Auf dieser geruhsamen Tour durch Böhmen gibt es: eine romantisch-bizarre Schlucht, einen verblüffenden Panoramablick, merkwürdige Steine am Wegesrand, einen wunderbaren Blick ins Elbtal und einen historischen Weg. Grund genug, mir zu folgen:
Panorama bei Arnsdorf
Wir starten in Herrnskretzschen (Hřensko ). An der Straße Richtung Tetschen (Decin) gibt es kurz vor dem letzten Haus (einer Gaststätte) ein paar Parkplätze in der Gegenrichtung. Die sind meist frei, und sicher steht die Karre da auch, weil hier für Diebsgesindel zu viel Verkehr herrscht.
Am Gasthaus vorbei gehen wir noch wenige Meter aus dem Ort heraus – wirklich nur wenige Meter – dann zweigt nach links ein Weg ab, der mit einem roten Strich markiert ist. Wir sind jetzt am Beginn der Dürrkamnitzschlucht (Suchá Kamenice) “Dürr”, weil der Bach im Sommer oft völlig austrocknet. Jetzt im Frühling aber führt er gut Wasser, da wird die Tour gleich doppelt schön.
Gleich am Beginn des Weges sehen wir zur Rechten die Fundamentreste der “Ziegenmühle”, die hier einst als florierendes Wirtshaus stand. Leider Vergangenheit.
Und das tief eingeschnittene Bachbett mit hunderten bemooster Felsmurmeln zeigt uns, dass das harmlose Flüsschen bei Hochwasser auch ganz anders kann.
Es geht immer stur geradeaus. Der Weg steigt langsam, aber stetig an. Und er ist nicht turnschuhtauglich. Immer wieder geht es über Geröll und Wurzeln. Oder aber über uraltes Sandsteinpflaster, welches bei feuchtem Wetter gern auch mal schön schmierig werden kann.
Wer gut aufpasst, findet am Wegesrand noch zwei Inschriften, die auf das Flößen von Holz hinweisen, eine steinerne Bank zum Thronjubiläum des österreichischen Kaisers Franz-Joseph und einen alten Bunker der Schöberlinie.
Schließlich kommen wir zu diesem Wegweiser.
Der Rote Strich biegt hier nach rechts ab, Richtung Elbleiten (Labská Stráň). Wir aber folgen jetzt dem Blauen Strich in Richtung Arnsdorf (Arnoltice) bis zum Talschluss. Dort finden wir eine hervorragend ausgebaute Boofe mit Sitzgelegenheiten und eine sehr glatte Felswand, durch die braune Eisenschichten schimmern. Diese Wand sollten wir näher betrachten. Denn wir finden hier die fast verblasste Inschrift “Kümmerwand” und die Fundamente der “Kümmerbaude”, die einst hier auf Wanderer wartete. Und wer links von diesen Fundamenten die Wand hoch oben genau absucht, der findet auch noch Schriftzug “Kümmerbaude”. Der markierte Weg führt jetzt über den Bach und an genau jener Wand entlang nach oben.
Schließlich kommen wir auf der Höhe an und an einem lustigen Wegweiser vorbei…
…in das Dörfchen Arnsdorf (Arnoltice). Wir sehen hier: eine zum Wohnhaus umfunktionierte flügellose Windmühle…
…ein Kriegerdenkmal…
…und eine hübsche Bank.
Vor allem aber eine große Kirche, die das Ortsbild beherrscht. Auf deren Friedhof gibt es gut gepflegte Gräber mit tschechischen Namen, und romantisch-verlotterte mit deutschen solchen. Vor allem aber sollte man ein Auge auf die Friedhofsmauer werfen. Die zieren nämlich zahlreiche Reliefs mit Bildern des Kreuzweges.
Wir folgen jetzt der Hauptstraße durch den Ort bis zur ersten ernst zu nehmenden Kreuzung. Von dort den Hinweisschildern zur Pension “U Lipy” folgen. Hinter dieser Pension ist das Dorf auch schon wieder zu Ende. Wir biegen scharf rechts ab. Ein paar Meter ist die Trasse noch asphaltiert, um dann in einen Feldweg überzugehen. Der bringt uns in weitem Bogen bis an den Waldrand. Und hier hat man dann einen verblüffenden Panoramablick über die Sächsisch-Böhmische Schweiz. Ganz rechts der Rosenberg, ganz links der Große Winterberg mit den Silberwänden. Und wer ganz genau späht (Fernglas mitbringen), der kann sogar das rote Dach des Wirtshauses am Prebischtor erkennen.
Wir folgen dem Waldrand noch ein Stück, immer das Panorama genießend, und biegen dann bei dritter Gelegenheit im scharfen Winkel links ab. Ein Stück durch den Wald, und wir kreuzen die sogenannte Allee. Das ist ein schnurgerader Weg, der einst ein Schloss mit der Aussicht am Belveder verband. Das Schloss gibt es schon ewig nicht mehr – es ist 1790 abgebrannt – aber die Allee ist noch da. Ab jetzt auch wieder mit Wegemarkierung: roter Strich.
Es geht wirklich schnurgerade durch den Wald. Und in regelmäßigen Abständen stehen merkwürdige Steine am Wegesrand. Wozu die dienten, darüber streiten die Heimatforscher bis heute.
Schließlich erreichen wir das Dorf Elbleiten (Labská Stráň). Noch ein paar Meter übers Feld geradeaus, und schon stehen wir am Belveder. Aussicht mit Wirtshaus. Ursprünglich wurde die Aussichtsplattform samt der künstlichen Grotte – die wohl als Bühne diente – zur Verlustierung der Fürsten von Clary-Aldringen gebaut. Die verloren aber spätestens dann das Interesse, als ihr benachbartes Schloss abbrannte. Und so darf sich hier jetzt jeder verlustieren und den tollen Blick ins Elbtal genießen.
Ein Hinweis für die Einkehr: an Wochenenden mit durchwachsenem Wetter sollte man das Belveder nicht für die Einkehr einplanen. Denn hier kann man mit dem Auto bis ran fahren, und so ist der kleine Gastraum um die Mittagszeit rappelvoll mit deutschen Rentnern auf Ausflugstour. Bei schönem Wetter ist dann aber auch der große Biergarten geöffnet, da gibt es immer einen Platz.
Wer jetzt abkürzen will, der sollte mal die linke Seite der Aussichtsplattform in Augenschein nehmen. Dort beginnen uralte und recht steile Stufen, die direkt bis auf Höhe der Elbe hinab führen. Was rund zwei Kilometer Ersparnis bedeuten würde. Aber Obacht: diese Stufen werden seit mindestens hundert Jahren nicht mehr gewartet und sind so in einem alles andere als DIN-tauglichen Zustand.
Ich persönlich finde ohnehin einen anderen Abstieg spannender. Dazu gehen wir zurück bis zum Parkplatz des Belveder. Nach rechts zeigt hier ein Wegweiser (grüner Strich) Richtung Herrnskretzschen (Hřensko ).
Wir kommen auf einen verblüffenden Weg, der uns rasch zu Tal bring. Mächtig ausgebaut mit alten Sandsteinplatten und einem gewaltigen Geländer geht es in Serpentinen abwärts. Meine Vermutung: hier brachten einst Fuhrwerke Waren von der Elbe hoch nach Elbleiten.
In einigen Publikationen wird dieser Weg auch Mühlsteig genannt. Wieder nur eine Vermutung: an der Elbe könnte eine Schiffsmühle gestanden haben, und der Weg diente der Zu- und Abfuhr von Getreide und Mehl. Wie auch immer, landschaftlich ist das hier wunderbar. Auch mal umdrehen und Baumleichen wie dieses Prachtexemplar entdecken:
Schließlich landen wir rund 20 Meter oberhalb des Elbpegels. Uns gegenüber, auf der anderen Elbseite, die Ortschaft Niedergrund (Dolní Žleb).
Unser Weg macht jetzt einen scharfen Knick nach rechts und führt, ohne jeden Höhenunterschied, immer oberhalb von Elbe und Straße entlang. Das Verblüffende dabei: die Straße unterhalb stört nicht, es dringen irgendwie kaum Geräusche bis auf den Weg. Meist mehr Pfad als Weg, führt er uns bis zu unserem Ausgangspunkt in Herrnskretzschen zurück.
Fazit: knapp 14 Kilometer, sehr entspannt. Viele schöne Wege, eine prima Aussicht, ein bisschen Historie. Und, außer am Belveder, praktisch keine Mitwanderer. Also auch an Großkampftagen zu empfehlen.
PS: diesmal leider kein GPS-Track, dieweil mir das gute Stück auf halber Strecke abgeschmiert ist. Man findet den Weg aber sicher auch ohne ganz gut.
Bei der “Kümmerwand” fehlt ein “r”, damit sie, wie auf dem Foto zu lesen ist, zur “Krümmerwand” wird. Danke!