Zwei Dinge vorweg. Zum einen: eigentlich sollten das spontan ein paar Tage in der Böhmischen Schweiz werden. Unterkünfte gibt es da ja eigentlich zu Hauf, also einfach losgefahren. War wohl nix, auch in Tschechien sind Ferien, und alle Pensionen hoffnungslos ausgebucht. Also wurde es dann nur ein Tagesausflug rund um Khaa. Zum zweiten: Kartenskizzen machen hier keinen Sinn, dieweil ein guter Teil der beschriebenen Wege tatsächlich nur auf Rolf Böhms Karte “Khaatal” drauf ist. Auf der offiziellen Karte des böhmischen Nationalparks finden sie sich zwar auch, da aber immer ohne Beschriftung, was ein Wiederfinden schwer macht. Also Böhmkarte zur Hand genommen und mitgewandert.
Start ist also in Khaa (Kijov), es geht die Straße Richtung Daubitz hoch bis zu einem alten Schulgebäude. Dort finden wir schon einen Wegweiser (gelber Querstrich), dem wir jetzt knapp zwei Kilomter folgen – auf dem Felsenpfad von Khaa. Ein herrlicher Weg, der allein schon einen Besuch wert ist. Immer wieder hoch und runter, viele Treppenstufen (rund 1000), ein paar Minihöhlen, eine Leiter, viele Wurzeln und jede Menge bizarrer Felsen. Es macht einen Heidenspaß, hier zu laufen.
Kleine Abschweifung: oh herrliche böhmische Gelassenheit
Da waren an einer der vielen Treppen zwei Stufen bröselig geworden und fehlten nun, man musste also einen großen Schritt tun. Was macht der Tscheche? Er bringt an dieser Stelle einen rot-weißen Lappen zur Warnung an, das sollte es dann gewesen sein.
Und da fehlte an der Brüderstein-Aussicht gar ein Stück Geländer. Was macht da der Tscheche? Gar nix. Und dennoch lagen keine Dutzende Leichen am Fuße der Aussicht.
Ich wage mir nicht vorzustellen, was in einem solchen Fall in Deutschland los wäre. Sperrung, Gutachten, Ausschreibung, Neubau massiv in Edelstahl – und das alles zügig innerhalb von zwei bis drei Jahren. Aber in einem Land, in dem man schon Zeter und Mordio schreit, wenn mal die Stäbe eines Brückengeländers zu weit auseinander zu sein scheinen, muss man sich ja auch nicht wirklich wundern.
Aber zurück zum Wandern
Der Felspfad endet auf dem Hauptwanderweg im Khaatal, wenige Meter nach Rechts kann man eine (meist überflutete) Höhle namens “Weinkeller” in Augenschein nehmen. Und eine Gedenktafel für die Gebrüder Bienert, Heimatforscher, die im Jahre 1990 einem Raubmord zum Opfer fielen. Der Mörder war übrigens ein Zig…sorry, ein Angehöriger einer nicht sesshaften ethnischen Minderheit. Was ich hier ganz wertfrei sage.
Folgt man der Kirnitzsch – ja, die fließt hier auch – weiter stromabwärts durch das Khaatal, kommt man bald an einen deutlich sichtbaren Abzweig nach rechts unten. Hier geht es zur Feengrotte, erst ins Tal ganz runter, und dann nach einer Brücke rechts knackig wieder hoch. Im Winter herrlich, da illuminieren hunderte Teelichter die Grotte. Jetzt im Sommer nicht so prickelnd, ein Felsloch eben.
Also zurück zur Brücke und jetzt auf namenlosen und unmarkiertem Pfad geradeaus. Der erste ernst zu nehmende Abzweig nach rechts führt in den Klötzer-Grund. Ein wunderbarer, wenn auch ein wenig steiler Aufstieg durch einen schmalen Pfad. Es liegen immer mal wieder Bäume im Weg, die man aber ohne Probleme übersteigen kann.
Oben angekommen, sehen wir zur Linken einen markante Buche und zur Rechten einen Hochstand. Wir gehen weiter geradeaus, bis wir einen große Futterkrippe erspähen. An der scharf links weg auf einen weiteren namenlosen Weg. An dieser Stelle ist die Karte Gold wert, denn Wegweiser oder –markierungen gibt es keine. Schließlich kommen wir aber auf einen breiteren Wanderweg und auch sogleich an eine Kreuzung mit Wegweiser. Welcher uns Ziele geradeaus und nach rechts anzeigt. Was uns aber beides nicht interessiert, wir halten uns links. Der Weg ist anfangs auch recht breit, wird aber bald zu einem Pfad, welcher an den Resten der Wolfsburg endet. Na ja, mehr als ein in den Fels geschlegeltes Fundament, ein paar Balkenlager und ein Gesicht im Fels sind nicht mehr übrig. Aber immerhin.
Durch die letzte Felsspalte vor den Burgresten könnte man jetzt elend steil absteigen. Ich hab das schon mal gemacht und kann es im Nachhinein nur bei wirklich trockenem Boden empfehlen. Viel entspannter und schöner wird es, wenn wir auf gleichem Pfad ein gutes Stück zurück gehen, um dann nach links abzubiegen – in den Kunzengrund. Wieder so ein Pfad, der allein schon einen Besuch wert ist. Mal ein wenig steiler, aber meist recht entspannt schlängelt er sich durch eine herrliche Felskulisse ins Tal.
Unten geht es über eine kleine Brücke und dann nach rechts ins Tal des kleinen Wolfsbachs. Jenen Weg benennt Rolf Böhm auf dem Beipackzettel zu seiner Karte als den schönsten des Gebietes. Nun ja, ein schöner Weg, satt grün und mit plätscherndem Bach, ist das zweifelsohne. Aber der schönste? Gott sei Dank sind die Geschmäcker eben auch bei Wegen verschieden.
Der Talweg verlässt irgendwann dasselbe und steigt wieder kräftig an. Um auf einem breiten Wanderweg zu landen, der mit einem grünen Querstrich markiert ist, und dem wir jetzt nach rechts folgen. Er führt uns zur Engelsquelle. Die ist mit einem Hüttchen überdacht, in dem auch ein paar Tassen zum Schöpfen des Quellwasser stehen. Oh Schande, ich Rabenvater: hab ich doch meinen Sohn aus einer Tasse zweifelhafter Herkunft Wasser von noch zweifelhafterer solcher trinken lassen. Und hab auch selbst getrunken. Und, oh Wunder: beide sind wohlauf.
Kurz nach der Engelsquelle stehen wir wieder an jener Kreuzung, an der wir einst zur Wolfsburg abgebogen sind. Nur das wir jetzt nach links dem grünen Schrägstrich folgen. Der Weg ist anfangs breit, wird aber später immer mehr zu einem Pfad, an dem sich einzelne Tafeln des Kögler-Lehrpfades befinden. Ein entspanntes halbes Stündchen später stehen wir wieder in Khaa, wo denn die Runde zu Ende geht.
Fazit: eine richtig schnuckelige Runde, ganz viel fast unberührte Natur, herrliche Wege. Und obwohl alle Unterkünfte belegt waren, haben wir mit Ausnahme der paar Meter auf dem Hauptwanderweg im Khaatal nicht einen einzigen anderen Wandermann getroffen. Also auch herrlich ruhig.
Und für die Statistik: es waren gerade mal knapp 11 Kilometer. Aber durch das ständige Hoch und Runter kamen stolze 1900 Höhenmeter zusammen, so dass man am Ende der Tour durchaus merkt, was man geleistet hat.
Na klar ist das Tal des Kleinen Wolfsbaches das schönste Tal weit und breit. Vor allem: Kennt keiner.
Hallo,
immer wieder tolle Touren, die du da machst. Ich folge dir schon eine Weile bei Komoot. Gibt es zu den beiden Khaataltouren auch gps Tracks? Das würde mir eine Planung mit diesen tollen Highlights leichter machen 🙂
Nein, dort habe ich nichts aufgezeichnet. Aber vielleicht demnächst, das Tal ist ja immer wieder einen Besuch wert.