließlich endet der Fremdenweg wieder auf dem Grenzweg. Hier waren wir schon einmal, laufen zurück und turnen wieder um die großen gefällten Bäume herum. Nochmal an der Absperrung vorbei und weiter geradeaus.

→ Hier ein kleines Stück erlaubter Weg ←

Wir kommen nach wenigen Metern an eine Kreuzung mit dem markanten Katzenstein. Hier treffen zahlreiche Wege aufeinander.

  Katzenstein

Der einzige, der nicht markiert ist, möge heute unsere Wahl sein.

→ Achtung: ab hier schon wieder verbotener Weg ←

Wir befinden uns jetzt am Zugang zu Försters Loch. Früher war das auch ein Hauptweg, teilweise sogar gepflastert. Heute soll er in Vergessenheit geraten, wir wollen aber nicht vergessen. Müssen aber aufpassen: nach rund 50 Metern gibt es rechts einen Abzweig, in den man, um ihn unkenntlich zu machen, mal wieder einen Baum gefällt hat. Der sichtbare Weg scheint geradeaus zu gehen, was aber falsch wäre. Also genau den rechten Rand im Auge behalten.

  Försters Loch

Der Weg wird natürlich nicht mehr unterhalten, weshalb auch der eine oder andere, natürlich umgefallene, Baum im Wege liegt. Ansonsten aber ein herrlicher Abstieg hier, ein wenig düster und romantisch.

Försters Loch kreuzt dann kurz den – markierten – Königsweg und führt weiter ins Tal. Wir landen am Abzweig zwischen Heringsloch und Queenenwiesen, da steht auch ein Wegweiser.

→ Ab hier nur noch erlaubte Wege ←

Den Wegweiser hat man gleich doppelt vermasselt: zum einen steht da “Queenwiesen” (We will rock you?), zum anderen hat ein besonders witziger Zeitgenosse “Queerwiesen” draus gemacht.

  Wahnwitzig witzig

Selbige Wiesen erreichen wir denn auch alsbald.

  Queenenwiesen

Wir gehen weiter der Ausschilderung zur “Felsenmühle” nach und befinden uns jetzt im Kleinen Zschand. Eine kleine Schutzhütte (eine der letzten ihrer Art) lässt uns an die Bemmen im Rucksack denken.

  Schutzhütte

Der Weg durch den Kleinen Zschand ist breit und befestigt, hier geht es ohne Anstrengung lang. Auch hier sehen wir mit gerunzelter Stirn einiges an Kahlschlag.

Kurz vor dem Talende haben wir dann die Straße im Kirnitzschtal und die Pension Felsenmühle schon Blick. Wir gehen aber nicht bis zur Straße, sondern biegen kurz zuvor rechts ab. Ein kurzes Stück den Berg hoch, gleich wieder runter und dann entspannt an der Kirnitzsch entlang auf dem Flößersteig. Der bringt uns wieder bis zur Neumannmühle und damit an den Ausgangspunkt der Tour.

 Straße links, Flößersteig rechts

Fazit:
Knapp 19 Kilometer, einiges Hoch und Runter. Kein Spaziergang, aber wunderschön. Bei guter Sicht natürlich noch viel besser als bei dichtem Nebel. Warum einige Streckenteile gesperrt sein sollen, erschließt sich dem normalen Menschenverstand nicht. Es gibt weder seltene Pflanzen noch gefährdete Tierarten an der Strecke.
Aber Achtung: während der Brutzeit (Frühjahr bis ca. August) sollte man die unmittelbare Umgebung des Neuen Kanapee meiden.

Zum Nachwandern:

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7 Gedanken zu „Goldsteig–Grenzweg–Fremdenweg–Försters Loch Eine Wanderung auf Abwegen

  1. Wirklich eine schöne Tour und verlaufen kaum möglich, weil spätestens am auch vernebelten Krone-Blick hört man überlaut die „guten“ Wanderer auf den legalen Wanderautobahnen, besonders in anliegenden Gründen und wenn man nach Feiertagen geht , ist der Müllbeutel auch auf sonst stillen Wegen schnell voll. Dazu habe ich bei Förster Wohlleben nachgefragt. Das Wegegebot wird grundsätzlich begrüßt mit Hinweis auf die schwarzen Schafe und wenn man in dessen „Wald“ liest, gibt es in seinem Eifelrevier keine Harvester wegen jahrzehntelanger Bodenverdichtung und Schmierstoffeinträgen mehr. Will heißen, besondere Belastungen im Nationalpark sind teils hausgemacht und die „bösen“ Wanderer nicht DAS Problem.

  2. Dake für den schönen Wandertipp, einwandfrei, aber kleiner Hinweis,

    es ist ein populärer Irrtum, anzunehmen, dass der Grenzwerg ein verbotener Weg wäre. Stimmt nicht. Wegsperrungen im Nationalpark werden in der Wegekommission beschlossen und sind nur gültig, wenn das Votum einstimmig ausfällt, d. h. wenn da alle zustimmen. Als da seinerzeit der Grenzweg erörtert wurde, gab es da ein Veto vom Sächsischen Bergsteigerbund und deshalb ist der Weg nicht gesperrt, sondern eine „offene Frage“. Man könnte vielleicht sogar meinen, was nicht gesperrt ist, ist erlaubt, aber ich bin kein Anwalt.

    Freilich tagt die Wegekommission nicht öffentlich, mit dem Effekt, dass man da nur mitkriegt, was die Nationalparkverwaltung mitteilt und da sind die eben bissl wortkarg.

    Man könnte sogar fragen, ob es (wegen der „Umkehr der Wegesperr-Auschilderungslast“) nicht sogar geboten wäre, den Grenzweg mit einer Bergpfad-Markierung (sog. „Rölke-“ oder „Ulbricht-Pfeil“) zu versehen. Denn dass der Weg eben nicht gesperrt ist, muss ja dem geneigten Waldbesucher in geeigneter Form irgendwie aufgezeigt werden.

    Auch schon, damit sich eben nicht solche rechtlich falsche Mitteilungen in so Webseiten einschleichen. Und am Ende verzichten wir in sträflicher Weise darauf, den Weg zu begehen und konterkarieren damit sogar den Auftrag den die Nationalparkverwaltung gesetzlich hat, nämlich für unsere Naturbildung zu sorgen.

    1. Na, mit der Version kommste im Ernstfall vor Gericht aber nicht durch, denn:
      1. Der Grenzweg liegt in der Kernzone,
      2. Laut Nationalparkverordnung dürfen in der Kernzone nur markierte Wege, Bergpfade und Kletterzustiege benutzt werden,
      3. Da der Grenzweg nicht markiert ist, ist er also automatisch verboten.
      Aber eigentlich interessiert uns das alles nicht, denn solange wie hinter dem Prebischtor Müllkippen lagern, kann es nicht so schlimm sein, wenn mal paar Wanderer den Grenzweg entlang schleichen. Wichtig ist, man achtet die Natur dabei und verhält sich dementsprechend.

  3. Auch Entscheidungen entsprechend der NPV- Verordnung unterliegen vorausgegangenen rechtlich belastbaren Beschlüssen (Danke Rolf Böhm), wobei es sicher nicht zielführend ist, bei einem Treffen mit einem Ranger das Komplette BGB auszuloten und ich denk schon, bei angemessenem Umgang wird der auch nicht so stur, wie seine Chefs beidseits der Grenze sein. Trauen kann sich also jeder, vernünftig und rücksichtsvoll unterwegs vorausgesetzt und sicher nicht zu Himmelfahrt. Übrigens schade, auf Nachfrage bei der SZ auf deren eigenen Artikel Ende September wegen weiteren Wandergrenzübergängen kommt leider keine Reaktion.

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