Der Sonntagmorgen war gelaufen, ich hatte zu tun und konnte erst so gegen Mittag in die Natur aufbrechen. Grübel, grübel, wo ist die Anfahrt kurz und die Gegend trotzdem schön? Es ging nach Tharandt. Zum einen, weil ich dort mal einen Weg erkunden wollte, von dem ich so einiges aufgeschnappt hatte, zum anderen, weil es da schließlich eine Karte des Tharandter Waldes von Rolf Böhm gibt, und selbige versprechen ja immer schöne Entdeckungen. Soviel vorweg: aus der geplanten kurzen Runde wurde eine 14-Kilometer-Tour, dieweil es einfach zu schön war, um einfach aufzuhören.
Der geheimnisvolle Weg
Vom Brüderweg hatte ich, keine Ahnung mehr, wo, schon so ein paar Brocken aufgeschnappt. Soll ein toller, aber nicht eben einfacher Weg sein, hart an der Kante lang und schlecht in Schuss – ergo genau richtig. Erster kleiner Ärger: der Weg ist auf der Böhmkarte nicht drauf. Der Meister hat hier aber nicht geschlampt, sondern der Weg liegt einfach außerhalb des Kartenschnitts. Deshalb hilft hier mal wieder Open-Street-Map weiter. Suchen Sie den Hang oberhalb der Straße zwischen Tharandt und Freital-Hainsberg ab, und schon haben sie den Weg gefunden. Noch einfacher: missbrauchen sie den Netto-Parkplatz am Tharandter Ortsteingang, überqueren sie dort nur die Straße und schon beginnt der Brüderweg. Sogar beschildert.
Ja, und nun? Hält der Weg, was er verspricht. Ja, aber auf andere Weise. Er ist nicht schwierig, auch nur mäßig anstrengend. Und er ist nicht verkommen, an einer engen Stelle (kommt weiter unten) scheint er sogar vor gar nicht so langer Zeit erst in Schuss gebracht worden zu sein. Aber er verläuft wirklich fast die ganze Zeit an der Kante lang. Aber selbst ich, der ich durchaus immer mal wieder Probleme mit der Höhenangst habe, konnte hier ohne alle Sorgen lang gehen, das ist also nie wirklich ausgesetzt. Dafür bietet der Weg viele kleine Abwechslungen und ist somit nur schwer zu empfehlen.
Da wäre beispielsweise eine kleine Brücke, auf der wir lesen können, dass sie in den 70er Jahren von den Sportfreunden einer BSG im Rahmen der VMI errichtet wurde. Jüngere und in den gebrauchten Bundesländern sozialisierte werden also erst mal wie die Sau ins Uhrwerk schauen. Deshalb übersetze ich: die Mitglieder einer Betriebssportgemeinschaft haben im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Masseninitiative diese Brücke gebaut. Oder einfacher: sie haben das in ihrer Freizeit und für lau gemacht. Danke.
Allerdings konnte auch ich nichts mit der letzten Zeile anfangen: FKK Nov. 2002. Hmm, FKK steht bei mir für Nackedeis. Waren aber keine zu sehen. Und ich fand es auch etwas frisch, um mir die Kleider vom Leibe zu reißen. Na ja.
Es folgt dann eine kleine Bachüberquerung. Auch wieder richtig schön: keine Brücke, sondern nur ein paar Hölzer oder ein großer Schritt. Urwüchsig eben, und das macht Spaß.
Über dieses Bacherl führt kein Brückerl
Schließlich eine doch etwas ausgesetzte Stelle, gesichert mit einem Drahtseil und einer weiteren Brücke. Das sieht alles ziemlich neu aus und ist für meinen Begriff auch überdimensioniert. Wie gesagt: ich bin nicht frei von Höhenangst, aber hier hätte ich wahrlich keine zusätzliche Sicherung benötigt. Aber egal, vielleicht ist das Ganze ja auch nur eine glänzende Idee der Tourismusexperten. (Kommen Sie nach Tharandt auf den Pfad für die ganz Mutigen!)
Der Kurze verzichtet auch schnöde auf das Seil
Was fällt mir noch ein? Ach ja, die Bänke am Weg – schön, dass es welche gibt – haben schon bessere Zeiten gesehen. Und die Beschilderung ist, ganz vorsichtig ausgedrückt, unter aller Sau. Da sollte mal was getan werden.
So, und dann hatte ich keine Idee. Nach rund 3,5 Kilometern, angekommen in Freital, hatte ich keinen Plan (und eben auch keine Karte) für einen spannenden Rückweg. Scheißdrauf, einfach den Brüderweg noch mal in umgekehrter Richtung gegangen. Und nicht bereut. Ein herrlicher Weg, davon wünsche ich mir noch viel mehr.
Das putzige Gebäude
Ich fand schon als Kind dieses komische Gebäude neben der Tharandter Burgruine faszinierend. Na ja, von außen ist sein Anblick alles andere als erfreulich, es bröckelt der Putz gar fleißig. Wie es von innen aussieht, weiß ich nicht. Dafür hier ein Zitat aus der Wikipedia: “Neben der Burgruine erhebt sich das neue Schloss Tharandt. Dieses Stadtschloss wurde 1858-61 vom Bildhauer Ariel Graf von der Recke-Volmerstein anstelle eines Landhauses als Atelier erbaut. 1866 erwarb es der polnische Adlige und Königlich-preußische Kammerherr Graf Michael Jérôme Leszczyc-Sumiński, dessen Familienwappen heute noch über dem Eingang prangt. Er baute es im maurisch-orientalischen Tudorstil um und vererbte es 1898 seinem Stiefsohn Baron von Recum. Einer der zahlreichen Nachbesitzer war der Goldmacher und Betrüger Franz Tausend. 1936 bekam das Schloss nach einem Brand sein heutiges Aussehen. 1937 bis 2000 nutzten es u.a. verschiedene Einrichtungen der Forstlehranstalt Tharandt (heute Technische Universität Dresden, Fachrichtung Forstwissenschaften Tharandt). Seit 2002 ist es Privatbesitz und wird schrittweise saniert, was im Innern schon weitestgehend abgeschlossen ist.” Dem Besitzer sei ein langer Atem gewünscht, ein Jammer, wenn dieses Kleinod zusammenfallen würde.
Gräber und mehr
Also weiter in den Wald. Gut ausgeschildert, über zahlreiche Serpentinen nach oben, zu Cottas Grab. Selbiger Begründer der Tharandter Forstwissenschaften ist doch hier tatsächlich im Wald begraben. Und sein Nachfolger Judeich gleich daneben. Romantisch.
Versteinerter Baum auf Cottas Grab
Außerdem haben wir noch gesehen:
Einen Wettinplatz, der recht deutlich gekennzeichnet war.
Einen Gedenkstein, an welchem ein gewisser Herr Keller an jedem 3. September des Jahres sicher eine Flasche Sekt geleert hat.
Einen Gedenkstein für einen recht schießwütigen sächsischen König.
Eine moderne Salzlecke.
Einen verknoteten Baum.
Zurück ging es dann über einen netten Waldweg namens “Weißwangeweg”. Wirklich schön, viel zu sehen und zu entdecken. Ich denke, ich werde andere Ecken des Tharandter Waldes demnächst auch mal näher in Augenschein nehmen.
Ja, es ist eine schöne Ecke mit einer großen touristischen Vergangenheit. Und wie so oft ist es leider so, dass man in der schönen Natur noch die Spuren davon sieht, die aber leider nicht mehr nutzbar sind. Meistens sind es offensichtlich angelegte Aussichtspunkte, aber ohne die Aussicht. 🙁 Wir waren letztes Jahr dort-Bericht: http://www.sandsteinwandern.de/wandern/?page_id=30&mingleforumaction=viewtopic&t=452
Zum Meyer Viadukt und “FKK” gibt es sicher mehr Informationen beim Freitaler KletterKlub…
Ich bin heute Morgen den Weg gelaufen und kann das gemotze hier nicht nachvollziehen. Der Weg ist mal keinen Wanderautobahn (wie soviele sächsische Wanderwege) und verlangt Trittsicherheit. Ausgesetztheit wird man in Sachsen wohl kaum finden. Von daher: Kopfschütteln.