Wird der Nationalpark vergrößert? Dunkle Wolken am Horizont - oder nur heiße Luft?

Ein Vögelein kam mal wieder des Weges geflattert und hat mir so allerlei behördliche Dokumente im Schnabel mitgebracht. Und die haben es in sich. Denn beim Lesen drängt sich unweigerlich ein Verdacht auf: soll hier, über drei Ecken und schön langsam, der Nationalpark vergrößert werden? Und zwar auf alle Gebiete, die, vor allem links der Elbe, heute als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen sind? Der aufmerksame Wanderer wird es ja sicher längst bemerkt haben: in diesem Landschaftsschutzgebiet wandert es sich irgendwie schöner als im Nationalpark. Keine „verbotenen“ Wege, dafür sogar die Neuanlage eines hochattraktiven Weges in Form des Forststeiges. Schutzhütten und Rastplätze sind jede Menge vorhanden und sie werden gepflegt. Und vor allem: der Wald wird mit Fingerspitzengefühl bewirtschaftet und nicht sich selbst überlassen.

Aber schön der Reihe nach: zunächst gab es da einen Erlass aus dem grünen Umweltministerium vom 23.5.2023.

 

Wir lernen daraus:

1. Das klingt zunächst nur nach einem innerbehördlichen Verschiebebahnhof.

2. Die Änderungen sollen schon im Januar des kommenden Jahres greifen – es eilt wohl.

3. Und jetzt kommt der dicke Hund: die Nationalparkverwaltung wird zentral alle Flächen verwalten, die bisher im Landschaftsschutzgebiet liegen und damit vor allem den Forstbezirken unterstehen.

Es folgte eine Art Durchführungsbestimmung von Seiten des Sachsenforst am 7.6.2023.

Am 20.6.2023 hat nun eine der so geründeten Arbeitsgruppen getagt und verschiedene Varianten für die räumliche Abgrenzung der neuen Verwaltung der Nationalparkregion (NLPR) vorgelegt.
Diese unterscheiden sich in Details.

Alle Varianten haben eines gemein: die Nationalparkverwaltung wird zu einer Superbehörde, deren Einfluss weit über das hinausgeht, was bisher ging. Kommunen, Einwohner, die Wirtschaft, Touristiker oder gar Gäste waren in diese Entscheidungsvorschläge in keiner Weise eingebunden.

Interessant auch eine Formulierung, die an verschiedenen Stellen auftaucht: „Der Verdacht eines Zusammenhangs mit der Novellierung der NLPR-VO und/oder einer Vergrößerung des Nationalparks auf die linke Elbseite kann [nicht] ausgeschlossen werden.“ Es heißt nicht „einer möglichen Novellierung“ sondern „der Novellierung“. Eine neue Nationalparkverordnung scheint also auch schon in der Schublade zu liegen. Und was die bringen wird, das wissen wir aus den vergangenen Jahrzehnten: noch mehr Verbote.

Nun kann man einwenden: Füße stillhalten und nicht gleich Zeter und Mordio schreien, was man da bisher lesen kann, ist doch nur eine großangelegte innerbehördliche Umstrukturierung. Ich empfehle, mal „Salamitaktik“ nachzuschlagen. Immer schön häppchenweise, nicht gleich mit der Tür ins Haus. Und wenn erst mal eine Superbehörde für die „Nationalparkregion“ zuständig ist, dann sind die nächsten Schritte nicht mehr fern. Und gerade die Nationalparkverwaltung hat mit dieser Taktik auch schon viel Erfahrung. Man erinnert sich: in kleinen Schritten wurde die Kernzone vergrößert, in kleinen Schritten einzelne Wege gesperrt, in kleinen Schritten das Boofen eingeschränkt…

Die Kommunen im Landschaftsschutzgebiet und auch die Wander- und Bergsportverbände müssen jetzt zügig aktiv werden und ihre Interessen nachdrücklich kundtun. Sonst droht die gesamte Region über kurz oder lang zur Spielwiese einer Verwaltung zu werden, die schon seit Jahrzehnten versucht, aus einer historischen Kulturlandschaft eine Wildnis zu basteln. Mit immer verheerenderen Folgen.

Betreibe ich hier Panikmache? Oder liege ich doch ganz richtig? Ich freue mich auf Kommentare.

1501220cookie-checkWird der Nationalpark vergrößert? Dunkle Wolken am Horizont - oder nur heiße Luft?

Ein Gedanke zu „Wird der Nationalpark vergrößert? Dunkle Wolken am Horizont - oder nur heiße Luft?

  1. Ich bin für Variante 2, welche das bestehende LSG um Beutwald, Graupaer Forsten, Grauen Busch, nördliches Polenztal, Ungerwald und Finsterwinkel erweitert. Es ist dies der historisch gewachsene Landschaftsraum der Wald-Kulturlandschaft Sächsische Schweiz. Das passt sehr gut.

    Völlig unverständlich ist, dass es einen „Verdacht eines Zusammenhanges der Novelle der Nationalparkverordnung mit einer Vergrößerung des Nationalparks auf linkselbischer Seite“ zu entkräften gilt. Von einer Novelle ist bisher nicht mehr bekannt, als dass das Ministerium irgendwann eine Novelle beabsichtigt. Hier gilt es, erst einmal einen demokratischen Prozess in Gang zu setzen, in welchem man ein solches Projekt der Öffentlichkeit vorstellt und dann zur Mehrheitsfähigkeit hin entwickelt. Und eine Erweiterung des Nationalparks auf linkselbischer Seite? Wohl eher unwahrscheinlich. Diesbezügliche vage Ideen sind letztmalig vor 30 Jahren ad acta gelegt worden. Das SMEKUL müsste sich da ja wohl zu allererst einmal mit den die Kommunen Königstein, Rosenthal-Bielatal, Gohrisch und Reinhardtsdorf-Schöna ins Benehmen setzen. Die Bewohner der Orte haben ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Wald. Sie gehen sehr gern dort wandern, sammeln Beeren und Pilze. Von Wünschen, dies aufzugeben, um Nationalpark zu werden, ist mir nichts bekannt.

    Eine dem historisch gewachsenen Landschaftsraum Wald-Kulturlandschaft Sächsische Schweiz entsprechende Forststruktur ist eine gute Idee. Diese kann zugleich geeignet sein, Aufgaben einer Naturparkverwaltung wahrzunehmen, nachdem man den Nationalpark Sächsische Schweiz in andere Gegenden des Freistaates umgesiedelt hat. So möchte ich vorschlagen, den neuen Forstbezirk als „Aufbaustab Naturparkverwaltung Sächsische Schweiz“ zu bezeichnen.

    Dagegen, in gewissen Forstbereichen der Kulturlandschaft den Wildnischarakter stärker zu betonen, wofür BUND und Nabu in ihrer Wildnisstudie Sachsen 2019 u. a. „Beutwald“ und „Südwestliche Sächsische Schweiz“ vorschlagen, ist nichts einzuwenden. Das geht selbstverständlich auch in einem Naturpark.

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