Und wieder mal die Abrissbirne

Die Sensibilität der Nationalparkverwaltung im Umgang mit historischen Objekten, seien es Wege, Steiganlagen, Schutzhütten oder andere Bauwerke, diese Sensibilität ist legendär. Sie nähert sich dem Wert Null an – von unten. Jetzt gibt es wieder ein Beispiel in diese Richtung – mit einem unverkennbaren Geschmäckle obendrauf.

Begeben wir uns also in den Tiefen Grund zwischen Bad Schandau und Hohnstein. Hier fließt ein Bächlein, der Tiefe-Grund-Bach. Und eben jenes Bächlein überspannen ein paar Brücken, oder besser: Wasserdurchlässe. Und jetzt eben einer weniger.

Sehen wir uns einmal die Gegend an.

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Der Wasserdurchlass befand sich beim Pfeil, er führte in den Eulengrund. Hier kann man ihn noch gut erkennen:

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Jetzt ist er verschwunden, wie das nächste Bild zeigt, welches ich von einem Wanderfreund bekommen habe:

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Natürlich hat dieser Wanderfreund auch bei Nationalparkverwaltung angefragt, was es denn damit auf sich habe. Er bekam von NPV-Mitarbeiter Matthias Herschel eine Antwort, die ich aufgrund ihrer kaum zu überbietenden Knappheit hier fast komplett zitiere:

“Der Rückbau erfolgte auf Grund der Überlastung des Durchlasses während des Starkregenereinisses auf meine Veranlassung, in Abstimmung mit Revierleiter, Straßenmeisterei und Unterer Wasserbehörde.”

Nun, hier stößt mir so einiges sauer auf. Zum einen der Begriff “Rückbau”. Diesen verwendet man im Behördendeutsch immer dann, wenn man den eigentlich zutreffenden Begriff “Abriss” vermeiden möchte. Weil Abriss eben irgendwie zerstörerisch klingt, eine Behörde aber a priori immer nur Gutes tut.

Das mag Krümelkackerei sein, aber hier gibt es weitere Merkwürdigkeiten: wenige Meter bachabwärts gibt es einen weiteren solchen Durchlass. Der führt zu den oft begangenen Brandstufen. Und der ist ganz ähnlich konstruiert. Und sollte, weil eben noch ein Stück weiter unten am Bach gelegen, bei Starkregen erst recht überlastet gewesen sein. Abriss hier, am Hauptwanderweg? Natürlich nicht.

Nein, hier höre ich keine Nachtigall, sondern einen ganzen Schwarm davon tapsen. Denn die abgerissene Brücke führte in den Eulengrund. Ein Weg, der aus Sicht der Verwaltung nicht begangen werden darf, der offiziell als gesperrt gilt. Da dieser Weg aber zum einen die logische Fortsetzung eines anderen Wanderweges durch den Forstgraben ist, zum anderen aber auch die einzige Möglichkeit für den Wandersmann, eine rund einen Kilometer lange Tour auf der engen und vielbefahrenen Straße zu meiden, wird er dennoch oft und gern genutzt.

Und hier setzt dann die in solchen Fällen typische Logik des Nationalparks ein:

  1. Hirn und gesunden Menschenverstand gut im Aktenordner verschließen
  2. Goethe zitieren: “Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt”
  3. die Abrissbirne schwingen

Solcherlei Tun haben wir schon oft erlebt. Ich denke da beispielsweise an die Brücke aus dem Kirnitzschtal in den Großen Ziegengrund, an diverse Schutzhütten oder an die Annenlochstiege. Ganz zu schweigen von den vielen per Baumfällung “verhauenen” Wegen.

Damit man mich nicht falsch versteht: natürlich hat diese kleine Sandsteinbrücke keine kulturhistorische Bedeutung gehabt. Und natürlich darf sich der Verlauf eines Gewässers – oder eines Weges – im Laufe der Zeit auch mal ändern. Auf natürliche oder auf vom Menschen gemacht Weise. Nur das diese Entwicklung eben im Nationalpark immer nur in eine Richtung geht: abreißen und verbarrikadieren.

Was bleibt? Eine Behörde, die mal wieder allen Klischees entsprochen hat, die ich in ihre Richtung so pflege. Erfreulicherweise ist der Bach aber an dieser Stelle bei Normal- und Niedrigwasser so schmal, dass man ihn mit einem kühnen Sprung überwinden kann. Und schon bald dürften ganz sicher auch einige Wanderfreunde hier helfende Steine ausgelegt haben. Da bin ich nun wirklich mal guter Dinge.

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